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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas ein Dieb Geistlicher Güter.
mächtige GOtt an einem solchen Ort das Lachen nit leiden/ wie
mißfällig wird es dann ihme fallen/ wann man daselbst raubt und
stihlt. Allen solchen verruchten Leuthen kan die Göttliche Straff
nit lang ausbleiben.

An einem Orth/ Schönfeld genannt/ hat sich ein kecker
Dieb unterfangen/ aus der Kirchen deß H. AEthelberti einen| schö-
nen und kostbaren Teppich zu rauben/ massen er durch die Maur
zur ebner Erde ein Loch gemacht/ wodurch er gar leicht/ und ohne
einige Beschwernus hat können hinein schlieffen: wie er aber mit
der reichen Beuth wiederumb wolte den Ruck-Weg nehmen/ und
bereits mit dem halben Leib unter dem Loch begriffen/ da hat sich
durch sondere Verhängnus GOttes die obere Maur also auf sei-
nen Rucken gesenckt/ das er weder für sich/ noch hinter sich kunte/
und so lang muste verbleiben/ biß deß andern Tags männiglich zu
diesem Spectacul kommen. Wie nun der Gottlose Kirchenrau-
ber vor allem Volck zuschanden worden/ da hat sich wunderbar-
lich die Maur wider in die Höhe gehebt/ und der vermessene Dieb
gar leicht seinen Ausgang gewonnen.

O verruchte/ verfluchte Hand Malchi! welche sich so weit
vermessen/ daß sie so gar dem Göttlichen Angesicht CHristi deß
HErrn/ welches alle Englische Geister mit so grosser Ehren-
bietsamkeit anbeten/ ein harten Backenstreich versetzt: soll dann
nit Donner und Hagel diese Schmach gerechnet haben? soll dann
nit Feuer und Flammen sich ihres Erschöpffers angenommen ha-
ben? soll dann die Erd diesen Bößwicht nit lebendig verschlickt ha-
ben? soll dann der Lufft haben diese Unthat ungerochner lassen|?
soll dann das Wasser/ ob es schon eines weichmüthigen Her-
tzens/ nit hart verfahren seyn mit diesem vermessenen Bößwicht?
nichts ist geschehen/ geschehen ist nichts weiter/ als daß der sanfft-
müthigste Heyland in diese kurtze Wort ausgebrochen: Cur me
caedis?
Warumb schlagst du mich. Entgegen unterstehet sich
einmahl der König Jeroboam den Propheten deß HERRN in
dem Tempel zu fangen/ und so bald er nur die Hand ausgestreckt

ge-

Judas ein Dieb Geiſtlicher Guͤter.
maͤchtige GOtt an einem ſolchen Ort das Lachen nit leiden/ wie
mißfaͤllig wird es dann ihme fallen/ wann man daſelbſt raubt und
ſtihlt. Allen ſolchen verruchten Leuthen kan die Goͤttliche Straff
nit lang ausbleiben.

An einem Orth/ Schoͤnfeld genannt/ hat ſich ein kecker
Dieb unterfangen/ aus der Kirchen deß H. Æthelberti einen| ſchoͤ-
nen und koſtbaren Teppich zu rauben/ maſſen er durch die Maur
zur ebner Erde ein Loch gemacht/ wodurch er gar leicht/ und ohne
einige Beſchwernus hat koͤnnen hinein ſchlieffen: wie er aber mit
der reichen Beuth wiederumb wolte den Ruck-Weg nehmen/ und
bereits mit dem halben Leib unter dem Loch begriffen/ da hat ſich
durch ſondere Verhaͤngnus GOttes die obere Maur alſo auf ſei-
nen Rucken geſenckt/ das er weder fuͤr ſich/ noch hinter ſich kunte/
und ſo lang muſte verbleiben/ biß deß andern Tags maͤnniglich zu
dieſem Spectacul kommen. Wie nun der Gottloſe Kirchenrau-
ber vor allem Volck zuſchanden worden/ da hat ſich wunderbar-
lich die Maur wider in die Hoͤhe gehebt/ und der vermeſſene Dieb
gar leicht ſeinen Ausgang gewonnen.

