Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite
Judas hat Gott an keinem andern Ort verrathen/

Weil ein grosse Theurung eingefallen/ also muste nothwen-
diger Weis der Jsaac in ein anders Land gehen/ wie er sich dann
Gen. 26.nacher Gerara zu dem Abimelech begeben/ weil aber sein Frau die
Rebecca ein inniglich schönes Weibs Bild ware/ also hat er sol-
che für seine Schwester ausgeben/ aus Forcht/ wann er selbe solt
für sein Weib halten/ daß nicht etwan ein oder der andere saubere
Gesell daselbst/ ihme möchte den Rest geben/ damit sie hernach-
mals er bekommen könte; was ist doch für ein Elend mit einem
Weib/ ist sie schändlich/ wüst und ungestalt/ so möcht einem
selbst darvor grausen ab einem solchen Schmier-Kübel: Jst sie
schön und wolgestalt/ so ist er vor denen Accessisten nicht sicher.
Jndeme sich nun Jsaac eine Zeitlang zu Gerara hat aufgehalten/
da hat der Abimelech zum Fenster hinaus geschaut/ und wahr ge-
nommen/ daß der Jsaac mit seiner Rebecca gantz freundlich ge-
schertzet.

Lyranus schöpsset aus dieser Geschicht eine sittliche Lehr/ und
spricht: daß durch den Jsaac der Geist/ oder die Seel/ durch die
Rebecca aber Caro, das Fleisch/ oder der Leib könne verstanden
werden/ weil diese beede zusammen gehören/ benanntlich Leib und
Seel/ weil sie/ wie Jsaac und Rebecca mit einander hausen müs-
sen/ so gehet es schon hin/ ja es geschicht recht und wol/ wann zu-
weilen der Geist den Leib/ gleichwie Jsaac der Rebecca/ auch schön
thut/ und ihn in etwas liebkoset/ welches da geschicht durch ein
zulässige Ergötzlichkeit.

Wie die Aposteln auf ein Zeit zu unserm HERRN von
ihren Verrichtungen wieder seynd zuruck kommen/ und alles umb-
ständig erzehlet/ was sie guts geschafft haben/ da hat sie unser
Lieber HERR an ein einsames Ort/ wo alles schön grün und an-
nemlich war/ geführet/ und ihnen anbey befohlen/ sie sollen ein
Marc. 6.Weil ruhen/ pausiren/ verschnauffen und sich erquicken: Veni-
te seorsum & requiescite pusillum.
Allzubekannt ist jene Ge-
schicht mit dem Heiligen Evangelisten Joanne/ welcher sich eine
zimliche Zeit in der Wüsten und Einöde aufgehalten/ und daselbst
allerley wnnderbarliche Offenbarungen von GOTT gehabt;

zu
Judas hat Gott an keinem andern Ort verrathen/

Weil ein groſſe Theurung eingefallen/ alſo muſte nothwen-
diger Weis der Jſaac in ein anders Land gehen/ wie er ſich dann
Gen. 26.nacher Gerara zu dem Abimelech begeben/ weil aber ſein Frau die
Rebecca ein inniglich ſchoͤnes Weibs Bild ware/ alſo hat er ſol-
che fuͤr ſeine Schweſter ausgeben/ aus Forcht/ wann er ſelbe ſolt
fuͤr ſein Weib halten/ daß nicht etwan ein oder der andere ſaubere
Geſell daſelbſt/ ihme moͤchte den Reſt geben/ damit ſie hernach-
mals er bekommen koͤnte; was iſt doch fuͤr ein Elend mit einem
Weib/ iſt ſie ſchaͤndlich/ wuͤſt und ungeſtalt/ ſo moͤcht einem
ſelbſt darvor grauſen ab einem ſolchen Schmier-Kuͤbel: Jſt ſie
ſchoͤn und wolgeſtalt/ ſo iſt er vor denen Acceſſiſten nicht ſicher.
Jndeme ſich nun Jſaac eine Zeitlang zu Gerara hat aufgehalten/
da hat der Abimelech zum Fenſter hinaus geſchaut/ und wahr ge-
nommen/ daß der Jſaac mit ſeiner Rebecca gantz freundlich ge-
ſchertzet.

Lyranus ſchoͤpſſet aus dieſer Geſchicht eine ſittliche Lehr/ und
ſpricht: daß durch den Jſaac der Geiſt/ oder die Seel/ durch die
Rebecca aber Caro, das Fleiſch/ oder der Leib koͤnne verſtanden
werden/ weil dieſe beede zuſammen gehoͤren/ benanntlich Leib und
Seel/ weil ſie/ wie Jſaac und Rebecca mit einander hauſen muͤſ-
ſen/ ſo gehet es ſchon hin/ ja es geſchicht recht und wol/ wann zu-
weilen der Geiſt den Leib/ gleichwie Jſaac der Rebecca/ auch ſchoͤn
thut/ und ihn in etwas liebkoſet/ welches da geſchicht durch ein
zulaͤſſige Ergoͤtzlichkeit.

