Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas hat keine gute Meynung/
ein Schelm/ niemal recht Cordebonisch noch redlich. Dem äus-
serlichen Schein nach kan man fugsam dieses Werck nicht schimpf-
fen oder verwerffen/ aber seine Meynung ist weit anderst. Diese
arme Kirchen und Gotteshaus hatte wegen Mangel des Gelds kein
Glocken/ darumb die Leut/ weil sie nicht gewust/ wann der Got-
tes-Dienst anfange/ meistentheils ein halbe Stund ehender kom-
men/ und unter dessen ihr Gebet verricht/ biß die Heilige Meß ih-
ren Anfang genommen; dem Teuffel hat das lange Gebet des from-
men Baurn-Volcks nicht wenig Verdruß gemacht/ gedachte
demnach eine Glocken zu stifften/ der gäntzlichen Versicherung/
es werde nachmals kein Bauer die Kirchen drucken/ biß man das an-
dermal oder gar zusammen leutet.

Die drey Weise König aus Orient, nemlich aus Arabia/
als benanntlich Melchior sechszig Jahr alt/ Balthasar viertzig
und Caspar zwantzig seynd durch Begleitung eines strahlenden
Sterns in die vierzehen hundert Welsche Meil biß nacher Beth-
lehem gereist/ dasselbst den neugebornen Messiam und Heyland
angebetet/ und ihne mit unterschiedlichen schönen Opffern be-
schencket.; Dieses Werck ist dem Himmel höchst gefällig gewesen.
Herodes der König zu Jerusalem hat besagte Weise höfflich ersucht/
sie wollen ihme doch die Freundschafft thun/ und in ihrer Zuruck-
Reiß die Nachricht geben/ ob Messias gebohren seye/ damit er
auch der Gebühr und höchster Schuldigkeit gemeß denselben kön-
ne anbeten und verehren. Das ware ja auch so heilig als immer
gewesen der Heiligen drey Orientalischen König? Jawohl nicht:
Die drey haben es von Hertzen gut gemeynt; Herodes hat zwar in
Reden mit ihnen übereins gestimmet/ im Hertzen aber hat er es
Schelmisch gemeynt/ massen er willens gewesen/ den neugebor-
nen Messiam aus dem Weeg zu raumen. So ist dann die böse
Meynung eine Feuer-Flamm/ welche auf einmal alles verzehrt und
in die Aschen legt/ so ist sie dann ein kleiners Steinl/ welches die
gantze grosse Bildnuß des Nabuchodonosor zu Boden wirff/ und
zu Scherben macht/ so ist dann ein Scheer- oder Maulwurff/

welcher

Judas hat keine gute Meynung/
ein Schelm/ niemal recht Cordeboniſch noch redlich. Dem aͤuſ-
ſerlichen Schein nach kan man fugſam dieſes Werck nicht ſchimpf-
fen oder verwerffen/ aber ſeine Meynung iſt weit anderſt. Dieſe
arme Kirchen und Gotteshaus hatte wegen Mangel des Gelds kein
Glocken/ darumb die Leut/ weil ſie nicht gewuſt/ wann der Got-
tes-Dienſt anfange/ meiſtentheils ein halbe Stund ehender kom-
men/ und unter deſſen ihr Gebet verricht/ biß die Heilige Meß ih-
ren Anfang genommen; dem Teuffel hat das lange Gebet des from-
men Baurn-Volcks nicht wenig Verdruß gemacht/ gedachte
demnach eine Glocken zu ſtifften/ der gaͤntzlichen Verſicherung/
es werde nachmals kein Bauer die Kirchen drucken/ biß man das an-
dermal oder gar zuſammen leutet.

