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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Liebe der Feinde.
Unwillen nicht mercken lassen; sondern auch verhindert/ daß selbige bey der
Obrigkeit nicht seynd angeklagt worden.

12. Sehest du wohl/ mein Christliche Seel/ wie männlich sich diese Jung-
fraw gehalten/ und wie sie ihre Feinde geliebet habe? wohlan dann/ so seye
nicht zu faul dem jenigen nachzuleben/ so du zum Zeugen deiner Seelen ange-
hörest. Lasse ab/ lasse ab/ über die jenige forthin zu klagen/ die dir übel geneigt
seynd: lasse ab zu lamentiren/ da du nun handgreifflich in Erfahrung kom-
men bist/ daß selbige vielmehr deine Freunde zu schätzen seyen/ als andere so
dir seynd zugethan. Nehme zu Hertzen diesen Schluß eines sehr geistreichen
Manns/ Krafft dessen er einem jeden also rathet: wann einer unter den Brü-
dern oder Schwestern deß Closters ist/ der dir vor allen andern übel geneigt
ist; der dich mit vielfältigem Unbill plaget/ und dir mit Schmäh-Worten/
übel Nachreden und anderen Feindseligkeiten überlästig ist; so halte du sicher-
lich darfür/ daß dieser ein Engel GOttes seye/ durch welchen dir GOtt seine
Barmhertzigkeit mittheile: so müssest du den als deinen sonderbahren Wohl-
thäter bester massen verehren. Deßgleichen solls du auch andern thuen/ wel-
che dich nicht auffsetzlich belästigen; als da seynd die offenbahre Ubertretter
der Ordens-Satzungen und Regulen/ die Verfolger der frommen Geistli-
chen; die jenige auch/ so die löbliche Strengheit und gute Gebräuch deß Or-
dens suchen zu vernichtigen; und dergleichen/ welche dir Ursach einer Be-
trübnuß geben/ für selbige solst du GOTT bitten/ auff daß er sie der ewigen
Straff mildvätterlich entziehen wolle: wann du dieses also fleissig halten
wirst/ so versichere ich dich/ daß du alle Bewegungen deß Zorns oder Rachs/
den innerlichen Unwillen sampt vielen anderen unordentlichen Begierden im
Zaum halten/ und hergegen eine gewünschte Zufriedenheit und geistliche
Frewd neben andern fürtrefflichen Wirckungen in dein Hertz pflantzen wer-
dest. Nehme derohalben diese GOtt gefällige Lehr an/ wann du mit
den Kindern Gottes wilst haben das ewige Leben.



Die
K

Von der Liebe der Feinde.
Unwillen nicht mercken laſſen; ſondern auch verhindert/ daß ſelbige bey der
Obrigkeit nicht ſeynd angeklagt worden.

12. Seheſt du wohl/ mein Chriſtliche Seel/ wie maͤnnlich ſich dieſe Jung-
fraw gehalten/ und wie ſie ihre Feinde geliebet habe? wohlan dann/ ſo ſeye
nicht zu faul dem jenigen nachzuleben/ ſo du zum Zeugen deiner Seelen ange-
hoͤreſt. Laſſe ab/ laſſe ab/ uͤber die jenige forthin zu klagen/ die dir uͤbel geneigt
ſeynd: laſſe ab zu lamentiren/ da du nun handgreifflich in Erfahrung kom-
men biſt/ daß ſelbige vielmehr deine Freunde zu ſchaͤtzen ſeyen/ als andere ſo
dir ſeynd zugethan. Nehme zu Hertzen dieſen Schluß eines ſehr geiſtreichen
Manns/ Krafft deſſen er einem jeden alſo rathet: wann einer unter den Bruͤ-
dern oder Schweſtern deß Cloſters iſt/ der dir vor allen andern uͤbel geneigt
iſt; der dich mit vielfaͤltigem Unbill plaget/ und dir mit Schmaͤh-Worten/
uͤbel Nachreden und anderen Feindſeligkeiten uͤberlaͤſtig iſt; ſo halte du ſicher-
lich darfuͤr/ daß dieſer ein Engel GOttes ſeye/ durch welchen dir GOtt ſeine
Barmhertzigkeit mittheile: ſo muͤſſeſt du den als deinen ſonderbahren Wohl-
thaͤter beſter maſſen verehren. Deßgleichen ſolls du auch andern thuen/ wel-
che dich nicht auffſetzlich belaͤſtigen; als da ſeynd die offenbahre Ubertretter
der Ordens-Satzungen und Regulen/ die Verfolger der frommen Geiſtli-
chen; die jenige auch/ ſo die loͤbliche Strengheit und gute Gebraͤuch deß Or-
dens ſuchen zu vernichtigen; und dergleichen/ welche dir Urſach einer Be-
truͤbnuß geben/ fuͤr ſelbige ſolſt du GOTT bitten/ auff daß er ſie der ewigen
Straff mildvaͤtterlich entziehen wolle: wann du dieſes alſo fleiſſig halten
wirſt/ ſo verſichere ich dich/ daß du alle Bewegungen deß Zorns oder Rachs/
den innerlichen Unwillen ſampt vielen anderen unordentlichen Begierden im
Zaum halten/ und hergegen eine gewuͤnſchte Zufriedenheit und geiſtliche
Frewd neben andern fuͤrtrefflichen Wirckungen in dein Hertz pflantzen wer-
deſt. Nehme derohalben dieſe GOtt gefaͤllige Lehr an/ wann du mit
den Kindern Gottes wilſt haben das ewige Leben.



