Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Keuschheit. nicht gemeidete Gelegenheit/ seynd starck gnug/ einen heiligen und Tugend-vollen Menschen schändlicher Weise niederzuwerffen; wann er der erdenen Fuß-Sohlen/ das ist/ der kotigen Wollust/ sich zum Grundvest gebrau- chet: dann ob schon das Haupt von Gold ist/ ob wir schon in unsern ge- machten Fürsätzen/ in die Sünde nicht zu bewilligen/ dem Stahl und Ey- sen gleich werden: so seynd doch die Füß/ darauff der gantze Ober-Theil bestehet/ auß Leim und Erden gemacht. Wir haben/ sagt der heilige Apostel Paulus/ diesen Schatz in erdenen Gefässen. 16. Mit dem Frauen-Zimmer/ befilcht unser der H. Vatter Augustinus/2. Cor. 4. gen/ B b 3
Von der Keuſchheit. nicht gemeidete Gelegenheit/ ſeynd ſtarck gnug/ einen heiligen und Tugend-vollen Menſchen ſchaͤndlicher Weiſe niederzuwerffen; wann er der erdenen Fuß-Sohlen/ das iſt/ der kotigen Wolluſt/ ſich zum Grundveſt gebrau- chet: dann ob ſchon das Haupt von Gold iſt/ ob wir ſchon in unſern ge- machten Fuͤrſaͤtzen/ in die Suͤnde nicht zu bewilligen/ dem Stahl und Ey- ſen gleich werden: ſo ſeynd doch die Fuͤß/ darauff der gantze Ober-Theil beſtehet/ auß Leim und Erden gemacht. Wir haben/ ſagt der heilige Apoſtel Paulus/ dieſen Schatz in erdenen Gefaͤſſen. 16. Mit dem Frauen-Zimmer/ befilcht unſer der H. Vatter Auguſtinus/2. Cor. 4. gen/ B b 3
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Von der Keuſchheit.
nicht gemeidete Gelegenheit/ ſeynd ſtarck gnug/ einen heiligen und Tugend-
vollen Menſchen ſchaͤndlicher Weiſe niederzuwerffen; wann er der erdenen
Fuß-Sohlen/ das iſt/ der kotigen Wolluſt/ ſich zum Grundveſt gebrau-
chet: dann ob ſchon das Haupt von Gold iſt/ ob wir ſchon in unſern ge-
machten Fuͤrſaͤtzen/ in die Suͤnde nicht zu bewilligen/ dem Stahl und Ey-
ſen gleich werden: ſo ſeynd doch die Fuͤß/ darauff der gantze Ober-Theil
beſtehet/ auß Leim und Erden gemacht. Wir haben/ ſagt der heilige
Apoſtel Paulus/ dieſen Schatz in erdenen Gefaͤſſen.
16. Mit dem Frauen-Zimmer/ befilcht unſer der H. Vatter Auguſtinus/
ſoll man die Reden kurtz/ ſcharff und ernſtlich machen: ſo derhalben deſto we-
niger nicht zu ſcheuen ſeynd/ dieweilen ſie frommer Naturen und ehrbar
ſeynd; ſondern/ weiln ſolche deſto mehr das menſchliche Hertz an ſich zie-
hen/ und liget offtmahlen unter dem Schein der Tugend verborgen der be-
triegliche klebende Leym der Geilheit. So muß man dann nicht vermei-
nen/ daß man in Gemeinſchafft der leichtfertigen Weibs-Bilder allein
ſich in Gefahr einiger Unreinigkeit ſtelle; ſondern/ wie die meiſte und beſte
Welt-Erfahrenſte darfuͤr halten/ muß ſonderbar ein Geiſtlicher mit groͤſ-
ſerm Fleiß ſich fuͤr die jenige huͤten/ ſo am aller ehrbarſten und eingezogne-
ſten mit allen ihren Gebaͤrden auffziehen/ und denen die Wort auß dem
Mund als ein guͤldenes Baͤchlein flieſſen: und obſchon ſelbige in allen die-
ſen ihren tugendſamen Sitten ein ſehr auffrichtige Meynung haben/ und
ihre wenigſte Gedancken ſeynd/ auch das geringſte Ubel hierdurch zu verur-
ſachen; ſo hats dannoch (wie mir in dieſer Sententz ein jeder erfahrene wird
leichtlich beyfallen) die vorgemeldte Beſchaffenheit. Dahero hat ein ſehr
Geifi-reicher Mann auß dem Orden deß H. Franciſci/ ſo von einer ehrlichen
Kam̃er-Fraͤulein der Gottſeeligen Fuͤrſtin Sanciaͤ gebetten worden/ er moͤg-
te doch in die Kirch kommen/ und mit ihr muͤndlich reden; in eine Hand
Feur und in die andere Stroh genommen/ und alſo zur Audientz hingangen:
und da zur Fraͤulein kommen/ hat er das Stroh durchs Feuer entzuͤndet/ und
geſagt: derhalben hab ich ewerer Gnaden/ wiewohl geiſtliches Geſpraͤch
geſcheuet/ dieweil ich gefoͤrchtet/ es wuͤrde mir widerfahren/ was ſie geſehen
haben/ daß dem Stroh uͤberkommen iſt. Wir vermeinen oͤffters/ das uns die-
Converſation der Weibs-Bilder im geringſten nicht ſchaͤdlich ſeye/ die-
weilen wir in der That an unſerm Fleiſch nichts boͤſes empfinden _ es ſeye
dem/ wie ihm wolle/ du biſt gliechwohl nicht verſicher/ daß die allzugemeine
Stachel der Natur gaͤntzlich außbleiben werde; und kanſt auch nicht ſa-
gen/
2. Cor. 4.
7.
In Annal.
1216. n.
24.
B b 3
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