Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Gedult der Geistlichen. allen: die aber an Heiligkeit andere übertreffen/ diese gefallen den en nicht/so da nicht heilig/ sondern mittelmässig gut seynd. Wer nun den schö- nen Geruch der Tugenten im Angesicht GOttes gleich einer Lilien auß- zubreiten verlanget; der muß sich anders nicht einbilden/ als daß er in die Ungnad vieler gerathen werde. Ein wahrer Liebhaber GOttes aber muß solches nicht achten/ sondern der Worten Christi sich erinnern: DerJoan. 15. v. 20. Knecht ist nicht grösser/ dann sein Herr ist. Wann sie mich (wegen der guten Werck) verfolget haben/ so werden euch auch verfolgen. Dann gleich wie der Wein in seiner Güte am be-L. [1]. Re- uel. c. 36. sten erhalten wird/ wann er auff der Trusen oder Mutter ligen bleibet/ al- so (sagt Christus der H. Brigittä) können die Gute und Gerechte in den Tugenden nicht erhalten werden/ noch in denselbigen zunehmen; es sey dann daß sie durch Widerwärtigkeit und Verfolgung der Bösen versuchet wer- den. Derselben H. Mutter Brigittä gibt eben solches zu verstehen die Al- lerseeligste Jungfrau Maria mit dieseu Worten: Geichwie eine Rose auch weit von sich einen lieblichen Geruch außspreitet/ schön ist anzusehen/ und sich sanfft fühlen lasset: wachset aber nicht/ als unter den Dörnen/ so den Händen hart/ den Augen ungestaltet/ und ohne Geruch vorkommen: also können die gute und Gerechte/ ob sie schon wegen der Gedult milt seynd/ schön an Sitten/ und wegen deß guten Exempels lieblich schmäcken; nicht probiret werden/ weder auch in den Tugenden fortschreiten/ als eben unter den Bösen. Derhalben schliesset der H. Gregorius hierüber; daß nemb- lich keiner vollkommen seye/ so da in Mitten der Gebrechen seiner Neben- Menschen nicht gedültig ist: dann der die frembde Mängel und Unvollkom- menheiten nicht Dult-mütig traget/ der gibt sich selbst durch seine Unge- dult Zeugnuß/ daß er noch weit seye von aller Vollkommenheit; zumahlen der jenige dem frommen Abel nicht will gleich seyn/ welcher durch die Böß- heit deß Cain getummelt zu werden förchtet. 17. Schließlich kan auch die Betrachtung der Gedult der Heili- ins
Von der Gedult der Geiſtlichen. allen: die aber an Heiligkeit andere uͤbertreffen/ dieſe gefallen den en nicht/ſo da nicht heilig/ ſondern mittelmaͤſſig gut ſeynd. Wer nun den ſchoͤ- nen Geruch der Tugenten im Angeſicht GOttes gleich einer Lilien auß- zubreiten verlanget; der muß ſich anders nicht einbilden/ als daß er in die Ungnad vieler gerathen werde. Ein wahrer Liebhaber GOttes aber muß ſolches nicht achten/ ſondern der Worten Chriſti ſich erinnern: DerJoan. 15. v. 20. Knecht iſt nicht groͤſſer/ dann ſein Herr iſt. Wann ſie mich (wegen der guten Werck) verfolget haben/ ſo werden euch auch verfolgen. Dann gleich wie der Wein in ſeiner Guͤte am be-L. [1]. Re- uel. c. 36. ſten erhalten wird/ wann er auff der Truſen oder Mutter ligen bleibet/ al- ſo (ſagt Chriſtus der H. Brigittaͤ) koͤnnen die Gute und Gerechte in den Tugenden nicht erhalten werden/ noch in denſelbigen zunehmen; es ſey dann daß ſie durch Widerwaͤrtigkeit und Verfolgung der Boͤſen verſuchet wer- den. Derſelben H. Mutter Brigittaͤ gibt eben ſolches zu verſtehen die Al- lerſeeligſte Jungfrau Maria mit dieſeu Worten: Geichwie eine Roſe auch weit von ſich einen lieblichen Geruch außſpreitet/ ſchoͤn iſt anzuſehen/ und ſich ſanfft fuͤhlen laſſet: wachſet aber nicht/ als unter den Doͤrnen/ ſo den Haͤnden hart/ den Augen ungeſtaltet/ und ohne Geruch vorkommen: alſo koͤnnen die gute und Gerechte/ ob ſie ſchon wegen der Gedult milt ſeynd/ ſchoͤn an Sitten/ und wegen deß guten Exempels lieblich ſchmaͤcken; nicht probiret werden/ weder auch in den Tugenden fortſchreiten/ als eben unter den Boͤſen. Derhalben ſchlieſſet der H. Gregorius hieruͤber; daß nemb- lich keiner vollkommen ſeye/ ſo da in Mitten der Gebrechen ſeiner Neben- Menſchen nicht geduͤltig iſt: dann der die frembde Maͤngel und Unvollkom- menheiten nicht Dult-muͤtig traget/ der gibt ſich ſelbſt durch ſeine Unge- dult Zeugnuß/ daß er noch weit ſeye von aller Vollkommenheit; zumahlen der jenige dem frommen Abel nicht will gleich ſeyn/ welcher durch die Boͤß- heit deß Cain getummelt zu werden foͤrchtet. 17. Schließlich kan auch die Betrachtung der Gedult der Heili- ins
