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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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vor dem Fisch-Thor zu Jerusalem.
allen andern Heil. Orden/ und andern geistlichen Stän-
den/ vorderst der Heil. Römischen Päbst/ deren etliche
und sibenzig allein in der Zahl der Heiligen gezehlt wor-
den. Item/ so vieler Ca[r]dinälen/ Patriarchen/ Ertz-
Bischöffen/ Bischöffen/ Prälaten/ Thom-Herren/
Pfarrer und andern Priestern/ etc. daß ich fast in Gedan-
cken gestanden/ der Himmel seye nur für die Geistliche
gebauet: Wie ich aber mich recht umgesehen/ da war
kein Stand in der gantzen Welt/ der nit alldort die ewig-
währende Cron besitzen thäte/ worüber ich Ursach ge-
habt/ meine Hände zusammen zu schlagen/ und dem Al-
lerhöchsten zu dancken um diese Grund-lose Barmher-
tzigkeit.

Ich hab mir eingebildt/ daß ich alldorten werde keine/
oder gar wenig gekrönte Häupter und andere Fürsten
antreffen/ dann ich mich zu entsinnen weiß/ daß ich gele-
sen hab/ wie einmal ein Heil. Mann von einem grossen
Fürsten ist befragt worden/ ob auch die Fürsten im Him-
mel kommen? worauf er mit Ja gean[t]wortet/ ja/ wann
sie in der Wiegen sterben: Aus deine unschwer zu schliesen
war/ daß dieser Stand sehr hart zur Seeligkeit gelange.
So hat auch Carolus der VIII. König in Franckreich ein
Tag vor seinem Tod seinen obersten Cämmerer befragt/
warum doch so wenig Könige unter die Zahl der Heiligen
gesetzt werden? weil er aber solches nit wuste zu beant-
worten/ hat hinwider der König gesagt/ es seye keine an-
dere Ursach/ als dieweilen ein König keine Leute um sich
hat/ welche die Warheit reden; als seye gleichsam ein
Hoch-Fürstlicher Hof nichts anders als ein Nest der
Schmeichler. So ist mir auch eingefallen/ daß unser
lieber HErr darvon geflohen/ wie sie Ihm zu einem König
wolten erwählen. Deßgleichen hat Er am hohen Creutz-
Stamm noch vor seinem Tod das Haupt herab geneigt/
um weilen der Tittel eines Königs ober Seiner geschrie-

ben

vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem.
allen andern Heil. Orden/ und andern geiſtlichen Staͤn-
den/ vorderſt der Heil. Roͤmiſchen Paͤbſt/ deren etliche
und ſibenzig allein in der Zahl der Heiligen gezehlt wor-
den. Item/ ſo vieler Ca[r]dinaͤlen/ Patriarchen/ Ertz-
Biſchoͤffen/ Biſchoͤffen/ Praͤlaten/ Thom-Herren/
Pfarrer und andern Prieſtern/ ꝛc. daß ich faſt in Gedan-
cken geſtanden/ der Himmel ſeye nur fuͤr die Geiſtliche
gebauet: Wie ich aber mich recht umgeſehen/ da war
kein Stand in der gantzen Welt/ der nit alldort die ewig-
waͤhrende Cron beſitzen thaͤte/ woruͤber ich Urſach ge-
habt/ meine Haͤnde zuſammen zu ſchlagen/ und dem Al-
lerhoͤchſten zu dancken um dieſe Grund-loſe Barmher-
tzigkeit.