Wie die Apoſteln auf ein Zeit zu unſerm HERRN von
ihren Verrichtungen wieder ſeynd zuruck kommen/ und alles umb-
ſtaͤndig erzehlet/ was ſie guts geſchafft haben/ da hat ſie unſer
Lieber HERR an ein einſames Ort/ wo alles ſchoͤn gruͤn und an-
nemlich war/ gefuͤhret/ und ihnen anbey befohlen/ ſie ſollen ein
Marc. 6.Weil ruhen/ pauſiren/ verſchnauffen und ſich erquicken: Veni-
te ſeorſum & requieſcite puſillum.
Allzubekannt iſt jene Ge-
ſchicht mit dem Heiligen Evangeliſten Joanne/ welcher ſich eine
zimliche Zeit in der Wuͤſten und Einoͤde aufgehalten/ und daſelbſt
allerley wnnderbarliche Offenbarungen von GOTT gehabt;

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0448" n="436"/>
        <fw type="header" place="top">Judas hat Gott an keinem andern Ort verrathen/</fw><lb/>
        <p>Weil ein gro&#x017F;&#x017F;e Theurung eingefallen/ al&#x017F;o mu&#x017F;te nothwen-<lb/>
diger Weis der J&#x017F;aac in ein anders Land gehen/ wie er &#x017F;ich dann<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Gen.</hi> 26.</note>nacher Gerara zu dem Abimelech begeben/ weil aber &#x017F;ein Frau die<lb/>
Rebecca ein inniglich &#x017F;cho&#x0364;nes Weibs Bild ware/ al&#x017F;o hat er &#x017F;ol-<lb/>
che fu&#x0364;r &#x017F;eine Schwe&#x017F;ter ausgeben/ aus Forcht/ wann er &#x017F;elbe &#x017F;olt<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ein Weib halten/ daß nicht etwan ein oder der andere &#x017F;aubere<lb/>
Ge&#x017F;ell da&#x017F;elb&#x017F;t/ ihme mo&#x0364;chte den Re&#x017F;t geben/ damit &#x017F;ie hernach-<lb/>
mals er bekommen ko&#x0364;nte; was i&#x017F;t doch fu&#x0364;r ein Elend mit einem<lb/>
Weib/ i&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;cha&#x0364;ndlich/ wu&#x0364;&#x017F;t und unge&#x017F;talt/ &#x017F;o mo&#x0364;cht einem<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t darvor grau&#x017F;en ab einem &#x017F;olchen Schmier-Ku&#x0364;bel: J&#x017F;t &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n und wolge&#x017F;talt/ &#x017F;o i&#x017F;t er vor denen <hi rendition="#aq">Acce&#x017F;&#x017F;i&#x017F;t</hi>en nicht &#x017F;icher.<lb/>
Jndeme &#x017F;ich nun J&#x017F;aac eine Zeitlang zu Gerara hat aufgehalten/<lb/>
da hat der Abimelech zum Fen&#x017F;ter hinaus ge&#x017F;chaut/ und wahr ge-<lb/>
nommen/ daß der J&#x017F;aac mit &#x017F;einer Rebecca gantz freundlich ge-<lb/>
&#x017F;chertzet.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Lyranus</hi> &#x017F;cho&#x0364;p&#x017F;&#x017F;et aus die&#x017F;er Ge&#x017F;chicht eine &#x017F;ittliche Lehr/ und<lb/>
&#x017F;pricht: daß durch den J&#x017F;aac der Gei&#x017F;t/ oder die Seel/ durch die<lb/>
Rebecca aber <hi rendition="#aq">Caro,</hi> das Flei&#x017F;ch/ oder der Leib ko&#x0364;nne ver&#x017F;tanden<lb/>
werden/ weil die&#x017F;e beede zu&#x017F;ammen geho&#x0364;ren/ benanntlich Leib und<lb/>
Seel/ weil &#x017F;ie/ wie J&#x017F;aac und Rebecca mit einander hau&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ &#x017F;o gehet es &#x017F;chon hin/ ja es ge&#x017F;chicht recht und wol/ wann zu-<lb/>
weilen der Gei&#x017F;t den Leib/ gleichwie J&#x017F;aac der Rebecca/ auch &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
thut/ und ihn in etwas liebko&#x017F;et/ welches da ge&#x017F;chicht durch ein<lb/>
zula&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Ergo&#x0364;tzlichkeit.</p><lb/>
