Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.Judas der gewissenlosse Bößwicht nen die Oberhand nit/ auch die allwenigste Zeit. O Pater! esseynd fliegende Gedancken/ lächerliche Phantaseyen/ und nur närrische Coppeyen/ man weiß es schon/ daß man die Original- Stuck muß mit frieden lassen. Ein kleine Zeit/ ein kurtze Weil/ wird ihnen so bald die Feder nit lassen wachsen. Wer diser Mey- nung ist/ dem wird nit um ein Haar besser gehen/ als dem Nino. Wer denen bösen Gedancken nur eine kleine Herrschung erlaubt/ wann solcher schon nit umb das Haupt kommt/ so verlihrt er doch ein Haupt-Sach/ nemblich/ die Gnad GOttes: massen deß Menschen Willen auch von einem geringen Stoß gleich Berg abfallt: und ist ihme gar leicht zu pfeiffen/ der ohne das zum Tantzen geneigt. Ein armes Häsel hat sich bey rauher Winter-Zeit einmal weder
Judas der gewiſſenloſſe Boͤßwicht nen die Oberhand nit/ auch die allwenigſte Zeit. O Pater! esſeynd fliegende Gedancken/ laͤcherliche Phantaſeyen/ und nur naͤrriſche Coppeyen/ man weiß es ſchon/ daß man die Original- Stuck muß mit frieden laſſen. Ein kleine Zeit/ ein kurtze Weil/ wird ihnen ſo bald die Feder nit laſſen wachſen. Wer diſer Mey- nung iſt/ dem wird nit um ein Haar beſſer gehen/ als dem Nino. Wer denen boͤſen Gedanckẽ nur eine kleine Herꝛſchung eꝛlaubt/ wann ſolcher ſchon nit umb das Haupt kommt/ ſo verlihrt er doch ein Haupt-Sach/ nemblich/ die Gnad GOttes: maſſen deß Menſchen Willen auch von einem geringen Stoß gleich Berg abfallt: und iſt ihme gar leicht zu pfeiffen/ der ohne das zum Tantzen geneigt. Ein armes Haͤſel hat ſich bey rauher Winter-Zeit einmal weder
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0238" n="226"/><fw type="header" place="top">Judas der gewiſſenloſſe Boͤßwicht</fw><lb/> nen die Oberhand nit/ auch die allwenigſte Zeit. <hi rendition="#aq">O Pater!</hi> es<lb/> ſeynd fliegende Gedancken/ laͤcherliche <hi rendition="#fr">P</hi>hantaſeyen/ und nur<lb/> naͤrriſche Coppeyen/ man weiß es ſchon/ daß man die <hi rendition="#aq">Original-</hi><lb/> Stuck muß mit frieden laſſen. Ein kleine Zeit/ ein kurtze Weil/<lb/> wird ihnen ſo bald die Feder nit laſſen wachſen. Wer diſer Mey-<lb/> nung iſt/ dem wird nit um ein Haar beſſer gehen/ als dem <hi rendition="#aq">Nino.</hi><lb/> Wer denen boͤſen Gedanckẽ nur eine kleine Herꝛſchung eꝛlaubt/<lb/> wann ſolcher ſchon nit umb das Haupt kommt/ ſo verlihrt er<lb/> doch ein Haupt-Sach/ nemblich/ die Gnad GOttes: maſſen<lb/> deß Menſchen Willen auch von einem geringen Stoß gleich<lb/> Berg abfallt: und iſt ihme gar leicht zu pfeiffen/ der ohne das<lb/> zum Tantzen geneigt.</p><lb/> <p>Ein armes Haͤſel hat ſich bey rauher Winter-Zeit einmal<lb/> in ein Loch eines holen Felſens <hi rendition="#aq">reteri</hi>rt/ damit es gleichwol un-<lb/> ter diſem ſteinernen Dach eine linde Ruhe moͤchte genieſſen. Es<lb/> ſtunde aber nit lang an/ da kame der Jgel/ deme ebenfalls das<lb/> grobe Wetter gꝛoſſe Ungelegenheit gemacht/ uñ batte das Haͤſel<lb/> gar ſchoͤn/ und hoͤfflich umb ein Herberg. Mein Haͤſel ſprach er/<lb/> es iſt maͤnniglich bekañt/ daß du nit allein groſſe Ohren/ ſondern<lb/> auch groſſe Lieb gegen dem