Ich hab mir eingebildt/ daß ich alldorten werde keine/
oder gar wenig gekroͤnte Haͤupter und andere Fuͤrſten
antreffen/ dann ich mich zu entſinnen weiß/ daß ich gele-
ſen hab/ wie einmal ein Heil. Mann von einem groſſen
Fuͤrſten iſt befragt worden/ ob auch die Fuͤrſten im Him-
mel kommen? worauf er mit Ja gean[t]wortet/ ja/ wann
ſie in der Wiegen ſterben: Aus deine unſchwer zu ſchlieſen
war/ daß dieſer Stand ſehr hart zur Seeligkeit gelange.
So hat auch Carolus der VIII. Koͤnig in Franckreich ein
Tag vor ſeinem Tod ſeinen oberſten Caͤmmerer befragt/
warum doch ſo wenig Koͤnige unter die Zahl der Heiligen
geſetzt werden? weil er aber ſolches nit wuſte zu beant-
worten/ hat hinwider der Koͤnig geſagt/ es ſeye keine an-
dere Urſach/ als dieweilen ein Koͤnig keine Leute um ſich
hat/ welche die Warheit reden; als ſeye gleichſam ein
Hoch-Fuͤrſtlicher Hof nichts anders als ein Neſt der
Schmeichler. So iſt mir auch eingefallen/ daß unſer
lieber HErr darvon geflohen/ wie ſie Ihm zu einem Koͤnig
wolten erwaͤhlen. Deßgleichen hat Er am hohen Creutz-
Stamm noch vor ſeinem Tod das Haupt herab geneigt/
um weilen der Tittel eines Koͤnigs ober Seiner geſchrie-

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[503/0535] vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem. allen andern Heil. Orden/ und andern geiſtlichen Staͤn- den/ vorderſt der Heil. Roͤmiſchen Paͤbſt/ deren etliche und ſibenzig allein in der Zahl der Heiligen gezehlt wor- den. Item/ ſo vieler Cardinaͤlen/ Patriarchen/ Ertz- Biſchoͤffen/ Biſchoͤffen/ Praͤlaten/ Thom-Herren/ Pfarrer und andern Prieſtern/ ꝛc. daß ich faſt in Gedan- cken geſtanden/ der Himmel ſeye nur fuͤr die Geiſtliche gebauet: Wie ich aber mich recht umgeſehen/ da war kein Stand in der gantzen Welt/ der nit alldort die ewig- waͤhrende Cron beſitzen thaͤte/ woruͤber ich Urſach ge- habt/ meine Haͤnde zuſammen zu ſchlagen/ und dem Al- lerhoͤchſten zu dancken um dieſe Grund-loſe Barmher- tzigkeit. Ich hab mir eingebildt/ daß ich alldorten werde keine/ oder gar wenig gekroͤnte Haͤupter und andere Fuͤrſten antreffen/ dann ich mich zu entſinnen weiß/ daß ich gele- ſen hab/ wie einmal ein Heil. Mann von einem groſſen Fuͤrſten iſt befragt worden/ ob auch die Fuͤrſten im Him- mel kommen? worauf er mit Ja geantwortet/ ja/ wann ſie in der Wiegen ſterben: Aus deine unſchwer zu ſchlieſen war/ daß dieſer Stand ſehr hart zur Seeligkeit gelange. So hat auch Carolus der VIII. Koͤnig in Franckreich ein Tag vor ſeinem Tod ſeinen oberſten Caͤmmerer befragt/ warum doch ſo wenig Koͤnige unter die Zahl der Heiligen geſetzt werden? weil er aber ſolches nit wuſte zu beant- worten/ hat hinwider der Koͤnig geſagt/ es ſeye keine an- dere Urſach/ als dieweilen ein Koͤnig keine Leute um ſich hat/ welche die Warheit reden; als ſeye gleichſam ein Hoch-Fuͤrſtlicher Hof nichts anders als ein Neſt der Schmeichler. So iſt mir auch eingefallen/ daß unſer lieber HErr darvon geflohen/ wie ſie Ihm zu einem Koͤnig wolten erwaͤhlen. Deßgleichen hat Er am hohen Creutz- Stamm noch vor ſeinem Tod das Haupt herab geneigt/ um weilen der Tittel eines Koͤnigs ober Seiner geſchrie- ben

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/535>, abgerufen am 29.11.2024.