Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Verläumbdung/ oder Ehr abschneidung. der jetzt-gemeldte Kirchen-Lehrer abermahl also redet: Meine Seel sollSerm. 24.in Cant. nicht kommen in den Rath der Verläumbder/ dieweilen sie GOtt hasset/ wie der Apostel schreibet: die Ver- läumbder seynd Feinde GOttes. Und weilen der Heil. VatterIn regu- la mon. c. 22. Hieronymus den schädtlichen Athem dieses Lasters vermercket/ hat er seine unterhabende Geistliche mit diesen treu-hertzigen Worten ermahnet: Wann ihr einen Verläumbder höret übel reden von seinem Nächsten/ denselben solt ihr fliehen wie eine Schlang/ damit er also beschämet werde/ und lerne von seines Neben-Menschen Thun und Lassen fortan zu schweigen. Wann aber einer den Verläumbder mit Gedult gern anhöret/ so reichet derselbe solchem Ehr-Abschneider das Feuer-Gezeug/ und bereitet das Zündl; die- ser aber schlagt das Feuer hinauß. Wird er aber sothanem Bößwicht mit einem Widerwillen und betrübtem Angesicht zuhören; alsdann kan man sich Hoffnung machen/ daß er mit gewöhnlichem Frolocken hinführo wer- de sagen/ was er vermerckt hat/ daß er mit einem Abseheuen ist angehöret wor- den. Wann wir diesem nicht nachleben; so werden wir von der grau- me Sünd deß Ehr-Abschneidens nicht befreyet seyn: dann gleich wie nicht allein der jenige Ubet thuet/ so das Hauß seines Nächsten anzündet; sondern auch/ der zu Beschauung das Wasser zu reichen vernachlässiget: also ist nicht allein der Verläumbder/ sondern auch der geneigte Zuhörer der Schuld und Straff verfallen; wie solches der H. Thomas mit diesen Worten be- kräfftiget: Welcher die Verläumbdung anhöret/ und derselben nicht wider- sprechet/ von dem ist zu muthmassen/ daß er dem Verläumbder beystimme; derhalben wird er auch derselben Sünde theilhafftig. 7. Hastu verstanden/ mein Christliche Seel/ wie gefährlich es seye den läumbdung O 3
Von der Verlaͤumbdung/ oder Ehr abſchneidung. der jetzt-gemeldte Kirchen-Lehrer abermahl alſo redet: Meine Seel ſollSerm. 24.in Cant. nicht kommen in den Rath der Verlaͤumbder/ dieweilen ſie GOtt haſſet/ wie der Apoſtel ſchreibet: die Ver- laͤumbder ſeynd Feinde GOttes. Und weilen der Heil. VatterIn regu- la mon. c. 22. Hieronymus den ſchaͤdtlichen Athem dieſes Laſters vermercket/ hat er ſeine unterhabende Geiſtliche mit dieſen treu-hertzigen Worten ermahnet: Wann ihr einen Verlaͤumbder hoͤret uͤbel reden von ſeinem Naͤchſten/ denſelben ſolt ihr fliehen wie eine Schlang/ damit er alſo beſchaͤmet werde/ und lerne von ſeines Neben-Menſchen Thun und Laſſen fortan zu ſchweigen. Wann aber einer den Verlaͤumbder mit Gedult gern anhoͤret/ ſo reichet derſelbe ſolchem Ehr-Abſchneider das Feuer-Gezeug/ und bereitet das Zuͤndl; die- ſer aber ſchlagt das Feuer hinauß. Wird er aber ſothanem Boͤßwicht mit einem Widerwillen und betruͤbtem Angeſicht zuhoͤren; alsdann kan man ſich Hoffnung machen/ daß er mit gewoͤhnlichem Frolocken hinfuͤhro wer- de ſagen/ was er vermerckt hat/ daß er mit einem Abſeheuen iſt angehoͤret wor- den. Wann wir dieſem nicht nachleben; ſo werden wir von der grau- me Suͤnd deß Ehr-Abſchneidens nicht befreyet ſeyn: dann gleich wie nicht allein der jenige Ubet thuet/ ſo das Hauß ſeines Naͤchſten anzuͤndet; ſondern auch/ der zu Beſchauung das Waſſer zu reichen vernachlaͤſſiget: alſo iſt nicht allein der Verlaͤumbder/ ſondern auch der geneigte Zuhoͤrer der Schuld und Straff verfallen; wie ſolches der H. Thomas mit dieſen Worten be- kraͤfftiget: Welcher die Verlaͤumbdung anhoͤret/ und derſelben nicht wider- ſprechet/ von dem iſt zu muthmaſſen/ daß er dem Verlaͤumbder beyſtimme; derhalben wird er auch derſelben Suͤnde theilhafftig. 7. Haſtu verſtanden/ mein Chriſtliche Seel/ wie gefaͤhrlich es ſeye den laͤumbdung O 3
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Von der Verlaͤumbdung/ oder Ehr abſchneidung.
der jetzt-gemeldte Kirchen-Lehrer abermahl alſo redet: Meine Seel ſoll
nicht kommen in den Rath der Verlaͤumbder/ dieweilen
ſie GOtt haſſet/ wie der Apoſtel ſchreibet: die Ver-
laͤumbder ſeynd Feinde GOttes. Und weilen der Heil. Vatter
Hieronymus den ſchaͤdtlichen Athem dieſes Laſters vermercket/ hat er ſeine
unterhabende Geiſtliche mit dieſen treu-hertzigen Worten ermahnet: Wann
ihr einen Verlaͤumbder hoͤret uͤbel reden von ſeinem Naͤchſten/ denſelben
ſolt ihr fliehen wie eine Schlang/ damit er alſo beſchaͤmet werde/ und lerne
von ſeines Neben-Menſchen Thun und Laſſen fortan zu ſchweigen. Wann
aber einer den Verlaͤumbder mit Gedult gern anhoͤret/ ſo reichet derſelbe
ſolchem Ehr-Abſchneider das Feuer-Gezeug/ und bereitet das Zuͤndl; die-
ſer aber ſchlagt das Feuer hinauß. Wird er aber ſothanem Boͤßwicht mit
einem Widerwillen und betruͤbtem Angeſicht zuhoͤren; alsdann kan man
ſich Hoffnung machen/ daß er mit gewoͤhnlichem Frolocken hinfuͤhro wer-
de ſagen/ was er vermerckt hat/ daß er mit einem Abſeheuen iſt angehoͤret wor-
den. Wann wir dieſem nicht nachleben; ſo werden wir von der grau-
me Suͤnd deß Ehr-Abſchneidens nicht befreyet ſeyn: dann gleich wie nicht
allein der jenige Ubet thuet/ ſo das Hauß ſeines Naͤchſten anzuͤndet; ſondern
auch/ der zu Beſchauung das Waſſer zu reichen vernachlaͤſſiget: alſo iſt
nicht allein der Verlaͤumbder/ ſondern auch der geneigte Zuhoͤrer der Schuld
und Straff verfallen; wie ſolches der H. Thomas mit dieſen Worten be-
kraͤfftiget: Welcher die Verlaͤumbdung anhoͤret/ und derſelben nicht wider-
ſprechet/ von dem iſt zu muthmaſſen/ daß er dem Verlaͤumbder beyſtimme;
derhalben wird er auch derſelben Suͤnde theilhafftig.
Serm. 24.
in Cant.
In regu-
la mon.
c. 22.
7. Haſtu verſtanden/ mein Chriſtliche Seel/ wie gefaͤhrlich es ſeye den
Verlaͤumbdern zuzuhoͤren? ſo huͤte dich fuͤr ihnen/ und folge nach dem Vlyſ-
ſen; von dem Homerus erzehlet/ daß er ſehr behutſamb geweſen ſeye/ und
den Betrug und Argliſt der Sirenen oder Meer-Wundern wohl gewiſt/ die
mit ihrem lieblichen Geſaͤng die Menſchen zum Schlaffen bewegen/ und ſie
alsdann pflegen ins Meer zu ſtuͤrtzen. Damit nun der obgemelte Vlyſſes
mit den ſeinigen dieſer Gefahr entgehen/ und auff dem Meer ſicherlich
ſchiffen koͤnnte; hat er allen ſeinen Schiff-Leuten die Ohren mit Wachs
verſtopffet/ und ſich an den Maſt-Baum binden laſſen; und iſt an ſelbigem
ſo lang gehefftet blieben/ biß der annehmliche Geſang der Sirenen/ durch
immerwaͤhrendes Fortſeegelen nicht mehr hat koͤnnen gehoͤrt werden. Wilſtu
nun auff dieſem ungeſtuͤmmen Meer der Welt von dem liebreichen Geſang
der Sirenen/ ich ſage; von dem ſanfften und betrieglichen Sauſen der Ver-
laͤumbdung
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