        <p>Wie die Apo&#x017F;teln auf ein Zeit zu un&#x017F;erm HERRN von<lb/>
ihren Verrichtungen wieder &#x017F;eynd zuruck kommen/ und alles umb-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig erzehlet/ was &#x017F;ie guts ge&#x017F;chafft haben/ da hat &#x017F;ie un&#x017F;er<lb/>
Lieber HERR an ein ein&#x017F;ames Ort/ wo alles &#x017F;cho&#x0364;n gru&#x0364;n und an-<lb/>
nemlich war/ gefu&#x0364;hret/ und ihnen anbey befohlen/ &#x017F;ie &#x017F;ollen ein<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Marc.</hi> 6.</note>Weil ruhen/ pau&#x017F;iren/ ver&#x017F;chnauffen und &#x017F;ich erquicken: <hi rendition="#aq">Veni-<lb/>
te &#x017F;eor&#x017F;um &amp; requie&#x017F;cite pu&#x017F;illum.</hi> Allzubekannt i&#x017F;t jene Ge-<lb/>
&#x017F;chicht mit dem Heiligen Evangeli&#x017F;ten Joanne/ welcher &#x017F;ich eine<lb/>
zimliche Zeit in der Wu&#x0364;&#x017F;ten und Eino&#x0364;de aufgehalten/ und da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
allerley wnnderbarliche Offenbarungen von GOTT gehabt;<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">zu</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[436/0448] Judas hat Gott an keinem andern Ort verrathen/ Weil ein groſſe Theurung eingefallen/ alſo muſte nothwen- diger Weis der Jſaac in ein anders Land gehen/ wie er ſich dann nacher Gerara zu dem Abimelech begeben/ weil aber ſein Frau die Rebecca ein inniglich ſchoͤnes Weibs Bild ware/ alſo hat er ſol- che fuͤr ſeine Schweſter ausgeben/ aus Forcht/ wann er ſelbe ſolt fuͤr ſein Weib halten/ daß nicht etwan ein oder der andere ſaubere Geſell daſelbſt/ ihme moͤchte den Reſt geben/ damit ſie hernach- mals er bekommen koͤnte; was iſt doch fuͤr ein Elend mit einem Weib/ iſt ſie ſchaͤndlich/ wuͤſt und ungeſtalt/ ſo moͤcht einem ſelbſt darvor grauſen ab einem ſolchen Schmier-Kuͤbel: Jſt ſie ſchoͤn und wolgeſtalt/ ſo iſt er vor denen Acceſſiſten nicht ſicher. Jndeme ſich nun Jſaac eine Zeitlang zu Gerara hat aufgehalten/ da hat der Abimelech zum Fenſter hinaus geſchaut/ und wahr ge- nommen/ daß der Jſaac mit ſeiner Rebecca gantz freundlich ge- ſchertzet. Gen. 26. Lyranus ſchoͤpſſet aus dieſer Geſchicht eine ſittliche Lehr/ und ſpricht: daß durch den Jſaac der Geiſt/ oder die Seel/ durch die Rebecca aber Caro, das Fleiſch/ oder der Leib koͤnne verſtanden werden/ weil dieſe beede zuſammen gehoͤren/ benanntlich Leib und Seel/ weil ſie/ wie Jſaac und Rebecca mit einander hauſen muͤſ- ſen/ ſo gehet es ſchon hin/ ja es geſchicht recht und wol/ wann zu- weilen der Geiſt den Leib/ gleichwie Jſaac der Rebecca/ auch ſchoͤn thut/ und ihn in etwas liebkoſet/ welches da geſchicht durch ein zulaͤſſige Ergoͤtzlichkeit. Wie die Apoſteln auf ein Zeit zu unſerm HERRN von ihren Verrichtungen wieder ſeynd zuruck kommen/ und alles umb- ſtaͤndig erzehlet/ was ſie guts geſchafft haben/ da hat ſie unſer Lieber HERR an ein einſames Ort/ wo alles ſchoͤn gruͤn und an- nemlich war/ gefuͤhret/ und ihnen anbey befohlen/ ſie ſollen ein Weil ruhen/ pauſiren/ verſchnauffen und ſich erquicken: Veni- te ſeorſum & requieſcite puſillum. Allzubekannt iſt jene Ge- ſchicht mit dem Heiligen Evangeliſten Joanne/ welcher ſich eine zimliche Zeit in der Wuͤſten und Einoͤde aufgehalten/ und daſelbſt allerley wnnderbarliche Offenbarungen von GOTT gehabt; zu Marc. 6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/448
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/448>, abgerufen am 04.12.2024.