Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von dem freventlichen Vrtheil. Ubels in seinen Wercken wäre/ wann er nicht so allmächtig und gut wäre/daß er auch gutes thäte durch das Böse. Daß diesem aber also seye/ dieses sehen wir clärlich an dem Fürsten der Apostelen dem H. Petro; an dem E- vangelist Matthäo/ an der H. Maria Magdalena/ und vielen andern Sündern und Sünderinnen; die/ welche/ wann sie einmahl gefallen waren/ würden auch GOtt nicht so angenehm gewesen/ und annebeus viele hundert andere hätten sich unfehlbar in das ewige Verderben gestürtzet; so doch der fallende und Buß-fertige Petrus sambt vielen andern Büssenden auffgerich- tet/ zur Buß auffgemunter/ und endlich zur ewigen Seeligkeit ge- schickt hat. 15. Weiters/ ob schon die Sünden/ so von den Gottlosen begangen wer- 16. Damit
Von dem freventlichen Vrtheil. Ubels in ſeinen Wercken waͤre/ wann er nicht ſo allmaͤchtig und gut waͤre/daß er auch gutes thaͤte durch das Boͤſe. Daß dieſem aber alſo ſeye/ dieſes ſehen wir claͤrlich an dem Fuͤrſten der Apoſtelen dem H. Petro; an dem E- vangeliſt Matthaͤo/ an der H. Maria Magdalena/ und vielen andern Suͤndern und Suͤnderinnen; die/ welche/ wann ſie einmahl gefallen waren/ wuͤrden auch GOtt nicht ſo angenehm geweſen/ und annebeus viele hundert andere haͤtten ſich unfehlbar in das ewige Verderben geſtuͤrtzet; ſo doch der fallende und Buß-fertige Petrus ſambt vielen andern Buͤſſenden auffgerich- tet/ zur Buß auffgemunter/ und endlich zur ewigen Seeligkeit ge- ſchickt hat. 15. Weiters/ ob ſchon die Suͤnden/ ſo von den Gottloſen begangen wer- 16. Damit
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0123" n="95"/><fw place="top" type="header">Von dem freventlichen Vrtheil.</fw><lb/> Ubels in ſeinen Wercken waͤre/ wann er nicht ſo allmaͤchtig und gut waͤre/<lb/> daß er auch gutes thaͤte durch das Boͤſe. Daß dieſem aber alſo ſeye/ dieſes<lb/> ſehen wir claͤrlich an dem Fuͤrſten der Apoſtelen dem H. Petro; an dem E-<lb/> vangeliſt Matthaͤo/ an der H. Maria Magdalena/ und vielen andern<lb/> Suͤndern und Suͤnderinnen; die/ welche/ wann ſie einmahl gefallen waren/<lb/> wuͤrden auch GOtt nicht ſo angenehm geweſen/ und annebeus viele hundert<lb/> andere haͤtten ſich unfehlbar in das ewige Verderben geſtuͤrtzet; ſo doch der<lb/> fallende und Buß-fertige Petrus ſambt vielen andern Buͤſſenden auffgerich-<lb/> tet/ zur Buß auffgemunter/ und endlich zur ewigen Seeligkeit ge-<lb/> ſchickt hat.</p><lb/> <p>15. Weiters/ ob ſchon die Suͤnden/ ſo von den Gottloſen begangen wer-<lb/> den/ ihnen nicht zum Nutzen außſchlagen; ſo geſchehen ſie nichtsdeſtoweni-<lb/> ger zum Beſten der Außerwaͤhlten: dann gleich wie die natuͤrliche Ubeleu/<lb/> nach Zeugnuß deß H. Thomaͤ/ ſo insgeſambt geſchehen/ nicht allezeit ver-<note place="right"><hi rendition="#aq">Sup. c. 8.<lb/> Epiſt. ad<lb/> Rom.<lb/> lect.</hi> 6.</note><lb/> ordnet zum Beſten der jenigen/ denen ſie widerfahren; aber doch wohl zum<lb/> Beſten der ſaͤmbtlichen: alſo wird das Ubel der Schuld/ oder die Zulaſ-<lb/> ſung deſſen nicht allezeit erwaͤhlet deme zum Beſten/ dem die Suͤnd wird zu-<lb/> gelaſſen; aber doch wohl zum Beſten der edeleſten Theilen der ſaͤmbtlichen/<lb/> das iſt/ den Außerwaͤhlten. Nach dieſer vorgeſetzter unfehlbarn Lehr/ laſ-<lb/> ſet uns nun ſehen/ was fuͤr ein groſſe Boͤßheit ſeye/ daß/ ſo bald man einen<lb/> ſiehet ſuͤndigen/ alsdan denſelbigen unrechtfertiger Weiß richte; abſonder-<lb/> lich weilen man nicht/ ob der ſuͤndige Menſch zu der Zahl deren von GOtt<lb/> zur Seeligkeit verordneten/ oder zu der Zahl der Verdambten gehoͤre. Jſt<lb/> er unter den verordneten; ſo iſt gewiß/ daß die begangene Suͤnde ihme wird<lb/> gereichen zu mehreren Beſten ſeiner Seelen. Gehoͤrt aber der Suͤnder un-<lb/> ler die Gottloſe und Verworffene; ſo iſt auſſer allem Zweyffel/ daß die Suͤn-<lb/> de deſſelben zum Nutzen der Außerwaͤlten gedeyhen werde. Ob wir uns<lb/> nun wenden zu den Außerwaͤhlten oder zu den verworffenen; wir ſehen al-<lb/> lenthalben/ daß der guͤtige GOtt ihre ſaͤmbtliche Ubele zum beſten <supplied>E</supplied>nd auß-<lb/> ſchlagen laſſe. Was kan derowegen billiger erdacht werden/ als ſothanes<lb/> Urtheil Dieſer Urſachen halber hat der H. <hi rendition="#aq">Raymundus</hi> unter andern Hin-<lb/> terlaſſenſchafften auch an Statt eines Teſtaments ſeine Geiſtliche Kinder<lb/> ſonderbahr ermahnet; daß ſie die Tage ihres Lebens niemand ſolten Urtheilen:<lb/> und hat hinzugeſetzt/ daß es noͤthig ſeye zu Erhaltung einer wahren Reinig-<lb/> keit deß Hertzens/ daß man in allen Sachen den Willen GOttes bcobachte/<lb/> welcher zu einem erſprießlichen Ziehl und Ende alles zulaſſet.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">16. Damit</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0123]
Von dem freventlichen Vrtheil.