Die drey Weiſe Koͤnig aus Orient, nemlich aus Arabia/
als benanntlich Melchior ſechszig Jahr alt/ Balthaſar viertzig
und Caſpar zwantzig ſeynd durch Begleitung eines ſtrahlenden
Sterns in die vierzehen hundert Welſche Meil biß nacher Beth-
lehem gereiſt/ daſſelbſt den neugebornen Meſſiam und Heyland
angebetet/ und ihne mit unterſchiedlichen ſchoͤnen Opffern be-
ſchencket.; Dieſes Werck iſt dem Himmel hoͤchſt gefaͤllig geweſen.
Herodes der Koͤnig zu Jeruſalem hat beſagte Weiſe hoͤfflich erſucht/
ſie wollen ihme doch die Freundſchafft thun/ und in ihrer Zuruck-
Reiß die Nachricht geben/ ob Meſſias gebohren ſeye/ damit er
auch der Gebuͤhr und hoͤchſter Schuldigkeit gemeß denſelben koͤn-
ne anbeten und verehren. Das ware ja auch ſo heilig als immer
geweſen der Heiligen drey Orientaliſchen Koͤnig? Jawohl nicht:
Die drey haben es von Hertzen gut gemeynt; Herodes hat zwar in
Reden mit ihnen uͤbereins geſtimmet/ im Hertzen aber hat er es
Schelmiſch gemeynt/ maſſen er willens geweſen/ den neugebor-
nen Meſſiam aus dem Weeg zu raumen. So iſt dann die boͤſe
Meynung eine Feuer-Flamm/ welche auf einmal alles verzehrt und
in die Aſchen legt/ ſo iſt ſie dann ein kleiners Steinl/ welches die
gantze groſſe Bildnuß des Nabuchodonoſor zu Boden wirff/ und
zu Scherben macht/ ſo iſt dann ein Scheer- oder Maulwurff/