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0315" n="287"/><fw place="top" type="header">Von der Gedult der Geiſtlichen.</fw><lb/> allen: die aber an Heiligkeit andere uͤbertreffen/ dieſe gefallen den en nicht/<lb/> ſo da nicht heilig/ ſondern mittelmaͤſſig gut ſeynd. Wer nun den ſchoͤ-<lb/> nen Geruch der Tugenten im Angeſicht GOttes gleich einer Lilien auß-<lb/> zubreiten verlanget; der muß ſich anders nicht einbilden/ als daß er in die<lb/> Ungnad vieler gerathen werde. Ein wahrer Liebhaber GOttes aber muß<lb/> ſolches nicht achten/ ſondern der Worten Chriſti ſich erinnern: <hi rendition="#fr">Der</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Joan. 15.<lb/> v.</hi> 20.</note><lb/><hi rendition="#fr">Knecht iſt nicht groͤſſer/ dann ſein Herr iſt. Wann ſie<lb/> mich</hi> (wegen der guten Werck) <hi rendition="#fr">verfolget haben/ ſo werden<lb/> euch auch verfolgen.</hi> Dann gleich wie der Wein in ſeiner Guͤte am be-<note place="right"><hi rendition="#aq">L. <supplied>1</supplied>. Re-<lb/> uel. c.</hi> 36.</note><lb/> ſten erhalten wird/ wann er auff der Truſen oder Mutter ligen bleibet/ al-<lb/> ſo (ſagt Chriſtus der H. Brigittaͤ) koͤnnen die Gute und Gerechte in den<lb/> Tugenden nicht erhalten werden/ noch in denſelbigen zunehmen; es ſey dann<lb/> daß ſie durch Widerwaͤrtigkeit und Verfolgung der Boͤſen verſuchet wer-<lb/> den. Derſelben H. Mutter Brigittaͤ gibt eben ſolches zu verſtehen die Al-<lb/> lerſeeligſte Jungfrau Maria mit dieſeu Worten: Geichwie eine Roſe auch<lb/> weit von ſich einen lieblichen Geruch außſpreitet/ ſchoͤn iſt anzuſehen/ und<lb/> ſich ſanfft fuͤhlen laſſet: wachſet aber nicht/ als unter den Doͤrnen/ ſo den<lb/> Haͤnden hart/ den Augen ungeſtaltet/ und ohne Geruch vorkommen: alſo<lb/> koͤnnen die gute und Gerechte/ ob ſie ſchon wegen der Gedult milt ſeynd/<lb/> ſchoͤn an Sitten/ und wegen deß guten Exempels lieblich ſchmaͤcken; nicht<lb/> probiret werden/ weder auch in den Tugenden fortſchreiten/ als eben unter<lb/> den Boͤſen. Derhalben ſchlieſſet der H. Gregorius hieruͤber; daß nemb-<lb/> lich keiner vollkommen ſeye/ ſo da in Mitten der Gebrechen ſeiner Neben-<lb/> Menſchen nicht geduͤltig iſt: dann der die frembde Maͤngel und Unvollkom-<lb/> menheiten nicht Dult-muͤtig traget/ der gibt ſich ſelbſt durch ſeine Unge-<lb/> dult Zeugnuß/ daß er noch weit ſeye von aller Vollkommenheit; zumahlen<lb/> der jenige dem frommen Abel nicht will gleich ſeyn/ welcher durch die Boͤß-<lb/> heit deß Cain getummelt zu werden foͤrchtet.</p><lb/> <p>17. Schließlich kan auch die Betrachtung der Gedult der Heili-<lb/> gen GOTTES/ deren ſie ſich auff dieſer Welt befliſſen haben/ zu<lb/> Erduldung der Ehr-ruͤhriſchen Beruchtigungen nicht wenig beytra-<lb/> gen. Unter denen iſt geweſen der heilige Joannes Chryſoſtomus/<note place="right"><hi rendition="#aq">Lanciz.<lb/> Opoſc. 9.<lb/> n.</hi> 97.</note><lb/> welcher von dem Theophilo/ Biſchoffen zu Alexandria/ und ſechs und<lb/> dreyſſig andern Biſchoffen auff das Calcedoniſche Conſilium wegen un-<lb/> terſchiedlicher falſchen Anklagungen gefordert/ etliche Mahl verdammet/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ins</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [287/0315]
Von der Gedult der Geiſtlichen.