O verruchte/ verfluchte Hand Malchi! welche ſich ſo weit
vermeſſen/ daß ſie ſo gar dem Goͤttlichen Angeſicht CHriſti deß
HErꝛn/ welches alle Engliſche Geiſter mit ſo groſſer Ehren-
bietſamkeit anbeten/ ein harten Backenſtreich verſetzt: ſoll dann
nit Donner und Hagel dieſe Schmach gerechnet haben? ſoll dann
nit Feuer und Flammen ſich ihres Erſchoͤpffers angenommen ha-
ben? ſoll dann die Erd dieſen Boͤßwicht nit lebendig verſchlickt ha-
ben? ſoll dann der Lufft haben dieſe Unthat ungerochner laſſen|?
ſoll dann das Waſſer/ ob es ſchon eines weichmuͤthigen Her-
tzens/ nit hart verfahren ſeyn mit dieſem vermeſſenen Boͤßwicht?
nichts iſt geſchehen/ geſchehen iſt nichts weiter/ als daß der ſanfft-
muͤthigſte Heyland in dieſe kurtze Wort ausgebrochen: Cur me
cædis?
Warumb ſchlagſt du mich. Entgegen unterſtehet ſich
einmahl der Koͤnig Jeroboam den Propheten deß HERRN in
dem Tempel zu fangen/ und ſo bald er nur die Hand ausgeſtreckt

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[63/0075] Judas ein Dieb Geiſtlicher Guͤter. maͤchtige GOtt an einem ſolchen Ort das Lachen nit leiden/ wie mißfaͤllig wird es dann ihme fallen/ wann man daſelbſt raubt und ſtihlt. Allen ſolchen verruchten Leuthen kan die Goͤttliche Straff nit lang ausbleiben. An einem Orth/ Schoͤnfeld genannt/ hat ſich ein kecker Dieb unterfangen/ aus der Kirchen deß H. Æthelberti einen| ſchoͤ- nen und koſtbaren Teppich zu rauben/ maſſen er durch die Maur zur ebner Erde ein Loch gemacht/ wodurch er gar leicht/ und ohne einige Beſchwernus hat koͤnnen hinein ſchlieffen: wie er aber mit der reichen Beuth wiederumb wolte den Ruck-Weg nehmen/ und bereits mit dem halben Leib unter dem Loch begriffen/ da hat ſich durch ſondere Verhaͤngnus GOttes die obere Maur alſo auf ſei- nen Rucken geſenckt/ das er weder fuͤr ſich/ noch hinter ſich kunte/ und ſo lang muſte verbleiben/ biß deß andern Tags maͤnniglich zu dieſem Spectacul kommen. Wie nun der Gottloſe Kirchenrau- ber vor allem Volck zuſchanden worden/ da hat ſich wunderbar- lich die Maur wider in die Hoͤhe gehebt/ und der vermeſſene Dieb gar leicht ſeinen Ausgang gewonnen. O verruchte/ verfluchte Hand Malchi! welche ſich ſo weit vermeſſen/ daß ſie ſo gar dem Goͤttlichen Angeſicht CHriſti deß HErꝛn/ welches alle Engliſche Geiſter mit ſo groſſer Ehren- bietſamkeit anbeten/ ein harten Backenſtreich verſetzt: ſoll dann nit Donner und Hagel dieſe Schmach gerechnet haben? ſoll dann nit Feuer und Flammen ſich ihres Erſchoͤpffers angenommen ha- ben? ſoll dann die Erd dieſen Boͤßwicht nit lebendig verſchlickt ha- ben? ſoll dann der Lufft haben dieſe Unthat ungerochner laſſen|? ſoll dann das Waſſer/ ob es ſchon eines weichmuͤthigen Her- tzens/ nit hart verfahren ſeyn mit dieſem vermeſſenen Boͤßwicht? nichts iſt geſchehen/ geſchehen iſt nichts weiter/ als daß der ſanfft- muͤthigſte Heyland in dieſe kurtze Wort ausgebrochen: Cur me cædis? Warumb ſchlagſt du mich. Entgegen unterſtehet ſich einmahl der Koͤnig Jeroboam den Propheten deß HERRN in dem Tempel zu fangen/ und ſo bald er nur die Hand ausgeſtreckt ge-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/75>, abgerufen am 30.11.2024.