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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von den Versuchungen.

7. Drittens muß er wissen/ daß in den Versuchungen die Empfindung
ihme keinen Schaden zufuge/ wann er sich nur nicht einlasset in die Bewil-
ligung: dann gleich wie das Feuer unter der Aschen verborgen ist/ obschon
dasselbige scheinet mit der Aschen gantz begraben zu seyn; also kan die Liebe im
Hertzen seyn/ wiewohl man vermeinen soll/ als wäre sie von den schwären
Versuchungen gantz erloschen. Aldieweilen dann/ nach Meinung deß
H. Gregorii/ die Schüsse/ so man vorsehet/ nicht so viel schaden/ als
die jenige/ deren man sich nicht versehet: so bedencke du/ mein Christliche
Seel/ dieses wohl vor der Versuchung; damit selbige dich nicht unversehens
überfalle und betrübe.

Der Andere Theil.

8. SO viel aber die Sinnligkeit oder Empfindligkeit der Versuchungen
belanget; sagt uns der H. Anselmus/ daß es ein Englische SachS. An-
selmus
apud
Drex. in
Palaest. p.
2. c. 5. §.
3.

seye/ wann man die Versuchungen nicht empfinde. Die Versuchungen
aber empfinden/ und überwinden/ sagt er/ seye ein Christliches Weeck. Das
man aber in die Versuchungen einwillige/ und auß Bößheit sündige/ seye
gantz und zu mahlen teuffelisch. Weilen nun die anfangende Geistliche o-
der Neulinge/ so in der Schulen Christi noch wenig geübet seynd/ wegen
der gemeinen Widerspennigkeit deß Fleisches nicht geringe Sorg tragen/
daß sie durch die Versuchungen villeicht werden gesündiget haben: so rathe
ich denselbigen/ daß sie Christum ihren Bräutigamb bey dem andächtigen
Blosio also redend anhören/ und dessen Wort wohl behertzigen. SchrecketIn Con-
sol. Pu-
sil. c. 40.
§. 1. n.
4.

dich villeicht/ daß du mit Sünden beladen/ auch das jenige/ so du vorhin
freywillig begangen hast; nun gegen deinen Willen leyden müssest? Ver-
folget dich dein Widersager/ und verübet mit dir seine Abscheuligkeiten?
Seye getröst/ mein Seel/ was du leydest in diesem Leben/ daß wird dich nit
verdammen/ und wird dich meiner Gnade nicht berauben: dann die Sünd
muß ist so freywillig seyn; daß/ wann sie nicht freywillig; auch keine Sünd
seye. Zwinge derhalben deinen Willen/ und halte ihn ab von der Bewilli-
gung; und lasse forthin den Teuffel und das Fleisch wüten. Wegen der
Thräum hastu dich nicht zu förchten: was du in selbigen thuen wirst/
was du immer schlaffend leyden wirst; wann solches dir vor/
und nach dem Schlaaff mißfällig ist; so wird dir dieses für

keine
Von den Verſuchungen.

7. Drittens muß er wiſſen/ daß in den Verſuchungen die Empfindung
ihme keinen Schaden zufuge/ wann er ſich nur nicht einlaſſet in die Bewil-
ligung: dann gleich wie das Feuer unter der Aſchen verborgen iſt/ obſchon
daſſelbige ſcheinet mit der Aſchen gantz begraben zu ſeyn; alſo kan die Liebe im
Hertzen ſeyn/ wiewohl man vermeinen ſoll/ als waͤre ſie von den ſchwaͤren
Verſuchungen gantz erloſchen. Aldieweilen dann/ nach Meinung deß
H. Gregorii/ die Schuͤſſe/ ſo man vorſehet/ nicht ſo viel ſchaden/ als
die jenige/ deren man ſich nicht verſehet: ſo bedencke du/ mein Chriſtliche
Seel/ dieſes wohl vor der Verſuchung; damit ſelbige dich nicht unverſehens
uͤberfalle und betruͤbe.

Der Andere Theil.

8. SO viel aber die Sinnligkeit oder Empfindligkeit der Verſuchungen
belanget; ſagt uns der H. Anſelmus/ daß es ein Engliſche SachS. An-
ſelmus
apud
Drex. in
Palæſt. p.
2. c. 5. §.
3.

