Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Keuschheit. 9. Wie hat sich nicht geförchtet der H. Thomas von Aquin für so schäd- 10. Neben dieser Behutsambkeit/ hat der Liebhaber der Scham- Göttlichen
Von der Keuſchheit. 9. Wie hat ſich nicht gefoͤrchtet der H. Thomas von Aquin fuͤr ſo ſchaͤd- 10. Neben dieſer Behutſambkeit/ hat der Liebhaber der Scham- Goͤttlichen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0219" n="191"/> <fw place="top" type="header">Von der Keuſchheit.</fw><lb/> <p>9. Wie hat ſich nicht gefoͤrchtet der <hi rendition="#fr">H.</hi> Thomas von Aquin fuͤr ſo ſchaͤd-<lb/> lichem Anruͤhren der Weibs-Bilder? wie das Gifft der Schlangen und<lb/> Nattern/ ſo hat er geflohen dieſes Geſchlecht; und haͤtte durch aller Welt<lb/> Guͤter zum Angreiff eines eintzigen Fingers nicht <choice><sic>koͤnnnen</sic><corr>koͤnnen</corr></choice> gebracht werden.<lb/> Dahero/ als ihn einsmahls eine ſichere Dame mit gar holdſeeligen Worten<lb/> gefragt; warumb er ein ſolches Abſcheuen von den Weiberen habe; da er<lb/> doch/ gleich andern Menſchen/ von einem Weib gebohren ſeye? hat er<lb/> geantwortet: dieſertwegen fliehe ich die Weiber alſo/ weilen ich von derſel-<lb/> ben einer gebohren bin. Dan das Saltz/ ſagte er/ wird vom Waſſer gemacht/<lb/> und hat dannoch keinen groͤſſern Feind/ als eben das Waſſer. Wann<lb/> nun ein ſo Engliſcher Menſch das Anruͤhren der Weiber alſo gemeidet/<lb/> wie ſollen und koͤnnen wir arme Troͤpff uns dann nicht billig fuͤr ſolchen huͤ-<lb/> ten? Jch gehe allhier vorbey/ wie dieſer groſſe Liebhaber der Keuſchheit<lb/> einsmahls ein unzuͤchtiges Weib mit einem Feur-Brand von ſich vertrie-<lb/> ben; dieweiln ſolche Geſchicht zumahlen Welt-kuͤndig iſt; und errinnere dich/<lb/> mein Chriſtliche Seel/ wie nemblich mit nit geringer Sorgfalt zu beobachten<lb/> ſeye/ daß ein wahrer Liebhaber der Reinigkeit ſich huͤten muͤſſe/ ſo viel ihm<lb/> moͤglich iſt; damit er ſich ſelbſten nicht unehrbarlich beruͤhre. Hiervon<lb/> meldet der andaͤchtige P. Surius im Leben deß H. Biſchoffs Godefridi<lb/> von einem Carteuſer/ ſo ſich in drey gantzen Jahren auch in keiner eintzi-<lb/> gen vorfallenden Gelegenheit/ wie ſie immer hat ſeyn moͤgen/ an bloſſem<lb/> Leib beruͤhret: dardurch der obgedachte H. Godefridus dermaſſen bewegt<lb/> worden/ daß er bey ſich entſchloſſen/ das Biſthumb zu verlaſſen/ und<lb/> den Carteuſer Orden einzutretten; dann er ware/ ſagt Surius/ ein ſolcher<lb/> Liebhaber der Reinigkeit/ und hergegen ein ſolcher Feind der Unkeuſchheit;<lb/> daß er ſein Geſchirr/ auß welchem ein unzuͤchtiger Beyſchlaffer getruncken/<lb/> alsbald habe verkauffen/ und das Geld den Armen geben laſſen.</p><lb/> <p>10. Neben dieſer Behutſambkeit/ hat der Liebhaber der Scham-<lb/> hafftigkeit noch eine wohl zu beobachten; die dann im Gebrauch der Au-<lb/> gen fuͤrnehmblich beſtehen ſoll; dieweiln dann alle Geylheit gemeinlich von<lb/> den Augen herruͤhret/ wie auß dem Buch Geneſis klaͤrlich zu ſehen iſt.<lb/> Da dann die Goͤttliche Majeſtaͤt uͤber die Erſchaffung deß Menſchen<lb/> von <hi rendition="#fr">H</hi>ertzen Leyd getragen/ und geſprochen; <hi rendition="#fr">Jch will den</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Gen c. 6.<lb/> v.</hi> 6.</note><lb/><hi rendition="#fr">Menſchen/ den ich erſchaffen hab/ von dem Ange-<lb/> ſicht der Erden vertilgen.</hi> So auch bald hernach durch<lb/> den allgemeinen Suͤndfluth geſchehen. Die Urſach dieſes gefaſten<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Goͤttlichen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0219]
Von der Keuſchheit.
