Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von dem Ehrgeitz Stadt Magdeburg in Sachsen/ Nahmens Udo, dieser thäte den freyenFulgosL. 9. Cap. 12. In mag- no Spe- cul. Ex- emp. Dist. 9. Exemp. 176. Künsten obligen; und weiln er sahe/ daß wegen Mangel deß nöthigen Verstands nichts zunehmen könnre/ und dieserthalben von dem Magistro übel hergenommen wurde; hat er sich zur Kirchen deß H. Mauritii ver- füget/ und daselbst die allerseeligste Jungfrau Mariam sehr eifferig gebetten/ sie mögte ihn doch durch die Fürbitt deß H. Mauritii erhören/ und ih- me die Gaab der Wissenschafft erwerben. Hierüber ist der obbemeldte Udo in einen Schlaff gefallen/ in dem die Glorwürdige Mutter ihm er- schienen/ und gesagt: Jch hab dein Gebett erhöret/ und schencke dir nit allein die Gaab der Wissenschafft; sondern verkündige dir auch/ daß du Ertz- Bischoff seyn werdest: aber hüte dich/ daß du in alsolcher Würde nicht übel lebest/ sonst wirstu an Leib und Seel gestraffet werden. Nach diesen Worten ist die mehr-gedachte Jungfrau der Jungfrauen verschwunden: der Jüngling aber ist erwachet/ ist wiederumb zur Schulen gangen/ und hat wegen seiner Gelehrheit allen ein grosse Verwunderung verursachet. Nach zweyen Jahren ist der Ertz-Bischoff gestorben/ an dessen Platz er vermittelst einhelliger Zustimmung erwehlet worden/ und hat eine zeitlang löblich regieret; weilen aber die Ehren den Menschen verkehren; als ist er allgemach von dem vorigen eifferigen Dienst Gottes ab- und einen sehr laster- hafften Leben zugefallen; er hat die Schätz der Kirchen verschwendet/ die so wohl Geist- als Weltliche Jungfrauen geschwächet/ und fort allen seinen bösen Begierden den Zaum gelassen. Ach Leider! Nachdem dieser Ertz-Bischoff ein geraume Zeit durch seine Laster die Lufft und schier die gantze Welt vergifftet/ und in einer Nacht eine Abtissin auß einem Königli- chen Cistertiensischen Kloster bey sich im Bett gehabt/ hat er eine Stimm gehöret: Udo, mach dem Spiel ein End/ Das Spiel sich zum Vergnugen wend. Udo aber hat diese Stimm als ein gedichtes Werck außgelachet/ und ob Udo,mach dem Spiel ein end/ Das Spiel sich zum Vergnugen wend. Hierauff ist er zwar bewegt worden/ und hat gescuffzet/ sich aber nicht
Von dem Ehrgeitz Stadt Magdeburg in Sachſen/ Nahmens Udo, dieſer thaͤte den freyenFulgosL. 9. Cap. 12. In mag- no Spe- cul. Ex- emp. Diſt. 9. Exemp. 176. Kuͤnſten obligen; und weiln er ſahe/ daß wegen Mangel deß noͤthigen Verſtands nichts zunehmen koͤnnre/ und dieſerthalben von dem Magiſtro uͤbel hergenommen wurde; hat er ſich zur Kirchen deß H. Mauritii ver- fuͤget/ und daſelbſt die allerſeeligſte Jungfrau Mariam ſehr eifferig gebetten/ ſie moͤgte ihn doch durch die Fuͤrbitt deß H. Mauritii erhoͤren/ und ih- me die Gaab der Wiſſenſchafft erwerben. Hieruͤber iſt der obbemeldte Udo in einen Schlaff gefallen/ in dem die Glorwuͤrdige Mutter ihm er- ſchienen/ und geſagt: Jch hab dein Gebett erhoͤret/ und ſchencke dir nit allein die Gaab der Wiſſenſchafft; ſondern verkuͤndige dir auch/ daß du Ertz- Biſchoff ſeyn werdeſt: aber huͤte dich/ daß du in alſolcher Wuͤrde nicht uͤbel lebeſt/ ſonſt wirſtu an Leib und Seel geſtraffet werden. Nach dieſen Worten iſt die mehr-gedachte Jungfrau der Jungfrauen verſchwunden: der Juͤngling aber iſt erwachet/ iſt wiederumb zur Schulen gangen/ und hat wegen ſeiner Gelehrheit allen ein groſſe Verwunderung verurſachet. Nach zweyen Jahren iſt der Ertz-Biſchoff geſtorben/ an deſſen Platz er vermittelſt einhelliger Zuſtimmung erwehlet