Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

und höret nit gern die Predigen.
wol anstehet/ leben und sterben. O wie wenig derglei-
chen! bey unsern Zeiten seynd die Bediente nit also scru-
pulos.
Der allergeringste Kuchel-Ratz in seiner schmotzi-
gen Schargge verstehet sich auf die accidentia, und weiß
gar meisterlich seine Wahren durch die alte Bettelwei-
ber zu versilbern. Der Herren und Frauen ist fast ein
ewige Klag die Untreu der Bedienten/ man möcht noch
so viel Katzen schaffen/ so kan man doch das Mausen nit
gar hüten/ man möcht so viel Augen haben/ als ein Sup-
ven auf einem Bauren Kirchtag/ so heists doch da und
dort/ mobile fit fixum, und kommt der Meister nemo
allzeit ins Spiel/ der Koch und der Kellner seynd die be-
ste Gevatters Leut/ glauben aber nit/ daß ein Frühstuck
dem Diebsstuck so gleich sehe/ wie ein Wolf der Wölfin/
der Einkauffer vergist seiner gar nit/ und weiß ihm ein
Capital zu schmieden vom täglichen Pfenning/ den er
auch bey der geringsten Krautstauden ferend/ so gar der
Petersihl ist nit sicher vom Peter-stihl. etc.

Wie die Stadt Bethulia ist belägert und umringt
worden/ von der feindlichen Armee des Holofernis, da
hat GOTT der Allmächtige ein fromme und gottselige
Wittib erleucht/ welche solcher betrangten Stadt zu
Hülff kommen/ diese ware die Judith. Judith butzt sich sehr
stattlich auf/ kraust sich/ kleidt sich/ ziert sich/ schmuckt sich/
und gehet solcher gestalten zur Stadt hinaus/ kommtin das
feindliche Läger/ von dannen gar in die Zelt des Kriegs-
fürsten Holofernis, die meisten glaubten es/ weil sie sich
so freundlich stellte/ als wär sie ein Bestellte/ fast alle
meynten/ weil sie sich also gericht/ als wärs ein Richtige/
sie isset mit/ sie trinckt mit/ sie redet mit/ sie schmozt mit/
sie lacht mit/ sie mit Holoferne in die Kammer gehet
mit/ alle urtheilten/ sie halts auch mit/ aber weit gefehlt.
Sie schneidt dem berauschten Holoferni den Kopf ab/ das
war ein Haubtstuck von einem heroischen Weib. Sag

nur

und hoͤret nit gern die Predigen.
wol anſtehet/ leben und ſterben. O wie wenig derglei-
chen! bey unſern Zeiten ſeynd die Bediente nit alſo ſcru-
pulos.
Der allergeringſte Kuchel-Ratz in ſeiner ſchmotzi-
gen Schargge verſtehet ſich auf die accidentia, und weiß
gar meiſterlich ſeine Wahren durch die alte Bettelwei-
ber zu verſilbern. Der Herren und Frauen iſt faſt ein
ewige Klag die Untreu der Bedienten/ man moͤcht noch
ſo viel Katzen ſchaffen/ ſo kan man doch das Mauſen nit
gar huͤten/ man moͤcht ſo viel Augen haben/ als ein Sup-
ven auf einem Bauren Kirchtag/ ſo heiſts doch da und
dort/ mobile fit fixum, und kommt der Meiſter nemo
allzeit ins Spiel/ der Koch und der Kellner ſeynd die be-
ſte Gevatters Leut/ glauben aber nit/ daß ein Fruͤhſtuck
dem Diebsſtuck ſo gleich ſehe/ wie ein Wolf der Woͤlfin/
der Einkauffer vergiſt ſeiner gar nit/ und weiß ihm ein
Capital zu ſchmieden vom taͤglichen Pfenning/ den er
auch bey der geringſten Krautſtauden ferend/ ſo gar der
Peterſihl iſt nit ſicher vom Peter-ſtihl. ꝛc.

Wie die Stadt Bethulia iſt belaͤgert und umringt
worden/ von der feindlichen Armee des Holofernis, da
hat GOTT der Allmaͤchtige ein fromme und gottſelige
Wittib erleucht/ welche ſolcher betrangten Stadt zu
Huͤlff kom̃en/ dieſe ware die Judith. Judith butzt ſich ſehr
ſtattlich auf/ krauſt ſich/ kleidt ſich/ ziert ſich/ ſchmuckt ſich/
und gehet ſolcher geſtalten zur Stadt hinaus/ kom̃tin das
feindliche Laͤger/ von dannen gar in die Zelt des Kriegs-
fuͤrſten Holofernis, die meiſten glaubten es/ weil ſie ſich
ſo freundlich ſtellte/ als waͤr ſie ein Beſtellte/ faſt alle
meynten/ weil ſie ſich alſo gericht/ als waͤrs ein Richtige/
ſie iſſet mit/ ſie trinckt mit/ ſie redet mit/ ſie ſchmozt mit/
ſie lacht mit/ ſie mit Holoferne in die Kammer gehet
mit/ alle urtheilten/ ſie halts auch mit/ aber weit gefehlt.
Sie ſchneidt dem berauſchten Holoferni den Kopf ab/ das
war ein Haubtſtuck von einem heroiſchen Weib. Sag

