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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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und hört nit gern die Predigen.
den guten Leuten/ aber leider/ gibt es bißweilen Pfleger
und Verwalter/ welche die arme Bauren nit nur halb
barbieren/ wie diesen Leuten begegnet/ sondern gantz
und gar scheren und schinden/ wie werden solche eins-
mals dem Göttlichen Richter können Rechenschafft ge-
ben? Von denen schon längst der Prophet David aus-
gesprochen/ qui devorant plebem meam, sicut escam pa-Ps. 13.
nis, es seynd diese solche unmenschliche Leut/ die den ar-
men Unterthanen verschlucken und verzehren/ wie ein
hungeriger Bettler ein Stückl Brod. Adam war der
erste Verwalter im Paradeiß/ sein Kleid/ und der Frau
Eva als Verwalterin Kleid war ein Schaf-Fell/ aber
der Zeit ist eines manchen Pflegers Kleid gar ein Bau-
renhaut/ die er dem armen Tropfen abgeschunden.

Von dem König Nabuchodonosor ist bekandt/ laut
Heil. Schrifft/ daß er in ein wildes Thier seye verkehret
worden/ und also wie ein Ochs habe müssen Graß essen;
Man wird fast an manchem Ort dergleichen antreffen/
daß durch der Pfleger harte Tyranney der Unterthan
gleichsam wie ein wildes und vernunfftloses Thier gehal-
ten wird/ auch bisweilen sein Noth schon so groß/ daß
weder er/ weder Weib und Kinder/ ein Stückl Brod zu
Hauß/ und findet man endlich ein Brod in seiner baufälli-
gen Rauch-Stuben/ so ist dasselbe der schwartzen Erd
nicht ungleich/ da unterdessen ihr Streng Herr Ver-
walter im Wolleben brauset/ der Unterthan aber als ein
armer Lazarns schier vor Hunger stirbt/ etc. Dergleichen
mehrer haben diese drey Bauren erzehlet/ auch sich an-
bey beklagt/ daß ihnen die gantze Predig nit mehr in der
Gedächtnuß seye/ es seye nur immer Schad/ daß der Herr
Verwalter nit darbey gewesen/ vielleicht wäre er in sich
selbsten gangen. Es war aber der Kastenschreiber dazu-
mal in der Kirchen/ welcher noch denselben Tag dem
Herrn Verwalter solche Predig gantz widerholet/ worü-

ber

und hoͤrt nit gern die Predigen.
den guten Leuten/ aber leider/ gibt es bißweilen Pfleger
und Verwalter/ welche die arme Bauren nit nur halb
barbieren/ wie dieſen Leuten begegnet/ ſondern gantz
und gar ſcheren und ſchinden/ wie werden ſolche eins-
mals dem Goͤttlichen Richter koͤnnen Rechenſchafft ge-
ben? Von denen ſchon laͤngſt der Prophet David aus-
geſprochen/ qui devorant plebem meam, ſicut eſcam pa-Pſ. 13.
nis, es ſeynd dieſe ſolche unmenſchliche Leut/ die den ar-
men Unterthanen verſchlucken und verzehren/ wie ein
hungeriger Bettler ein Stuͤckl Brod. Adam war der
erſte Verwalter im Paradeiß/ ſein Kleid/ und der Frau
Eva als Verwalterin Kleid war ein Schaf-Fell/ aber
der Zeit iſt eines manchen Pflegers Kleid gar ein Bau-
renhaut/ die er dem armen Tropfen abgeſchunden.

