Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Achtzehende Geistliche Lection sich unterstehet. Nicht weniger stellet sich dieser in die Gefahr der Verspot-tung; welcher sich beklaget/ daß er vermittels der Göttlichen Licht-Strah- len nicht erleuchtet werde; sondern ohne einige emp findliche Andacht/ gantz truncken/ und mehr einem Holtz als Menschen gleich verbleibe; da er doch durch sein unanffhörliches Schwetzen das Licht der Göttlichen Gnaden von dem Hauß seiner Seelen selbst und auff setzlich außschliesset: wie die obge- setzte Wort deß Apostels gnugsamb zu verstehen geben; das nemblich das Scharren und Sammlen aller guten Wercken und Verdiensten/ alle Ubung der Tugenden/ und harte Buß- Werck ohne die Zeuinung der Zungen zu- mahlen nichts seyen; die eitele und müssige Wort müssen gemeidet werden/ wann die Christliche Andacht und gute Werck sollen bestand haben. 2. Jch nehme hierüber zum Zeugen den Allerweisesten Salomon/ der einem
Die Achtzehende Geiſtliche Lection ſich unterſtehet. Nicht weniger ſtellet ſich dieſer in die Gefahr der Verſpot-tung; welcher ſich beklaget/ daß er vermittels der Goͤttlichen Licht-Strah- len nicht erleuchtet werde; ſondern ohne einige emp findliche Andacht/ gantz truncken/ und mehr einem Holtz als Menſchen gleich verbleibe; da er doch durch ſein unanffhoͤrliches Schwetzen das Licht der Goͤttlichen Gnaden von dem Hauß ſeiner Seelen ſelbſt und auff ſetzlich außſchlieſſet: wie die obge- ſetzte Wort deß Apoſtels gnugſamb zu verſtehen geben; das nemblich das Scharren und Sammlen aller guten Wercken und Verdienſten/ alle Ubung der Tugenden/ und harte Buß- Werck ohne die Zeuinung der Zungen zu- mahlen nichts ſeyen; die eitele und muͤſſige Wort muͤſſen gemeidet werden/ wann die Chriſtliche Andacht und gute Werck ſollen beſtand haben. 2. Jch nehme hieruͤber zum Zeugen den Allerweiſeſten Salomon/ der einem
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Die Achtzehende Geiſtliche Lection
ſich unterſtehet. Nicht weniger ſtellet ſich dieſer in die Gefahr der Verſpot-
tung; welcher ſich beklaget/ daß er vermittels der Goͤttlichen Licht-Strah-
len nicht erleuchtet werde; ſondern ohne einige emp findliche Andacht/ gantz
truncken/ und mehr einem Holtz als Menſchen gleich verbleibe; da er doch
durch ſein unanffhoͤrliches Schwetzen das Licht der Goͤttlichen Gnaden von
dem Hauß ſeiner Seelen ſelbſt und auff ſetzlich außſchlieſſet: wie die obge-
ſetzte Wort deß Apoſtels gnugſamb zu verſtehen geben; das nemblich das
Scharren und Sammlen aller guten Wercken und Verdienſten/ alle Ubung
der Tugenden/ und harte Buß- Werck ohne die Zeuinung der Zungen zu-
mahlen nichts ſeyen; die eitele und muͤſſige Wort muͤſſen gemeidet werden/
wann die Chriſtliche Andacht und gute Werck ſollen beſtand haben.
2. Jch nehme hieruͤber zum Zeugen den Allerweiſeſten Salomon/ der
in ſeinen Spruͤchen alſo redet: Da ſehr viel Wort ſeynd/ iſt
offtmahl Armuth. Jch ſage/ die Armuth der wahren Andacht/ und
innerlichen Verſamblung deß Gemuͤths; dann anders nicht gehts her mit
den Geſchwaͤtzigen Leuthen/ als wie mit den Baderen/ wann man durch die
Thuͤren deß Bads offtmahl auß und eingehet/ ſo verlieret ſelbiges ſeine Hitzt
und wird kalt; alſo muß von dem jenigen/ der da viel unnoͤthiges redet/ die
inwendige Hitze durch die Thuͤr deß Munds nothwendiglich herauß zie-
hen. Derſelben Meynung iſt auch der H. Kirchen-Leheer Gregorius/
und ſagt: Durch unnoͤthige Keden wird das Gemůth der
Menſchen zerſtreuet/ und gleichſamb durch ſo viele ſchaͤd-
liche Faͤlle von ſich ſo weit hinauß geleitet/ daß zur Er-
kaͤndnůß ſeiner ſelbſt zuruck zu kehren nicht vermag; die-
weilen es durch das viel reden/ die Krafft der innerlichen
Betrachtung verliehre. So iſt dann das unnoͤthige Schwetzen zur
Verhinderung der wahren Andacht ſehr dienlich/ zumahln ſelbiges den
Menſchen alſo zerſtoͤren kan/ daß er kaum einigen Geſchmack zu den geiſt-
lichen Dingen empfinde. Alſo kan dieſes garſtige Plaudern das Hertz deß
Menſchen verkehren; daß er nicht allein die ewige Guͤter mit gebuͤhrendem
Eyffer nicht ſuche/ ſondern auch darzu/ wann nicht mit Worten/ jedoch
mit den Wercken dieſelbe gering ſchaͤtze und verachte. Endlich wird durch
dieſes wilde Thier das Feur der Goͤttlichen Liebe in den menſchlichen
Hertzen dergeſtalt verzehret; daß auch nicht ein Fuͤncklein dieſer Seraphi-
ſchen Tugend daſelbſt verbleibe; deßgleichen hat die H. Gertrudis von GOtt
gelernet; daß/ wann ein Menſch eine Rede fuͤhre/ davon kein Nutzen zu
gewarten iſt; alsdann die Liebe GOttes auß deſſen Hertz/ wie der Wein auß
einem
Prov. 14.
v. 23.
L. 5. Mor.
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