Nechſten tꝛageſt; weil mich dañ das<lb/> harte/ und faſt unertraͤgliche Wetter uͤber faͤllen/ alſo vergonne<lb/> mir doch ein kleines Winckeꝛl in deiner Wohnung/ ſolche Gnad<lb/> werd ich die Zeit meines Lebens nicht in Vergeſſenheit ſtellen:<lb/> ja kuͤnfftigen Herbſt/ wills GOtt/ will ich mich mit einer But-<lb/> ten Aepffel danckbar einſtellen/ und die empfangene Gutthat<lb/> in etwas erwideren. Das Haͤſel ſchaut ſich hin und her/ und<lb/> vermeꝛkt wol/ daß der Platz zimlich eng; gleichwol auf ſo freund-<lb/> liches Erſuchen und Anhalten/ hat es verwilliget. der Jgel<lb/> macht ſich alſobald und ohne lange Verweilung in das Haſen-<lb/> Zim̃ert/ ſteht aber nicht lang an/ da fangt er nach und nach ſei-<lb/> ne Spitz unb <hi rendition="#fr">S</hi>tachel von ſich zu breiten. Das einfaͤltige<lb/> Haͤſel glaubtte erſtlich/ es ſtechen ihne die Floͤch/ wie der Jgel a-<lb/> ber mit voͤlligem Gewalt alle ſeine Waffen ausſtreckt/ da hat<lb/> <fw type="catch" place="bottom">weder</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [226/0238]
Judas der gewiſſenloſſe Boͤßwicht
nen die Oberhand nit/ auch die allwenigſte Zeit. O Pater! es
ſeynd fliegende Gedancken/ laͤcherliche Phantaſeyen/ und nur
naͤrriſche Coppeyen/ man weiß es ſchon/ daß man die Original-
Stuck muß mit frieden laſſen. Ein kleine Zeit/ ein kurtze Weil/
wird ihnen ſo bald die Feder nit laſſen wachſen. Wer diſer Mey-
nung iſt/ dem wird nit um ein Haar beſſer gehen/ als dem Nino.
Wer denen boͤſen Gedanckẽ nur eine kleine Herꝛſchung eꝛlaubt/
wann ſolcher ſchon nit umb das Haupt kommt/ ſo verlihrt er
doch ein Haupt-Sach/ nemblich/ die Gnad GOttes: maſſen
deß Menſchen Willen auch von einem geringen Stoß gleich
Berg abfallt: und iſt ihme gar leicht zu pfeiffen/ der ohne das
zum Tantzen geneigt.
Ein armes Haͤſel hat ſich bey rauher Winter-Zeit einmal
in ein Loch eines holen Felſens reterirt/ damit es gleichwol un-
ter diſem ſteinernen Dach eine linde Ruhe moͤchte genieſſen. Es
ſtunde aber nit lang an/ da kame der Jgel/ deme ebenfalls das
grobe Wetter gꝛoſſe Ungelegenheit gemacht/ uñ batte das Haͤſel
gar ſchoͤn/ und hoͤfflich umb ein Herberg. Mein Haͤſel ſprach er/
es iſt maͤnniglich bekañt/ daß du nit allein groſſe Ohren/ ſondern
auch groſſe Lieb gegen dem Nechſten tꝛageſt; weil mich dañ das
harte/ und faſt unertraͤgliche Wetter uͤber faͤllen/ alſo vergonne
mir doch ein kleines Winckeꝛl in deiner Wohnung/ ſolche Gnad
werd ich die Zeit meines Lebens nicht in Vergeſſenheit ſtellen:
ja kuͤnfftigen Herbſt/ wills GOtt/ will ich mich mit einer But-
ten Aepffel danckbar einſtellen/ und die empfangene Gutthat
in etwas erwideren. Das Haͤſel ſchaut ſich hin und her/ und
vermeꝛkt wol/ daß der Platz zimlich eng; gleichwol auf ſo freund-
liches Erſuchen und Anhalten/ hat es verwilliget. der Jgel
macht ſich alſobald und ohne lange Verweilung in das Haſen-
Zim̃ert/ ſteht aber nicht lang an/ da fangt er nach und nach ſei-
ne Spitz unb Stachel von ſich zu breiten. Das einfaͤltige
Haͤſel glaubtte erſtlich/ es ſtechen ihne die Floͤch/ wie der Jgel a-
ber mit voͤlligem Gewalt alle ſeine Waffen ausſtreckt/ da hat
weder
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |