Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas stihlt das Geld aus der Cassa
nit berichten; als er/ der Vatter einmal nach Hauß kommen/ und
im Stall ein Gaißbock queckitzen gehört/ holla/ sagt der Alte/
was ist das? dann er wuste nit/ daß sein Weib durch die Arbeit
solchen verdient/ der Gaißbock ist villeicht entfreinbt worden?
Tob. 1.
v.
21.
wann dem also/ so gebt denselben geschwind widerum seinen
Herrn. Videte, ne forte furtivus sit, reddite, &c. Als wolte
er sagen/ ich möchte nit gern einen Strohalm in/ und an mei-
ner alten Hütten haben/ der einem andern zugehöret/ ich will
meinem Sohn nit einen gestumpfften Besen überlassen/ der
nit mein ist/ etc. O mein lieber Sohn! sprach er einmahl zu ihm:
Pauperem quidem, &c. Wir seynd zwar arm/ und wann ich
auch gute Augen hette/ so thät mich das Silber und Gold nit
blend[e]n; aber seye du dessenthalben nit kleinmüthig/ das weni-
ge was wir haben/ ist gerecht/ und so wir anbey werden GOtt
förchten/ Multa bona habebimus, &c. Da werden die Güter
nit außbleiben. Der Alte ist ein Prophet gewesen; dann nit
lang hernach der jüngere Tobias, sein Sohn/ einen stattli-
chen Heyrath getreffen/ wodurch er zu einer überaus grosser
Erbschafft gelangt. Wie segnet doch GOtt einen gerechten
Pfenning?

Wolan dann Signore, lieb dein Weib und Kinder/ aber nit
wie Judas, der das Gelt gestohlen/ diebisch abgetragen/ und sol-
ches den Seinigen angehengt: Liebe Weib und Kinder/ aber be-
reiche dieselbige nit mit frembden Gut/ wodurch sie mehr in Ar-
muth gerathen: liebe Weib und Kinder/ aber schlag ihrenthal-
ben dein aignes Seelen-Hayl nit in die Schantz: liebe Weib
und Kinder/ aber lasse denenselben kein ungerechten Pfenning/
der sie nachmahls auch in die Verdambnuß stürtze: liebe Weib
und Kinder/ aber gedencke/ daß dir das Hemmet näher als der
Rock/ die Seel lieber/ als die Blutsverwandschafft: liebe
Weib und Kinder/ aber beleidige GOtt den HErrn hierdurch
nicht: liebe Weib und Kinder/ aber verlasse ihnen keine unge-
rechte Mittel/ lieber gar nichts/ sondern GOtt allein zu einem

Freund/

Judas ſtihlt das Geld aus der Caſſa
nit berichten; als er/ der Vatter einmal nach Hauß kom̃en/ und
im Stall ein Gaißbock queckitzen gehoͤrt/ holla/ ſagt der Alte/
was iſt das? dann er wuſte nit/ daß ſein Weib durch die Arbeit
ſolchen verdient/ der Gaißbock iſt villeicht entfreınbt worden?
Tob. 1.
v.
21.
wann dem alſo/ ſo gebt denſelben geſchwind widerum ſeinen
Herꝛn. Videte, ne fortè furtivus ſit, reddite, &c. Als wolte
er ſagen/ ich moͤchte nit gern einen Strohalm in/ und an mei-
ner alten Huͤtten haben/ der einem andern zugehoͤret/ ich will
meinem Sohn nit einen geſtumpfften Beſen uͤberlaſſen/ der
nit mein iſt/ ꝛc. O mein lieber Sohn! ſprach er einmahl zu ihm:
Pauperem quidem, &c. Wir ſeynd zwar arm/ und wann ich
auch gute Augen hette/ ſo thaͤt mich das Silber und Gold nit
blend[e]n; aber ſeye du deſſenthalben nit kleinmuͤthig/ das weni-
ge was wir haben/ ıſt gerecht/ und ſo wir anbey werden GOtt
foͤrchten/ Multa bona habebimus, &c. Da werden die Guͤter
nit außbleiben. Der Alte iſt ein Prophet geweſen; dann nit
lang hernach der juͤngere Tobias, ſein Sohn/ einen ſtattli-
chen Heyrath getreffen/ wodurch er zu einer uͤberaus groſſer
Erbſchafft gelangt. Wie ſegnet doch GOtt einen gerechten
Pfenning?

Wolan dann Signore, lieb dein Weib und Kinder/ aber nit
wie Judas, der das Gelt geſtohlen/ diebiſch abgetragen/ und ſol-
ches den Seinigen angehengt: Liebe Weib und Kinder/ aber be-
reiche dieſelbige nit mit frembden Gut/ wodurch ſie mehr in Ar-
muth gerathen: liebe Weib und Kinder/ aber ſchlag ihrenthal-
ben dein aignes Seelen-Hayl nit in die Schantz: liebe Weib
und Kinder/ aber laſſe denenſelben kein ungerechten Pfenning/
der ſie nachmahls auch in die Verdambnuß ſtuͤrtze: liebe Weib
und Kinder/ aber gedencke/ daß dir das Hemmet naͤher als der
Rock/ die Seel lieber/ als die Blutsverwandſchafft: liebe
Weib und Kinder/ aber beleidige GOtt den HErꝛn hierdurch
nicht: liebe Weib und Kinder/ aber verlaſſe ihnen keine unge-
rechte Mittel/ lieber gar nichts/ ſondern GOtt allein zu einem

Freund/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0302" n="290"/><fw place="top" type="header">Judas &#x017F;tihlt das Geld aus der <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;&#x017F;a</hi></fw><lb/>
nit berichten; als er/ der Vatter einmal nach Hauß kom&#x0303;en/ und<lb/>
im Stall ein <hi rendition="#fr">G</hi>aißbock queckitzen geho&#x0364;rt/ holla/ &#x017F;agt der Alte/<lb/>
was i&#x017F;t das? dann er wu&#x017F;te nit/ daß &#x017F;ein Weib durch die Arbeit<lb/>
&#x017F;olchen verdient/ der Gaißbock i&#x017F;t villeicht entfre&#x0131;nbt worden?<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Tob. 1.<lb/>
v.</hi> 21.</note>wann dem al&#x017F;o/ &#x017F;o gebt den&#x017F;elben ge&#x017F;chwind widerum &#x017F;einen<lb/>
Her&#xA75B;n. <hi rendition="#aq">Videte, ne fortè furtivus &#x017F;it, reddite, &amp;c.</hi> Als wolte<lb/>
er &#x017F;agen/ ich mo&#x0364;chte nit gern einen Strohalm in/ und an mei-<lb/>
ner alten Hu&#x0364;tten haben/ der einem andern zugeho&#x0364;ret/ ich will<lb/>
meinem Sohn nit einen ge&#x017F;tumpfften Be&#x017F;en u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en/ der<lb/>
nit mein i&#x017F;t/ &#xA75B;c. O mein lieber Sohn! &#x017F;prach er einmahl zu ihm:<lb/><hi rendition="#aq">Pauperem quidem, &amp;c.</hi> Wir &#x017F;eynd zwar arm/ und wann ich<lb/>
auch gute Augen hette/ &#x017F;o tha&#x0364;t mich das Silber und Gold nit<lb/>
blend<supplied>e</supplied>n; aber &#x017F;eye du de&#x017F;&#x017F;enthalben nit kleinmu&#x0364;thig/ das weni-<lb/>
ge was wir haben/ &#x0131;&#x017F;t gerecht/ und &#x017F;o wir anbey werden GOtt<lb/>
fo&#x0364;rchten/ <hi rendition="#aq">Multa bona habebimus, &amp;c.</hi> Da werden die Gu&#x0364;ter<lb/>
nit außbleiben. Der Alte i&#x017F;t ein Prophet gewe&#x017F;en; dann nit<lb/>
lang hernach der ju&#x0364;ngere <hi rendition="#aq">Tobias,</hi> &#x017F;ein Sohn/ einen &#x017F;tattli-<lb/>
chen Heyrath getreffen/ wodurch er zu einer u&#x0364;beraus gro&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Erb&#x017F;chafft gelangt. Wie &#x017F;egnet doch GOtt einen gerechten<lb/>
Pfenning?</p><lb/>
        <p>Wolan dann <hi rendition="#aq">Signore,</hi> lieb dein Weib und Kinder/ aber nit<lb/>
wie <hi rendition="#aq">Judas,</hi> der das Gelt ge&#x017F;tohlen/ diebi&#x017F;ch abgetragen/ und &#x017F;ol-<lb/>
ches den Seinigen angehengt: Liebe Weib und Kinder/ aber be-<lb/>
reiche die&#x017F;elbige nit mit frembden Gut/ wodurch &#x017F;ie mehr in Ar-<lb/>
muth gerathen: liebe Weib und Kinder/ aber &#x017F;chlag ihrenthal-<lb/>
ben dein aignes Seelen-Hayl nit in die Schantz: liebe Weib<lb/>
und Kinder/ aber la&#x017F;&#x017F;e denen&#x017F;elben kein ungerechten Pfenning/<lb/>
der &#x017F;ie nachmahls auch in die Verdambnuß &#x017F;tu&#x0364;rtze: liebe Weib<lb/>
und Kinder/ aber gedencke/ daß dir das Hemmet na&#x0364;her als der<lb/>
Rock/ die Seel lieber/ als die Blutsverwand&#x017F;chafft: liebe<lb/>
Weib und Kinder/ aber beleidige GOtt den HEr&#xA75B;n hierdurch<lb/>
nicht: liebe Weib und Kinder/ aber verla&#x017F;&#x017F;e ihnen keine unge-<lb/>
rechte <hi rendition="#fr">M</hi>ittel/ lieber gar nichts/ &#x017F;ondern GOtt allein zu einem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Freund/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0302] Judas ſtihlt das Geld aus der Caſſa nit berichten; als er/ der Vatter einmal nach Hauß kom̃en/ und im Stall ein Gaißbock queckitzen gehoͤrt/ holla/ ſagt der Alte/ was iſt das? dann er wuſte nit/ daß ſein Weib durch die Arbeit ſolchen verdient/ der Gaißbock iſt villeicht entfreınbt worden? wann dem alſo/ ſo gebt denſelben geſchwind widerum ſeinen Herꝛn. Videte, ne fortè furtivus ſit, reddite, &c. Als wolte er ſagen/ ich moͤchte nit gern einen Strohalm in/ und an mei- ner alten Huͤtten haben/ der einem andern zugehoͤret/ ich will meinem Sohn nit einen geſtumpfften Beſen uͤberlaſſen/ der nit mein iſt/ ꝛc. O mein lieber Sohn! ſprach er einmahl zu ihm: Pauperem quidem, &c. Wir ſeynd zwar arm/ und wann ich auch gute Augen hette/ ſo thaͤt mich das Silber und Gold nit blenden; aber ſeye du deſſenthalben nit kleinmuͤthig/ das weni- ge was wir haben/ ıſt gerecht/ und ſo wir anbey werden GOtt foͤrchten/ Multa bona habebimus, &c. Da werden die Guͤter nit außbleiben. Der Alte iſt ein Prophet geweſen; dann nit lang hernach der juͤngere Tobias, ſein Sohn/ einen ſtattli- chen Heyrath getreffen/ wodurch er zu einer uͤberaus groſſer Erbſchafft gelangt. Wie ſegnet doch GOtt einen gerechten Pfenning? Tob. 1. v. 21. Wolan dann Signore, lieb dein Weib und Kinder/ aber nit wie Judas, der das Gelt geſtohlen/ diebiſch abgetragen/ und ſol- ches den Seinigen angehengt: Liebe Weib und Kinder/ aber be- reiche dieſelbige nit mit frembden Gut/ wodurch ſie mehr in Ar- muth gerathen: liebe Weib und Kinder/ aber ſchlag ihrenthal- ben dein aignes Seelen-Hayl nit in die Schantz: liebe Weib und Kinder/ aber laſſe denenſelben kein ungerechten Pfenning/ der ſie nachmahls auch in die Verdambnuß ſtuͤrtze: liebe Weib und Kinder/ aber gedencke/ daß dir das Hemmet naͤher als der Rock/ die Seel lieber/ als die Blutsverwandſchafft: liebe Weib und Kinder/ aber beleidige GOtt den HErꝛn hierdurch nicht: liebe Weib und Kinder/ aber verlaſſe ihnen keine unge- rechte Mittel/ lieber gar nichts/ ſondern GOtt allein zu einem Freund/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/302
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/302>, abgerufen am 04.12.2024.