allen: die aber an Heiligkeit andere uͤbertreffen/ dieſe gefallen den en nicht/
ſo da nicht heilig/ ſondern mittelmaͤſſig gut ſeynd. Wer nun den ſchoͤ-
nen Geruch der Tugenten im Angeſicht GOttes gleich einer Lilien auß-
zubreiten verlanget; der muß ſich anders nicht einbilden/ als daß er in die
Ungnad vieler gerathen werde. Ein wahrer Liebhaber GOttes aber muß
ſolches nicht achten/ ſondern der Worten Chriſti ſich erinnern: Der
Knecht iſt nicht groͤſſer/ dann ſein Herr iſt. Wann ſie
mich (wegen der guten Werck) verfolget haben/ ſo werden
euch auch verfolgen. Dann gleich wie der Wein in ſeiner Guͤte am be-
ſten erhalten wird/ wann er auff der Truſen oder Mutter ligen bleibet/ al-
ſo (ſagt Chriſtus der H. Brigittaͤ) koͤnnen die Gute und Gerechte in den
Tugenden nicht erhalten werden/ noch in denſelbigen zunehmen; es ſey dann
daß ſie durch Widerwaͤrtigkeit und Verfolgung der Boͤſen verſuchet wer-
den. Derſelben H. Mutter Brigittaͤ gibt eben ſolches zu verſtehen die Al-
lerſeeligſte Jungfrau Maria mit dieſeu Worten: Geichwie eine Roſe auch
weit von ſich einen lieblichen Geruch außſpreitet/ ſchoͤn iſt anzuſehen/ und
ſich ſanfft fuͤhlen laſſet: wachſet aber nicht/ als unter den Doͤrnen/ ſo den
Haͤnden hart/ den Augen ungeſtaltet/ und ohne Geruch vorkommen: alſo
koͤnnen die gute und Gerechte/ ob ſie ſchon wegen der Gedult milt ſeynd/
ſchoͤn an Sitten/ und wegen deß guten Exempels lieblich ſchmaͤcken; nicht
probiret werden/ weder auch in den Tugenden fortſchreiten/ als eben unter
den Boͤſen. Derhalben ſchlieſſet der H. Gregorius hieruͤber; daß nemb-
lich keiner vollkommen ſeye/ ſo da in Mitten der Gebrechen ſeiner Neben-
Menſchen nicht geduͤltig iſt: dann der die frembde Maͤngel und Unvollkom-
menheiten nicht Dult-muͤtig traget/ der gibt ſich ſelbſt durch ſeine Unge-
dult Zeugnuß/ daß er noch weit ſeye von aller Vollkommenheit; zumahlen
der jenige dem frommen Abel nicht will gleich ſeyn/ welcher durch die Boͤß-
heit deß Cain getummelt zu werden foͤrchtet.
Joan. 15.
v. 20.
L. 1. Re-
uel. c. 36.
17. Schließlich kan auch die Betrachtung der Gedult der Heili-
gen GOTTES/ deren ſie ſich auff dieſer Welt befliſſen haben/ zu
Erduldung der Ehr-ruͤhriſchen Beruchtigungen nicht wenig beytra-
gen. Unter denen iſt geweſen der heilige Joannes Chryſoſtomus/
welcher von dem Theophilo/ Biſchoffen zu Alexandria/ und ſechs und
dreyſſig andern Biſchoffen auff das Calcedoniſche Conſilium wegen un-
terſchiedlicher falſchen Anklagungen gefordert/ etliche Mahl verdammet/
ins
Lanciz.
Opoſc. 9.
n. 97.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |