Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.Judas der Gottlose Gesell Ein alter Wein ist doch gesunder als ein neuer/ ein altes und Mein/ wer ist besser gewest unter den zweyen/ die Noe der Noch hat es allemahl einen schlechten und unglückseeligen sagt
Judas der Gottloſe Geſell Ein alter Wein iſt doch geſunder als ein neuer/ ein altes und Mein/ wer iſt beſſer geweſt unter den zweyen/ die Noe der Noch hat es allemahl einen ſchlechten und ungluͤckſeeligen ſagt
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Judas der Gottloſe Geſell
Ein alter Wein iſt doch geſunder als ein neuer/ ein altes und
duͤrres Holtz iſt doch beſſer/ als ein neues und gruͤnes/ ein altes
Silber iſt doch beſſer/ als das neue/ ein alter Tach-Ziegel iſt beſ-
ſer/ als ein neuer/ ein alter Kaͤß iſt geſunder als ein neuer/ ein al-
tes Gemaͤur haͤlt doch ſtaͤrcker als ein neues/ ein altes Stam̃en
Haus iſt edler als ein neues/ ein alter Fuhrmann wirfft weniger
umb als ein neuer/ in einer alten Kirchen bey alten Bildnuͤſſen
geſchehen mehrer Miracul/ als bey neuen/ ein alter Doctor ver-
ſtehet mehrer als ein neuer.
Mein/ wer iſt beſſer geweſt unter den zweyen/ die Noe der
gerechte Vatter hat aus der Archen gejagt/ damit ſie ordentlich
und mit Warheit ein Aviſa ſollen bringen/ ob der Suͤndfluß
bereits im Abnehmen ſeye oder nicht? dieſe zwey gefluͤglete Bo-
then waren der Raab und Tauben. Der Raab hat dißfalls
ſehr unverſtaͤndig und unbedachtſam gehandlet; weil er nit mehr
in die Archen kommen/ die Tauben aber war ſo verſtaͤndig/ daß ſie
mit einem Oehl Zweigel im Schnabel zuruck gekehrt/ und alle-
ſammt in der Archen nit ein wenig aufgemuntert und getroͤſt.
Der Raab iſt ein gaͤntzlicher Entwurff der ſchlipfferigẽ Jugend/
welche meiſtens den leiblichen Anmuthungen/ und Viehiſchen
Sinnlichkeiten den freyen Paß vergoͤnnet/ und ſchier allemahl
ſehr unbeſunnen handlet; aber die Tauben iſt ein rechtes Sinn-
bild des Alters/ weil man zu ſagen pflegt/ der alte Taͤtl iſt wie ein
Tauben ſo weiß; dieſem iſt der Verſtand weit groͤſſer und voll-
kommener/ als bey denen Jungen.
Noch hat es allemahl einen ſchlechten und ungluͤckſeeligen
Ausgang genom̃en/ wann man den Rath der Alten nich gefolget
hat. Ein junger Fuchs hat etlichmahl wahrgenommen/ wie
die Voͤgel in der Hoͤhe hin und her fliegen/ ſo geſchwind wie der
Wind/ der nicht ſichtd/ er iſt blind; ſagt demnach zum alten Fuch-
ſen/ Vatter ich will fliegen/ du junger Phantaſt/ ſetzt hinwi-
der der Alte/ was ſticht dich vor ein Vorwitz? Vatter/ ich will
fliegen/ wiederholt der kleine Narr: du unbeſunnes Fletſchmaul/
ſagt
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