nur
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0087" n="55"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">und ho&#x0364;ret nit gern die Predigen.</hi></fw><lb/>
wol an&#x017F;tehet/ leben und &#x017F;terben. O wie wenig derglei-<lb/>
chen! bey un&#x017F;ern Zeiten &#x017F;eynd die Bediente nit al&#x017F;o <hi rendition="#aq">&#x017F;cru-<lb/>
pulos.</hi> Der allergering&#x017F;te Kuchel-Ratz in &#x017F;einer &#x017F;chmotzi-<lb/>
gen <hi rendition="#aq">Schargge</hi> ver&#x017F;tehet &#x017F;ich auf die <hi rendition="#aq">accidentia,</hi> und weiß<lb/>
gar mei&#x017F;terlich &#x017F;eine Wahren durch die alte Bettelwei-<lb/>
ber zu ver&#x017F;ilbern. Der Herren und Frauen i&#x017F;t fa&#x017F;t ein<lb/>
ewige Klag die Untreu der Bedienten/ man mo&#x0364;cht noch<lb/>
&#x017F;o viel Katzen &#x017F;chaffen/ &#x017F;o kan man doch das Mau&#x017F;en nit<lb/>
gar hu&#x0364;ten/ man mo&#x0364;cht &#x017F;o viel Augen haben/ als ein Sup-<lb/>
ven auf einem Bauren Kirchtag/ &#x017F;o hei&#x017F;ts doch da und<lb/>
dort/ <hi rendition="#aq">mobile fit fixum,</hi> und kommt der Mei&#x017F;ter <hi rendition="#aq">nemo</hi><lb/>
allzeit ins Spiel/ der Koch und der Kellner &#x017F;eynd die be-<lb/>
&#x017F;te Gevatters Leut/ glauben aber nit/ daß ein Fru&#x0364;h&#x017F;tuck<lb/>
dem Diebs&#x017F;tuck &#x017F;o gleich &#x017F;ehe/ wie ein Wolf der Wo&#x0364;lfin/<lb/>
der Einkauffer vergi&#x017F;t &#x017F;einer gar nit/ und weiß ihm ein<lb/><hi rendition="#aq">Capital</hi> zu &#x017F;chmieden vom ta&#x0364;glichen Pfenning/ den er<lb/>
auch bey der gering&#x017F;ten Kraut&#x017F;tauden ferend/ &#x017F;o gar der<lb/>
Peter&#x017F;ihl i&#x017F;t nit &#x017F;icher vom Peter-&#x017F;tihl. &#xA75B;c.</p><lb/>
        <p>Wie die Stadt <hi rendition="#aq">Bethulia</hi> i&#x017F;t bela&#x0364;gert und umringt<lb/>
worden/ von der feindlichen <hi rendition="#aq">Armee</hi> des <hi rendition="#aq">Holofernis,</hi> da<lb/>
hat GOTT der Allma&#x0364;chtige ein fromme und gott&#x017F;elige<lb/>
Wittib erleucht/ welche &#x017F;olcher betrangten Stadt zu<lb/>
Hu&#x0364;lff kom&#x0303;en/ die&#x017F;e ware die <hi rendition="#aq">Judith. Judith</hi> butzt &#x017F;ich &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;tattlich auf/ krau&#x017F;t &#x017F;ich/ kleidt &#x017F;ich/ ziert &#x017F;ich/ &#x017F;chmuckt &#x017F;ich/<lb/>
und gehet &#x017F;olcher ge&#x017F;talten zur Stadt hinaus/ kom&#x0303;tin das<lb/>
feindliche La&#x0364;ger/ von dannen gar in die Zelt des Kriegs-<lb/>
fu&#x0364;r&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Holofernis,</hi> die mei&#x017F;ten glaubten es/ weil &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;o freundlich &#x017F;tellte/ als wa&#x0364;r &#x017F;ie ein Be&#x017F;tellte/ fa&#x017F;t alle<lb/>
meynten/ weil &#x017F;ie &#x017F;ich al&#x017F;o gericht/ als wa&#x0364;rs ein Richtige/<lb/>
&#x017F;ie i&#x017F;&#x017F;et mit/ &#x017F;ie trinckt mit/ &#x017F;ie redet mit/ &#x017F;ie &#x017F;chmozt mit/<lb/>
&#x017F;ie lacht mit/ &#x017F;ie mit <hi rendition="#aq">Holoferne</hi> in die Kammer gehet<lb/>
mit/ alle urtheilten/ &#x017F;ie halts auch mit/ aber weit gefehlt.<lb/>
Sie &#x017F;chneidt dem berau&#x017F;chten <hi rendition="#aq">Holoferni</hi> den Kopf ab/ das<lb/>
war ein Haubt&#x017F;tuck von einem <hi rendition="#aq">heroi</hi>&#x017F;chen Weib. Sag<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nur</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0087] und hoͤret nit gern die Predigen. wol anſtehet/ leben und ſterben. O wie wenig derglei- chen! bey unſern Zeiten ſeynd die Bediente nit alſo ſcru- pulos. Der allergeringſte Kuchel-Ratz in ſeiner ſchmotzi- gen Schargge verſtehet ſich auf die accidentia, und weiß gar meiſterlich ſeine Wahren durch die alte Bettelwei- ber zu verſilbern. Der Herren und Frauen iſt faſt ein ewige Klag die Untreu der Bedienten/ man moͤcht noch ſo viel Katzen ſchaffen/ ſo kan man doch das Mauſen nit gar huͤten/ man moͤcht ſo viel Augen haben/ als ein Sup- ven auf einem Bauren Kirchtag/ ſo heiſts doch da und dort/ mobile fit fixum, und kommt der Meiſter nemo allzeit ins Spiel/ der Koch und der Kellner ſeynd die be- ſte Gevatters Leut/ glauben aber nit/ daß ein Fruͤhſtuck dem Diebsſtuck ſo gleich ſehe/ wie ein Wolf der Woͤlfin/ der Einkauffer vergiſt ſeiner gar nit/ und weiß ihm ein Capital zu ſchmieden vom taͤglichen Pfenning/ den er auch bey der geringſten Krautſtauden ferend/ ſo gar der Peterſihl iſt nit ſicher vom Peter-ſtihl. ꝛc. Wie die Stadt Bethulia iſt belaͤgert und umringt worden/ von der feindlichen Armee des Holofernis, da hat GOTT der Allmaͤchtige ein fromme und gottſelige Wittib erleucht/ welche ſolcher betrangten Stadt zu Huͤlff kom̃en/ dieſe ware die Judith. Judith butzt ſich ſehr ſtattlich auf/ krauſt ſich/ kleidt ſich/ ziert ſich/ ſchmuckt ſich/ und gehet ſolcher geſtalten zur Stadt hinaus/ kom̃tin das feindliche Laͤger/ von dannen gar in die Zelt des Kriegs- fuͤrſten Holofernis, die meiſten glaubten es/ weil ſie ſich ſo freundlich ſtellte/ als waͤr ſie ein Beſtellte/ faſt alle meynten/ weil ſie ſich alſo gericht/ als waͤrs ein Richtige/ ſie iſſet mit/ ſie trinckt mit/ ſie redet mit/ ſie ſchmozt mit/ ſie lacht mit/ ſie mit Holoferne in die Kammer gehet mit/ alle urtheilten/ ſie halts auch mit/ aber weit gefehlt. Sie ſchneidt dem berauſchten Holoferni den Kopf ab/ das war ein Haubtſtuck von einem heroiſchen Weib. Sag nur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/87
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/87>, abgerufen am 21.05.2024.