ſeye/ wann man die Verſuchungen nicht empfinde. Die Verſuchungen
aber empfinden/ und uͤberwinden/ ſagt er/ ſeye ein Chriſtliches Weeck. Das
man aber in die Verſuchungen einwillige/ und auß Boͤßheit ſuͤndige/ ſeye
gantz und zu mahlen teuffeliſch. Weilen nun die anfangende Geiſtliche o-
der Neulinge/ ſo in der Schulen Chriſti noch wenig geuͤbet ſeynd/ wegen
der gemeinen Widerſpennigkeit deß Fleiſches nicht geringe Sorg tragen/
daß ſie durch die Verſuchungen villeicht werden geſuͤndiget haben: ſo rathe
ich denſelbigen/ daß ſie Chriſtum ihren Braͤutigamb bey dem andaͤchtigen
Bloſio alſo redend anhoͤren/ und deſſen Wort wohl behertzigen. SchrecketIn Con-
ſol. Pu-
ſil. c. 40.
§. 1. n.
4.

dich villeicht/ daß du mit Suͤnden beladen/ auch das jenige/ ſo du vorhin
freywillig begangen haſt; nun gegen deinen Willen leyden muͤſſeſt? Ver-
folget dich dein Widerſager/ und veruͤbet mit dir ſeine Abſcheuligkeiten?
Seye getroͤſt/ mein Seel/ was du leydeſt in dieſem Leben/ daß wird dich nit
verdammen/ und wird dich meiner Gnade nicht berauben: dann die Suͤnd
muß iſt ſo freywillig ſeyn; daß/ wann ſie nicht freywillig; auch keine Suͤnd
ſeye. Zwinge derhalben deinen Willen/ und halte ihn ab von der Bewilli-
gung; und laſſe forthin den Teuffel und das Fleiſch wuͤten. Wegen der
Thraͤum haſtu dich nicht zu foͤrchten: was du in ſelbigen thuen wirſt/
was du immer ſchlaffend leyden wirſt; wann ſolches dir vor/
und nach dem Schlaaff mißfaͤllig iſt; ſo wird dir dieſes fuͤr

keine
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[311/0339] Von den Verſuchungen. 7. Drittens muß er wiſſen/ daß in den Verſuchungen die Empfindung ihme keinen Schaden zufuge/ wann er ſich nur nicht einlaſſet in die Bewil- ligung: dann gleich wie das Feuer unter der Aſchen verborgen iſt/ obſchon daſſelbige ſcheinet mit der Aſchen gantz begraben zu ſeyn; alſo kan die Liebe im Hertzen ſeyn/ wiewohl man vermeinen ſoll/ als waͤre ſie von den ſchwaͤren Verſuchungen gantz erloſchen. Aldieweilen dann/ nach Meinung deß H. Gregorii/ die Schuͤſſe/ ſo man vorſehet/ nicht ſo viel ſchaden/ als die jenige/ deren man ſich nicht verſehet: ſo bedencke du/ mein Chriſtliche Seel/ dieſes wohl vor der Verſuchung; damit ſelbige dich nicht unverſehens uͤberfalle und betruͤbe. Der Andere Theil. 8. SO viel aber die Sinnligkeit oder Empfindligkeit der Verſuchungen belanget; ſagt uns der H. Anſelmus/ daß es ein Engliſche Sach ſeye/ wann man die Verſuchungen nicht empfinde. Die Verſuchungen aber empfinden/ und uͤberwinden/ ſagt er/ ſeye ein Chriſtliches Weeck. Das man aber in die Verſuchungen einwillige/ und auß Boͤßheit ſuͤndige/ ſeye gantz und zu mahlen teuffeliſch. Weilen nun die anfangende Geiſtliche o- der Neulinge/ ſo in der Schulen Chriſti noch wenig geuͤbet ſeynd/ wegen der gemeinen Widerſpennigkeit deß Fleiſches nicht geringe Sorg tragen/ daß ſie durch die Verſuchungen villeicht werden geſuͤndiget haben: ſo rathe ich denſelbigen/ daß ſie Chriſtum ihren Braͤutigamb bey dem andaͤchtigen Bloſio alſo redend anhoͤren/ und deſſen Wort wohl behertzigen. Schrecket dich villeicht/ daß du mit Suͤnden beladen/ auch das jenige/ ſo du vorhin freywillig begangen haſt; nun gegen deinen Willen leyden muͤſſeſt? Ver- folget dich dein Widerſager/ und veruͤbet mit dir ſeine Abſcheuligkeiten? Seye getroͤſt/ mein Seel/ was du leydeſt in dieſem Leben/ daß wird dich nit verdammen/ und wird dich meiner Gnade nicht berauben: dann die Suͤnd muß iſt ſo freywillig ſeyn; daß/ wann ſie nicht freywillig; auch keine Suͤnd ſeye. Zwinge derhalben deinen Willen/ und halte ihn ab von der Bewilli- gung; und laſſe forthin den Teuffel und das Fleiſch wuͤten. Wegen der Thraͤum haſtu dich nicht zu foͤrchten: was du in ſelbigen thuen wirſt/ was du immer ſchlaffend leyden wirſt; wann ſolches dir vor/ und nach dem Schlaaff mißfaͤllig iſt; ſo wird dir dieſes fuͤr keine S. An- ſelmus apud Drex. in Palæſt. p. 2. c. 5. §. 3. In Con- ſol. Pu- ſil. c. 40. §. 1. n. 4.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/339>, abgerufen am 28.11.2024.