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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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vor dem Fisch-Thor zu Jerusalem.
kaufft/ und viel Geld gelöst. Es ist wohl zu mercken/ daß
mehrer Leute daselbst durchgereist/ wie dann des Priesters
und Leviten das Evangelium selbst Meldung thut: Wie
daß sonst keiner von diesen Strassen-Räubern ist ange-
griffen worden? Meine Meynung ist diese/ die saubere
Strassen-Officirer haben ihnen eingebildet/ der Kauff-
mann habe viel Geld auf dem Marckt gelöst/ und habe
manchen überfortelt/ Mauß-Pfeffer für gutes Gewürtz
verkaufft/ und also schadt es gar nit/ wann sie ihme den
Beutel in etwas laxiren. Seye dem wie ihm woll/ Han-
del und Wandel der Kauff-Leute hat ein weit mehrers Ge-
wissen-Gefahr/ als eine andere Profession, und wann
die 5. thörichte Jungfrauen aus Einrahtung ihrer weisen
Gespannschafft hätten ein Oel einkaufft/ Emite vobis &c.
so hätte ihnen vielleicht der Kauffmann ein altes schmecke-
tes Oel für ein frisches geben/ weil die Menschen ohne das
nit bey gutem Verstand waren. Hugo Cardinalis ist der
Aussag/ daß diejenige Publicaner und offne Sünder/ wel-
che öffters zu Christum den HErrn getretten/ seyen meistens
Kauff-Leute gewesen/ erant Camptores, Mercatores,
& negotiatores, qui lucra soeculi per negotia secta-
bantur.
In Erwägung dessen hab ich ja billich können
umsehen/ ob ich einige aus diesem Stand werde im Him-
mel antreffen/ aber GOtt seye höchster Danck/ ich habe
mit sondern Trost eine großmächtige Anzahl deroselben zu
sehen bekommen/ da hat es mich aber sonderlich gefreuet/
daß kein Stand in der Welt/ deme GOTT nit auch ge-
nugsame Mittel gibt/ die Seeligkeit zu erwerben/ es ist
gar nit vonnöhten/ daß wir alle in die Kutten schliefen;
daß wir alle zwischen vier Mauern uns einschliessen/ und
Tag und Nacht das Leben mit Singen und Psalliren zu-

brin-

vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem.
kaufft/ und viel Geld geloͤſt. Es iſt wohl zu mercken/ daß
mehrer Leute daſelbſt durchgereiſt/ wie dann des Prieſters
und Leviten das Evangelium ſelbſt Meldung thut: Wie
daß ſonſt keiner von dieſen Straſſen-Raͤubern iſt ange-
griffen worden? Meine Meynung iſt dieſe/ die ſaubere
Straſſen-Officirer haben ihnen eingebildet/ der Kauff-
mann habe viel Geld auf dem Marckt geloͤſt/ und habe
manchen uͤberfortelt/ Mauß-Pfeffer fuͤr gutes Gewuͤrtz
verkaufft/ und alſo ſchadt es gar nit/ wann ſie ihme den
Beutel in etwas laxiren. Seye dem wie ihm woll/ Han-
del und Wandel der Kauff-Leute hat ein weit mehrers Ge-
wiſſen-Gefahr/ als eine andere Profeſſion, und wann
die 5. thoͤrichte Jungfrauen aus Einrahtung ihrer weiſen
Geſpan̄ſchafft haͤtten ein Oel einkaufft/ Emite vobis &c.
ſo haͤtte ihnen vielleicht der Kauffmann ein altes ſchmecke-
tes Oel fuͤr ein friſches geben/ weil die Menſchen ohne das
nit bey gutem Verſtand waren. Hugo Cardinalis iſt der
Auſſag/ daß diejenige Publicaner und offne Suͤnder/ wel-
che oͤffters zu Chriſtum den HErrn getrettē/ ſeyen meiſtens
Kauff-Leute geweſen/ erant Camptores, Mercatores,
& negotiatores, qui lucra ſœculi per negotia ſecta-
bantur.
In Erwaͤgung deſſen hab ich ja billich koͤnnen
umſehen/ ob ich einige aus dieſem Stand werde im Him-
mel antreffen/ aber GOtt ſeye hoͤchſter Danck/ ich habe
mit ſondern Troſt eine großmaͤchtige Anzahl deroſelben zu
ſehen bekommen/ da hat es mich aber ſonderlich gefreuet/
daß kein Stand in der Welt/ deme GOTT nit auch ge-
nugſame Mittel gibt/ die Seeligkeit zu erwerben/ es iſt
gar nit vonnoͤhten/ daß wir alle in die Kutten ſchliefen;
daß wir alle zwiſchen vier Mauern uns einſchlieſſen/ und
Tag und Nacht das Leben mit Singen und Pſalliren zu-

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[511/0543] vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem. kaufft/ und viel Geld geloͤſt. Es iſt wohl zu mercken/ daß mehrer Leute daſelbſt durchgereiſt/ wie dann des Prieſters und Leviten das Evangelium ſelbſt Meldung thut: Wie daß ſonſt keiner von dieſen Straſſen-Raͤubern iſt ange- griffen worden? Meine Meynung iſt dieſe/ die ſaubere Straſſen-Officirer haben ihnen eingebildet/ der Kauff- mann habe viel Geld auf dem Marckt geloͤſt/ und habe manchen uͤberfortelt/ Mauß-Pfeffer fuͤr gutes Gewuͤrtz verkaufft/ und alſo ſchadt es gar nit/ wann ſie ihme den Beutel in etwas laxiren. Seye dem wie ihm woll/ Han- del und Wandel der Kauff-Leute hat ein weit mehrers Ge- wiſſen-Gefahr/ als eine andere Profeſſion, und wann die 5. thoͤrichte Jungfrauen aus Einrahtung ihrer weiſen Geſpan̄ſchafft haͤtten ein Oel einkaufft/ Emite vobis &c. ſo haͤtte ihnen vielleicht der Kauffmann ein altes ſchmecke- tes Oel fuͤr ein friſches geben/ weil die Menſchen ohne das nit bey gutem Verſtand waren. Hugo Cardinalis iſt der Auſſag/ daß diejenige Publicaner und offne Suͤnder/ wel- che oͤffters zu Chriſtum den HErrn getrettē/ ſeyen meiſtens Kauff-Leute geweſen/ erant Camptores, Mercatores, & negotiatores, qui lucra ſœculi per negotia ſecta- bantur. In Erwaͤgung deſſen hab ich ja billich koͤnnen umſehen/ ob ich einige aus dieſem Stand werde im Him- mel antreffen/ aber GOtt ſeye hoͤchſter Danck/ ich habe mit ſondern Troſt eine großmaͤchtige Anzahl deroſelben zu ſehen bekommen/ da hat es mich aber ſonderlich gefreuet/ daß kein Stand in der Welt/ deme GOTT nit auch ge- nugſame Mittel gibt/ die Seeligkeit zu erwerben/ es iſt gar nit vonnoͤhten/ daß wir alle in die Kutten ſchliefen; daß wir alle zwiſchen vier Mauern uns einſchlieſſen/ und Tag und Nacht das Leben mit Singen und Pſalliren zu- brin-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/543>, abgerufen am 28.11.2024.