Die
K
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[73/0101] Von der Liebe der Feinde. Unwillen nicht mercken laſſen; ſondern auch verhindert/ daß ſelbige bey der Obrigkeit nicht ſeynd angeklagt worden. 12. Seheſt du wohl/ mein Chriſtliche Seel/ wie maͤnnlich ſich dieſe Jung- fraw gehalten/ und wie ſie ihre Feinde geliebet habe? wohlan dann/ ſo ſeye nicht zu faul dem jenigen nachzuleben/ ſo du zum Zeugen deiner Seelen ange- hoͤreſt. Laſſe ab/ laſſe ab/ uͤber die jenige forthin zu klagen/ die dir uͤbel geneigt ſeynd: laſſe ab zu lamentiren/ da du nun handgreifflich in Erfahrung kom- men biſt/ daß ſelbige vielmehr deine Freunde zu ſchaͤtzen ſeyen/ als andere ſo dir ſeynd zugethan. Nehme zu Hertzen dieſen Schluß eines ſehr geiſtreichen Manns/ Krafft deſſen er einem jeden alſo rathet: wann einer unter den Bruͤ- dern oder Schweſtern deß Cloſters iſt/ der dir vor allen andern uͤbel geneigt iſt; der dich mit vielfaͤltigem Unbill plaget/ und dir mit Schmaͤh-Worten/ uͤbel Nachreden und anderen Feindſeligkeiten uͤberlaͤſtig iſt; ſo halte du ſicher- lich darfuͤr/ daß dieſer ein Engel GOttes ſeye/ durch welchen dir GOtt ſeine Barmhertzigkeit mittheile: ſo muͤſſeſt du den als deinen ſonderbahren Wohl- thaͤter beſter maſſen verehren. Deßgleichen ſolls du auch andern thuen/ wel- che dich nicht auffſetzlich belaͤſtigen; als da ſeynd die offenbahre Ubertretter der Ordens-Satzungen und Regulen/ die Verfolger der frommen Geiſtli- chen; die jenige auch/ ſo die loͤbliche Strengheit und gute Gebraͤuch deß Or- dens ſuchen zu vernichtigen; und dergleichen/ welche dir Urſach einer Be- truͤbnuß geben/ fuͤr ſelbige ſolſt du GOTT bitten/ auff daß er ſie der ewigen Straff mildvaͤtterlich entziehen wolle: wann du dieſes alſo fleiſſig halten wirſt/ ſo verſichere ich dich/ daß du alle Bewegungen deß Zorns oder Rachs/ den innerlichen Unwillen ſampt vielen anderen unordentlichen Begierden im Zaum halten/ und hergegen eine gewuͤnſchte Zufriedenheit und geiſtliche Frewd neben andern fuͤrtrefflichen Wirckungen in dein Hertz pflantzen wer- deſt. Nehme derohalben dieſe GOtt gefaͤllige Lehr an/ wann du mit den Kindern Gottes wilſt haben das ewige Leben. Die K

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/101>, abgerufen am 23.11.2024.