welcher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0180" n="168"/><fw type="header" place="top">Judas hat keine gute Meynung/</fw><lb/>
ein Schelm/ niemal recht <hi rendition="#aq">Cordeboni</hi>&#x017F;ch noch redlich. Dem a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erlichen Schein nach kan man fug&#x017F;am die&#x017F;es Werck nicht &#x017F;chimpf-<lb/>
fen oder verwerffen/ aber &#x017F;eine Meynung i&#x017F;t weit ander&#x017F;t. Die&#x017F;e<lb/>
arme Kirchen und Gotteshaus hatte wegen Mangel des Gelds kein<lb/>
Glocken/ darumb die Leut/ weil &#x017F;ie nicht gewu&#x017F;t/ wann der Got-<lb/>
tes-Dien&#x017F;t anfange/ mei&#x017F;tentheils ein halbe Stund ehender kom-<lb/>
men/ und unter de&#x017F;&#x017F;en ihr Gebet verricht/ biß die Heilige Meß ih-<lb/>
ren Anfang genommen; dem Teuffel hat das lange Gebet des from-<lb/>
men Baurn-Volcks nicht wenig Verdruß gemacht/ gedachte<lb/>
demnach eine Glocken zu &#x017F;tifften/ der ga&#x0364;ntzlichen Ver&#x017F;icherung/<lb/>
es werde nachmals kein Bauer die Kirchen drucken/ biß man das an-<lb/>
dermal oder gar zu&#x017F;ammen leutet.</p><lb/>
        <p>Die drey Wei&#x017F;e Ko&#x0364;nig aus <hi rendition="#aq">Orient,</hi> nemlich aus Arabia/<lb/>
als benanntlich Melchior &#x017F;echszig Jahr alt/ Baltha&#x017F;ar viertzig<lb/>
und Ca&#x017F;par zwantzig &#x017F;eynd durch Begleitung eines &#x017F;trahlenden<lb/>
Sterns in die vierzehen hundert Wel&#x017F;che Meil biß nacher Beth-<lb/>
lehem gerei&#x017F;t/ da&#x017F;&#x017F;elb&#x017F;t den neugebornen <hi rendition="#aq">Me&#x017F;&#x017F;iam</hi> und Heyland<lb/>
angebetet/ und ihne mit unter&#x017F;chiedlichen &#x017F;cho&#x0364;nen Opffern be-<lb/>
&#x017F;chencket.; Die&#x017F;es Werck i&#x017F;t dem Himmel ho&#x0364;ch&#x017F;t gefa&#x0364;llig gewe&#x017F;en.<lb/>
Herodes der Ko&#x0364;nig zu Jeru&#x017F;alem hat be&#x017F;agte Wei&#x017F;e ho&#x0364;fflich er&#x017F;ucht/<lb/>
&#x017F;ie wollen ihme doch die Freund&#x017F;chafft thun/ und in ihrer Zuruck-<lb/>
Reiß die Nachricht geben/ ob Me&#x017F;&#x017F;ias gebohren &#x017F;eye/ damit er<lb/>
auch der Gebu&#x0364;hr und ho&#x0364;ch&#x017F;ter Schuldigkeit gemeß den&#x017F;elben ko&#x0364;n-<lb/>
ne anbeten und verehren. Das ware ja auch &#x017F;o heilig als immer<lb/>
gewe&#x017F;en der Heiligen drey <hi rendition="#aq">Orientali</hi>&#x017F;chen Ko&#x0364;nig? Jawohl nicht:<lb/>
Die drey haben es von Hertzen gut gemeynt; Herodes hat zwar in<lb/>
Reden mit ihnen u&#x0364;bereins ge&#x017F;timmet/ im Hertzen aber hat er es<lb/>
Schelmi&#x017F;ch gemeynt/ ma&#x017F;&#x017F;en er willens gewe&#x017F;en/ den neugebor-<lb/>
nen Me&#x017F;&#x017F;iam aus dem Weeg zu raumen. So i&#x017F;t dann die bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
Meynung eine Feuer-Flamm/ welche auf einmal alles verzehrt und<lb/>
in die A&#x017F;chen legt/ &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie dann ein kleiners Steinl/ welches die<lb/>
gantze gro&#x017F;&#x017F;e Bildnuß des Nabuchodono&#x017F;or zu Boden wirff/ und<lb/>
zu Scherben macht/ &#x017F;o i&#x017F;t dann ein Scheer- oder Maulwurff/<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">welcher</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0180] Judas hat keine gute Meynung/ ein Schelm/ niemal recht Cordeboniſch noch redlich. Dem aͤuſ- ſerlichen Schein nach kan man fugſam dieſes Werck nicht ſchimpf- fen oder verwerffen/ aber ſeine Meynung iſt weit anderſt. Dieſe arme Kirchen und Gotteshaus hatte wegen Mangel des Gelds kein Glocken/ darumb die Leut/ weil ſie nicht gewuſt/ wann der Got- tes-Dienſt anfange/ meiſtentheils ein halbe Stund ehender kom- men/ und unter deſſen ihr Gebet verricht/ biß die Heilige Meß ih- ren Anfang genommen; dem Teuffel hat das lange Gebet des from- men Baurn-Volcks nicht wenig Verdruß gemacht/ gedachte demnach eine Glocken zu ſtifften/ der gaͤntzlichen Verſicherung/ es werde nachmals kein Bauer die Kirchen drucken/ biß man das an- dermal oder gar zuſammen leutet. Die drey Weiſe Koͤnig aus Orient, nemlich aus Arabia/ als benanntlich Melchior ſechszig Jahr alt/ Balthaſar viertzig und Caſpar zwantzig ſeynd durch Begleitung eines ſtrahlenden Sterns in die vierzehen hundert Welſche Meil biß nacher Beth- lehem gereiſt/ daſſelbſt den neugebornen Meſſiam und Heyland angebetet/ und ihne mit unterſchiedlichen ſchoͤnen Opffern be- ſchencket.; Dieſes Werck iſt dem Himmel hoͤchſt gefaͤllig geweſen. Herodes der Koͤnig zu Jeruſalem hat beſagte Weiſe hoͤfflich erſucht/ ſie wollen ihme doch die Freundſchafft thun/ und in ihrer Zuruck- Reiß die Nachricht geben/ ob Meſſias gebohren ſeye/ damit er auch der Gebuͤhr und hoͤchſter Schuldigkeit gemeß denſelben koͤn- ne anbeten und verehren. Das ware ja auch ſo heilig als immer geweſen der Heiligen drey Orientaliſchen Koͤnig? Jawohl nicht: Die drey haben es von Hertzen gut gemeynt; Herodes hat zwar in Reden mit ihnen uͤbereins geſtimmet/ im Hertzen aber hat er es Schelmiſch gemeynt/ maſſen er willens geweſen/ den neugebor- nen Meſſiam aus dem Weeg zu raumen. So iſt dann die boͤſe Meynung eine Feuer-Flamm/ welche auf einmal alles verzehrt und in die Aſchen legt/ ſo iſt ſie dann ein kleiners Steinl/ welches die gantze groſſe Bildnuß des Nabuchodonoſor zu Boden wirff/ und zu Scherben macht/ ſo iſt dann ein Scheer- oder Maulwurff/ welcher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/180
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/180>, abgerufen am 04.12.2024.