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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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vor dem Fisch-Thor zu Jerusalem.
schehen/ seynd gute Leute (scilicet) wann ihre Herrschaff-
ten in der Kirchen seyn/ so pfeiffen sie vor der Kirchen/
auf den Pferden/ nit viel anderst/ als jene Vögel im
Winter/ denen die Natur dicke Schnabel/ einen rothen
Brustfleck/ und ein schwartzes Häubel hat aufgesetzt.
Weil aber der gütigste GOtt keinen Stand ausschleust
von seinen Göttlichen Gnaden/ zumahlen der Heyland
JEsus der Samaritanin gesagt/ bey dem Brunn/ Er seye
auch ein Brunn/ und habe Wasser des ewigen Lebens.
Weil nun ein Brunn vor jederman/ auch so gar vor das
Vieh/ also waigert auch der mildeste GOtt keinem seine
Gnaden; Dahero ich auch daroben im Himmel Gutscher
und Fuhrleute angetroffen dergleichen der H. Richardus,
Vulmarus,
und viel andere mehr.

Endlich und endlich wolle ich auch in Erfahrenheit
bringen/ ob ebenfalls Bauren im Himmel anzutreffen/
dann was mir derenthalben einen Zweiffel gemacht/
war diß/ daß der erste Bauer in die Höll gefahren/ dieser
war der Cain. Cain autem erat Agricola, ob mir zwar ein
Dorff-Advocat trutzig einschnalzet daß es dem Bauren
nit zu geringen Lob gereiche/ um weilen CHristus der
HErr selbsten sich einem Ackersmann verglichen/ der ei-
nen guten Saamen ausgesäet: Dem begegne ich gleich in
selbigem Evangelio: daß auch der Teufel eine solche Steil
verricht/ wie mans klar im Evangelio/ so gar im Bild
oder Kupfferstich wird wahrnehmen/ nun lasse ich es ei-
nem jeden reiffen Verstand über/ weme der Bauer meh-
rer gleich/ unserem HErrn/ oder dem andern Gesellen?
Wer schildt mehrer als die Bauern? wer wünscht übler
als die Bauern? wer ist arglistiger als die Bauern? wei-
len ich aber weiß/ daß mein HErr und Heyland nit ge-
storben/ noch gecreutziget worden in der Stadt Jerusa-
lem: dann wann das wäre geschehen/ hätten sich etwan
etliche freche und muthwillige Köpffe eingefunden/ die

sich
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vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem.
ſchehen/ ſeynd gute Leute (ſcilicet) wann ihre Herrſchaff-
ten in der Kirchen ſeyn/ ſo pfeiffen ſie vor der Kirchen/
auf den Pferden/ nit viel anderſt/ als jene Voͤgel im
Winter/ denen die Natur dicke Schnabel/ einen rothen
Bruſtfleck/ und ein ſchwartzes Haͤubel hat aufgeſetzt.
Weil aber der guͤtigſte GOtt keinen Stand ausſchleuſt
von ſeinen Goͤttlichen Gnaden/ zumahlen der Heyland
JEſus der Samaritanin geſagt/ bey dem Brunn/ Er ſeye
auch ein Brunn/ und habe Waſſer des ewigen Lebens.
Weil nun ein Brunn vor jederman/ auch ſo gar vor das
Vieh/ alſo waigert auch der mildeſte GOtt keinem ſeine
Gnaden; Dahero ich auch daroben im Himmel Gutſcher
und Fuhrleute angetroffen dergleichen der H. Richardus,
Vulmarus,
und viel andere mehr.

Endlich und endlich wolle ich auch in Erfahrenheit
bringen/ ob ebenfalls Bauren im Himmel anzutreffen/
dann was mir derenthalben einen Zweiffel gemacht/
war diß/ daß der erſte Bauer in die Hoͤll gefahren/ dieſer
war der Cain. Cain autem erat Agricola, ob mir zwar ein
Dorff-Advocat trutzig einſchnalzet daß es dem Bauren
nit zu geringen Lob gereiche/ um weilen CHriſtus der
HErr ſelbſten ſich einem Ackersmann verglichen/ der ei-
nen guten Saamen ausgeſaͤet: Dem begegne ich gleich in
ſelbigem Evangelio: daß auch der Teufel eine ſolche Steil
verricht/ wie mans klar im Evangelio/ ſo gar im Bild
oder Kupfferſtich wird wahrnehmen/ nun laſſe ich es ei-
nem jeden reiffen Verſtand uͤber/ weme der Bauer meh-
rer gleich/ unſerem HErrn/ oder dem andern Geſellen?
Wer ſchildt mehrer als die Bauern? wer wuͤnſcht uͤbler
als die Bauern? wer iſt argliſtiger als die Bauern? wei-
len ich aber weiß/ daß mein HErr und Heyland nit ge-
ſtorben/ noch gecreutziget worden in der Stadt Jeruſa-
lem: dann wann das waͤre geſchehen/ haͤtten ſich etwan
etliche freche und muthwillige Koͤpffe eingefunden/ die

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[515/0547] vor dem Fiſch-Thor zu Jeruſalem. ſchehen/ ſeynd gute Leute (ſcilicet) wann ihre Herrſchaff- ten in der Kirchen ſeyn/ ſo pfeiffen ſie vor der Kirchen/ auf den Pferden/ nit viel anderſt/ als jene Voͤgel im Winter/ denen die Natur dicke Schnabel/ einen rothen Bruſtfleck/ und ein ſchwartzes Haͤubel hat aufgeſetzt. Weil aber der guͤtigſte GOtt keinen Stand ausſchleuſt von ſeinen Goͤttlichen Gnaden/ zumahlen der Heyland JEſus der Samaritanin geſagt/ bey dem Brunn/ Er ſeye auch ein Brunn/ und habe Waſſer des ewigen Lebens. Weil nun ein Brunn vor jederman/ auch ſo gar vor das Vieh/ alſo waigert auch der mildeſte GOtt keinem ſeine Gnaden; Dahero ich auch daroben im Himmel Gutſcher und Fuhrleute angetroffen dergleichen der H. Richardus, Vulmarus, und viel andere mehr. Endlich und endlich wolle ich auch in Erfahrenheit bringen/ ob ebenfalls Bauren im Himmel anzutreffen/ dann was mir derenthalben einen Zweiffel gemacht/ war diß/ daß der erſte Bauer in die Hoͤll gefahren/ dieſer war der Cain. Cain autem erat Agricola, ob mir zwar ein Dorff-Advocat trutzig einſchnalzet daß es dem Bauren nit zu geringen Lob gereiche/ um weilen CHriſtus der HErr ſelbſten ſich einem Ackersmann verglichen/ der ei- nen guten Saamen ausgeſaͤet: Dem begegne ich gleich in ſelbigem Evangelio: daß auch der Teufel eine ſolche Steil verricht/ wie mans klar im Evangelio/ ſo gar im Bild oder Kupfferſtich wird wahrnehmen/ nun laſſe ich es ei- nem jeden reiffen Verſtand uͤber/ weme der Bauer meh- rer gleich/ unſerem HErrn/ oder dem andern Geſellen? Wer ſchildt mehrer als die Bauern? wer wuͤnſcht uͤbler als die Bauern? wer iſt argliſtiger als die Bauern? wei- len ich aber weiß/ daß mein HErr und Heyland nit ge- ſtorben/ noch gecreutziget worden in der Stadt Jeruſa- lem: dann wann das waͤre geſchehen/ haͤtten ſich etwan etliche freche und muthwillige Koͤpffe eingefunden/ die ſich T t t 2

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/547>, abgerufen am 27.11.2024.