Ubels in ſeinen Wercken waͤre/ wann er nicht ſo allmaͤchtig und gut waͤre/
daß er auch gutes thaͤte durch das Boͤſe. Daß dieſem aber alſo ſeye/ dieſes
ſehen wir claͤrlich an dem Fuͤrſten der Apoſtelen dem H. Petro; an dem E-
vangeliſt Matthaͤo/ an der H. Maria Magdalena/ und vielen andern
Suͤndern und Suͤnderinnen; die/ welche/ wann ſie einmahl gefallen waren/
wuͤrden auch GOtt nicht ſo angenehm geweſen/ und annebeus viele hundert
andere haͤtten ſich unfehlbar in das ewige Verderben geſtuͤrtzet; ſo doch der
fallende und Buß-fertige Petrus ſambt vielen andern Buͤſſenden auffgerich-
tet/ zur Buß auffgemunter/ und endlich zur ewigen Seeligkeit ge-
ſchickt hat.
15. Weiters/ ob ſchon die Suͤnden/ ſo von den Gottloſen begangen wer-
den/ ihnen nicht zum Nutzen außſchlagen; ſo geſchehen ſie nichtsdeſtoweni-
ger zum Beſten der Außerwaͤhlten: dann gleich wie die natuͤrliche Ubeleu/
nach Zeugnuß deß H. Thomaͤ/ ſo insgeſambt geſchehen/ nicht allezeit ver-
ordnet zum Beſten der jenigen/ denen ſie widerfahren; aber doch wohl zum
Beſten der ſaͤmbtlichen: alſo wird das Ubel der Schuld/ oder die Zulaſ-
ſung deſſen nicht allezeit erwaͤhlet deme zum Beſten/ dem die Suͤnd wird zu-
gelaſſen; aber doch wohl zum Beſten der edeleſten Theilen der ſaͤmbtlichen/
das iſt/ den Außerwaͤhlten. Nach dieſer vorgeſetzter unfehlbarn Lehr/ laſ-
ſet uns nun ſehen/ was fuͤr ein groſſe Boͤßheit ſeye/ daß/ ſo bald man einen
ſiehet ſuͤndigen/ alsdan denſelbigen unrechtfertiger Weiß richte; abſonder-
lich weilen man nicht/ ob der ſuͤndige Menſch zu der Zahl deren von GOtt
zur Seeligkeit verordneten/ oder zu der Zahl der Verdambten gehoͤre. Jſt
er unter den verordneten; ſo iſt gewiß/ daß die begangene Suͤnde ihme wird
gereichen zu mehreren Beſten ſeiner Seelen. Gehoͤrt aber der Suͤnder un-
ler die Gottloſe und Verworffene; ſo iſt auſſer allem Zweyffel/ daß die Suͤn-
de deſſelben zum Nutzen der Außerwaͤlten gedeyhen werde. Ob wir uns
nun wenden zu den Außerwaͤhlten oder zu den verworffenen; wir ſehen al-
lenthalben/ daß der guͤtige GOtt ihre ſaͤmbtliche Ubele zum beſten End auß-
ſchlagen laſſe. Was kan derowegen billiger erdacht werden/ als ſothanes
Urtheil Dieſer Urſachen halber hat der H. Raymundus unter andern Hin-
terlaſſenſchafften auch an Statt eines Teſtaments ſeine Geiſtliche Kinder
ſonderbahr ermahnet; daß ſie die Tage ihres Lebens niemand ſolten Urtheilen:
und hat hinzugeſetzt/ daß es noͤthig ſeye zu Erhaltung einer wahren Reinig-
keit deß Hertzens/ daß man in allen Sachen den Willen GOttes bcobachte/
welcher zu einem erſprießlichen Ziehl und Ende alles zulaſſet.
Sup. c. 8.
Epiſt. ad
Rom.
lect. 6.
16. Damit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/123 |
Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/123>, abgerufen am 16.07.2024. |