Von dem Koͤnig Nabuchodonoſor iſt bekandt/ laut
Heil. Schrifft/ daß er in ein wildes Thier ſeye verkehret
worden/ und alſo wie ein Ochs habe muͤſſen Graß eſſen;
Man wird faſt an manchem Ort dergleichen antreffen/
daß durch der Pfleger harte Tyranney der Unterthan
gleichſam wie ein wildes und vernunfftloſes Thier gehal-
ten wird/ auch bisweilen ſein Noth ſchon ſo groß/ daß
weder er/ weder Weib und Kinder/ ein Stuͤckl Brod zu
Hauß/ und findet man endlich ein Bꝛod in ſeiner baufaͤlli-
gen Rauch-Stuben/ ſo iſt daſſelbe der ſchwartzen Erd
nicht ungleich/ da unterdeſſen ihr Streng Herr Ver-
walter im Wolleben brauſet/ der Unterthan aber als ein
armer Lazarns ſchier vor Hunger ſtirbt/ ꝛc. Dergleichen
mehrer haben dieſe drey Bauren erzehlet/ auch ſich an-
bey beklagt/ daß ihnen die gantze Predig nit mehr in der
Gedaͤchtnuß ſeye/ es ſeye nur immer Schad/ daß der Herꝛ
Verwalter nit darbey geweſen/ vielleicht waͤre er in ſich
ſelbſten gangen. Es war aber der Kaſtenſchreiber dazu-
mal in der Kirchen/ welcher noch denſelben Tag dem
Herꝛn Verwalter ſolche Predig gantz widerholet/ woruͤ-

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[31/0063] und hoͤrt nit gern die Predigen. den guten Leuten/ aber leider/ gibt es bißweilen Pfleger und Verwalter/ welche die arme Bauren nit nur halb barbieren/ wie dieſen Leuten begegnet/ ſondern gantz und gar ſcheren und ſchinden/ wie werden ſolche eins- mals dem Goͤttlichen Richter koͤnnen Rechenſchafft ge- ben? Von denen ſchon laͤngſt der Prophet David aus- geſprochen/ qui devorant plebem meam, ſicut eſcam pa- nis, es ſeynd dieſe ſolche unmenſchliche Leut/ die den ar- men Unterthanen verſchlucken und verzehren/ wie ein hungeriger Bettler ein Stuͤckl Brod. Adam war der erſte Verwalter im Paradeiß/ ſein Kleid/ und der Frau Eva als Verwalterin Kleid war ein Schaf-Fell/ aber der Zeit iſt eines manchen Pflegers Kleid gar ein Bau- renhaut/ die er dem armen Tropfen abgeſchunden. Pſ. 13. Von dem Koͤnig Nabuchodonoſor iſt bekandt/ laut Heil. Schrifft/ daß er in ein wildes Thier ſeye verkehret worden/ und alſo wie ein Ochs habe muͤſſen Graß eſſen; Man wird faſt an manchem Ort dergleichen antreffen/ daß durch der Pfleger harte Tyranney der Unterthan gleichſam wie ein wildes und vernunfftloſes Thier gehal- ten wird/ auch bisweilen ſein Noth ſchon ſo groß/ daß weder er/ weder Weib und Kinder/ ein Stuͤckl Brod zu Hauß/ und findet man endlich ein Bꝛod in ſeiner baufaͤlli- gen Rauch-Stuben/ ſo iſt daſſelbe der ſchwartzen Erd nicht ungleich/ da unterdeſſen ihr Streng Herr Ver- walter im Wolleben brauſet/ der Unterthan aber als ein armer Lazarns ſchier vor Hunger ſtirbt/ ꝛc. Dergleichen mehrer haben dieſe drey Bauren erzehlet/ auch ſich an- bey beklagt/ daß ihnen die gantze Predig nit mehr in der Gedaͤchtnuß ſeye/ es ſeye nur immer Schad/ daß der Herꝛ Verwalter nit darbey geweſen/ vielleicht waͤre er in ſich ſelbſten gangen. Es war aber der Kaſtenſchreiber dazu- mal in der Kirchen/ welcher noch denſelben Tag dem Herꝛn Verwalter ſolche Predig gantz widerholet/ woruͤ- ber

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/63>, abgerufen am 21.05.2024.