worden/ und hat eine zeitlang loͤblich regieret; weilen aber die Ehren den Menſchen verkehren; als iſt er allgemach von dem vorigen eifferigen Dienſt Gottes ab- und einẽ ſehr laſter- hafften Leben zugefallen; er hat die Schaͤtz der Kirchen verſchwendet/ die ſo wohl Geiſt- als Weltliche Jungfrauen geſchwaͤchet/ und fort allen ſeinen boͤſen Begierden den Zaum gelaſſen. Ach Leider! Nachdem dieſer Ertz-Biſchoff ein geraume Zeit durch ſeine Laſter die Lufft und ſchier die gantze Welt vergifftet/ und in einer Nacht eine Abtiſſin auß einem Koͤnigli- chen Ciſtertienſiſchen Kloſter bey ſich im Bett gehabt/ hat er eine Stimm gehoͤret: Udo, mach dem Spiel ein End/ Das Spiel ſich zum Vergnůgen wend. Udo aber hat dieſe Stimm als ein gedichtes Werck außgelachet/ und ob Udo,mach dem Spiel ein end/ Das Spiel ſich zum Vergnůgen wend. Hierauff iſt er zwar bewegt worden/ und hat geſcuffzet/ ſich aber nicht
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Von dem Ehrgeitz
Stadt Magdeburg in Sachſen/ Nahmens Udo, dieſer thaͤte den freyen
Kuͤnſten obligen; und weiln er ſahe/ daß wegen Mangel deß noͤthigen
Verſtands nichts zunehmen koͤnnre/ und dieſerthalben von dem Magiſtro
uͤbel hergenommen wurde; hat er ſich zur Kirchen deß H. Mauritii ver-
fuͤget/ und daſelbſt die allerſeeligſte Jungfrau Mariam ſehr eifferig gebetten/
ſie moͤgte ihn doch durch die Fuͤrbitt deß H. Mauritii erhoͤren/ und ih-
me die Gaab der Wiſſenſchafft erwerben. Hieruͤber iſt der obbemeldte
Udo in einen Schlaff gefallen/ in dem die Glorwuͤrdige Mutter ihm er-
ſchienen/ und geſagt: Jch hab dein Gebett erhoͤret/ und ſchencke dir nit allein
die Gaab der Wiſſenſchafft; ſondern verkuͤndige dir auch/ daß du Ertz-
Biſchoff ſeyn werdeſt: aber huͤte dich/ daß du in alſolcher Wuͤrde nicht
uͤbel lebeſt/ ſonſt wirſtu an Leib und Seel geſtraffet werden. Nach dieſen
Worten iſt die mehr-gedachte Jungfrau der Jungfrauen verſchwunden: der
Juͤngling aber iſt erwachet/ iſt wiederumb zur Schulen gangen/ und hat
wegen ſeiner Gelehrheit allen ein groſſe Verwunderung verurſachet.
Nach zweyen Jahren iſt der Ertz-Biſchoff geſtorben/ an deſſen Platz er
vermittelſt einhelliger Zuſtimmung erwehlet worden/ und hat eine zeitlang
loͤblich regieret; weilen aber die Ehren den Menſchen verkehren; als iſt er
allgemach von dem vorigen eifferigen Dienſt Gottes ab- und einẽ ſehr laſter-
hafften Leben zugefallen; er hat die Schaͤtz der Kirchen verſchwendet/ die
ſo wohl Geiſt- als Weltliche Jungfrauen geſchwaͤchet/ und fort allen ſeinen
boͤſen Begierden den Zaum gelaſſen. Ach Leider! Nachdem dieſer
Ertz-Biſchoff ein geraume Zeit durch ſeine Laſter die Lufft und ſchier die
gantze Welt vergifftet/ und in einer Nacht eine Abtiſſin auß einem Koͤnigli-
chen Ciſtertienſiſchen Kloſter bey ſich im Bett gehabt/ hat er eine Stimm
gehoͤret:
Fulgos
L. 9. Cap.
12.
In mag-
no Spe-
cul. Ex-
emp.
Diſt. 9.
Exemp.
176.
Udo, mach dem Spiel ein End/
Das Spiel ſich zum Vergnůgen wend.
Udo aber hat dieſe Stimm als ein gedichtes Werck außgelachet/ und ob
ſchon er die folgende Nacht ſelbige Wort zum andernmahl gehoͤret/ ſo hat
er hierauff ſein boͤſes Leben nicht gebeſſert. Da er nun zur dritte Nacht
wiederumb mit vor gemeldten Abtiſſin ſeine fleiſchliche Wolluͤſten getrieben;
hat er eben ſelbige Wort mit einem erſchroͤcklichen knall gehoͤret:
Udo,mach dem Spiel ein end/
Das Spiel ſich zum Vergnůgen wend.
Hierauff iſt er zwar bewegt worden/ und hat geſcuffzet/ ſich aber
nicht
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