9. Wie hat ſich nicht gefoͤrchtet der H. Thomas von Aquin fuͤr ſo ſchaͤd-
lichem Anruͤhren der Weibs-Bilder? wie das Gifft der Schlangen und
Nattern/ ſo hat er geflohen dieſes Geſchlecht; und haͤtte durch aller Welt
Guͤter zum Angreiff eines eintzigen Fingers nicht koͤnnen gebracht werden.
Dahero/ als ihn einsmahls eine ſichere Dame mit gar holdſeeligen Worten
gefragt; warumb er ein ſolches Abſcheuen von den Weiberen habe; da er
doch/ gleich andern Menſchen/ von einem Weib gebohren ſeye? hat er
geantwortet: dieſertwegen fliehe ich die Weiber alſo/ weilen ich von derſel-
ben einer gebohren bin. Dan das Saltz/ ſagte er/ wird vom Waſſer gemacht/
und hat dannoch keinen groͤſſern Feind/ als eben das Waſſer. Wann
nun ein ſo Engliſcher Menſch das Anruͤhren der Weiber alſo gemeidet/
wie ſollen und koͤnnen wir arme Troͤpff uns dann nicht billig fuͤr ſolchen huͤ-
ten? Jch gehe allhier vorbey/ wie dieſer groſſe Liebhaber der Keuſchheit
einsmahls ein unzuͤchtiges Weib mit einem Feur-Brand von ſich vertrie-
ben; dieweiln ſolche Geſchicht zumahlen Welt-kuͤndig iſt; und errinnere dich/
mein Chriſtliche Seel/ wie nemblich mit nit geringer Sorgfalt zu beobachten
ſeye/ daß ein wahrer Liebhaber der Reinigkeit ſich huͤten muͤſſe/ ſo viel ihm
moͤglich iſt; damit er ſich ſelbſten nicht unehrbarlich beruͤhre. Hiervon
meldet der andaͤchtige P. Surius im Leben deß H. Biſchoffs Godefridi
von einem Carteuſer/ ſo ſich in drey gantzen Jahren auch in keiner eintzi-
gen vorfallenden Gelegenheit/ wie ſie immer hat ſeyn moͤgen/ an bloſſem
Leib beruͤhret: dardurch der obgedachte H. Godefridus dermaſſen bewegt
worden/ daß er bey ſich entſchloſſen/ das Biſthumb zu verlaſſen/ und
den Carteuſer Orden einzutretten; dann er ware/ ſagt Surius/ ein ſolcher
Liebhaber der Reinigkeit/ und hergegen ein ſolcher Feind der Unkeuſchheit;
daß er ſein Geſchirr/ auß welchem ein unzuͤchtiger Beyſchlaffer getruncken/
alsbald habe verkauffen/ und das Geld den Armen geben laſſen.
10. Neben dieſer Behutſambkeit/ hat der Liebhaber der Scham-
hafftigkeit noch eine wohl zu beobachten; die dann im Gebrauch der Au-
gen fuͤrnehmblich beſtehen ſoll; dieweiln dann alle Geylheit gemeinlich von
den Augen herruͤhret/ wie auß dem Buch Geneſis klaͤrlich zu ſehen iſt.
Da dann die Goͤttliche Majeſtaͤt uͤber die Erſchaffung deß Menſchen
von Hertzen Leyd getragen/ und geſprochen; Jch will den
Menſchen/ den ich erſchaffen hab/ von dem Ange-
ſicht der Erden vertilgen. So auch bald hernach durch
den allgemeinen Suͤndfluth geſchehen. Die Urſach dieſes gefaſten
Goͤttlichen
Gen c. 6.
v. 6.
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