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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von den Versuchungen.
Hiervon lesen wir im Leben der H. H. Vätter und anderer frommen Diener
GOttes/ daß selbige durch die alleinige heylsame Offenbahrung ihrer An-
fechtungen diesem ihrem Haubt-Feind grossen Schaden zugefüget/ und sei-
ner Hoffnung entsetzt haben: derhalben befleisset er sich zu verhüten/ daß das
versuchte Hertz deß Menschen sich nicht außgiesse/ und seinen Zustand ei-In Reg.
de Dilcr.
sp.
§ 13.

nem anderen entdecke; gleich wie ein unkeuscher Liebhaber/ sagt der heilige Ig
natius Lojola,
der die Verführung eines Mägdlein suchet; sich nichts so
sehr lasset angelegen seyn; als daß dem Vatter desselben sein Vorhaben ver-
borgen bleibe.

17. Viele haben auch das böse Eingeben der höllischen Geister mit Ver-
spott- und Verhönung desselben vernichtiget; sie haben seinen Rath außge-
lacht/ und mit jenem Wirth/ welcher auff seine Hauß-Thüren geschrieben:
Morgen verkauffich Wein umbsonst: Jhm geantwortet: Mor-
gen will ich ewer Eingeben anhören/ heut gibts mir darzu keine Gelegenheit:
am folgenden Tag haben sie ihn ebener Gestalt abgefertiget/ und auffden
morgigen Tag sich beziehen mit jenem Geistlichen/ welchem der TeuffelLib. 9.
gerathen/ er solle das Closter verlassen: Abends sagte er/ morgen will ich fort-
gehen/ und wann der morgen heran kommen ware/ sagte er; ich will sehen/ ob
ich noch diesen Tag umb meines Herrn willen verbleiben kan: dieß hat er
neun Jahr lang geübet/ und also mit seinem losen Raths - Geber nur den
Schertz getrieben/ biß er von der Versuchung völliglich ist befreyet worden.
Einem andern gabe der Teuffel ein/ er solte/ so bald ihn zur Morgen-Stund
hungerte/ sich ohne Schew entnüchteren: dieser Geistliche aber wider stunde
der Versuchung/ und sagte bey sich selbsten/ ich will warten biß zur sechsten
Stund: da nun selbige Stund heran kommen ware; sagte er seinen Gedan-
cken: jetzt muß ich fasten biß zur neunten Stund: umb diese Zeit dunckte er
das Brod ins Wasser/ und sagte: vor zwölff Uhren will ich gar nichts essen:
und zu selbiger Stund verrichtete er alles gewöhnliche Gebett und Psalter/
wie es die Regel erforderete/ und fieng hernach an zu essen: dieses hat er viele
Tag nach einander also geübet; biß er endlich einsmahls umb zwölff Uhren/
unter währendem Mittagmahl gesehen/ daß ein dicker Rauch auß dem Brod-
Korb empör gestiegen/ und zum Fenster der Zellen hinauß gefahren: und
von selbiger Zeit ist er von dieser Anfechtung erlediget worden/ daß nach-
mahls auch biß auff den dritten Tag gefastet.

Der
S s

Von den Verſuchungen.
Hiervon leſen wir im Leben der H. H. Vaͤtter und anderer frommen Diener
GOttes/ daß ſelbige durch die alleinige heylſame Offenbahrung ihrer An-
fechtungen dieſem ihrem Haubt-Feind groſſen Schaden zugefuͤget/ und ſei-
ner Hoffnung entſetzt haben: derhalben befleiſſet er ſich zu verhuͤten/ daß das
verſuchte Hertz deß Menſchen ſich nicht außgieſſe/ und ſeinen Zuſtand ei-In Reg.
de Dilcr.
ſp.
§ 13.

nem anderen entdecke; gleich wie ein unkeuſcher Liebhaber/ ſagt der heilige Ig
natius Lojola,
der die Verfuͤhrung eines Maͤgdlein ſuchet; ſich nichts ſo
ſehr laſſet angelegen ſeyn; als daß dem Vatter deſſelben ſein Vorhaben ver-
borgen bleibe.

17. Viele haben auch das boͤſe Eingeben der hoͤlliſchen Geiſter mit Ver-
ſpott- und Verhoͤnung deſſelben vernichtiget; ſie haben ſeinen Rath außge-
lacht/ und mit jenem Wirth/ welcher auff ſeine Hauß-Thuͤren geſchrieben:
Morgen verkauffich Wein umbſonſt: Jhm geantwortet: Mor-
gen will ich ewer Eingeben anhoͤren/ heut gibts mir darzu keine Gelegenheit:
am folgenden Tag haben ſie ihn ebener Geſtalt abgefertiget/ und auffden
morgigen Tag ſich beziehen mit jenem Geiſtlichen/ welchem der TeuffelLib. 9.
gerathen/ er ſolle das Cloſter verlaſſen: Abends ſagte er/ morgen will ich fort-
gehen/ und wann der morgen heran kommen ware/ ſagte er; ich will ſehen/ ob
ich noch dieſen Tag umb meines Herrn willen verbleiben kan: dieß hat er
neun Jahr lang geuͤbet/ und alſo mit ſeinem loſen Raths - Geber nur den
Schertz getrieben/ biß er von der Verſuchung voͤlliglich iſt befreyet worden.
Einem andern gabe der Teuffel ein/ er ſolte/ ſo bald ihn zur Morgen-Stund
hungerte/ ſich ohne Schew entnuͤchteren: dieſer Geiſtliche aber wider ſtunde
der Verſuchung/ und ſagte bey ſich ſelbſten/ ich will warten biß zur ſechſten
Stund: da nun ſelbige Stund heran kommen ware; ſagte er ſeinen Gedan-
cken: jetzt muß ich faſten biß zur neunten Stund: umb dieſe Zeit dunckte er
das Brod ins Waſſer/ und ſagte: vor zwoͤlff Uhren will ich gar nichts eſſen:
und zu ſelbiger Stund verrichtete er alles gewoͤhnliche Gebett und Pſalter/
wie es die Regel erforderete/ und fieng hernach an zu eſſen: dieſes hat er viele
Tag nach einander alſo geuͤbet; biß er endlich einsmahls umb zwoͤlff Uhren/
unter waͤhrendem Mittagmahl geſehen/ daß ein dicker Rauch auß dem Brod-
Korb empoͤr geſtiegen/ und zum Fenſter der Zellen hinauß gefahren: und
von ſelbiger Zeit iſt er von dieſer Anfechtung erlediget worden/ daß nach-
mahls auch biß auff den dritten Tag gefaſtet.

Der
S ſ
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[321/0349] Von den Verſuchungen. Hiervon leſen wir im Leben der H. H. Vaͤtter und anderer frommen Diener GOttes/ daß ſelbige durch die alleinige heylſame Offenbahrung ihrer An- fechtungen dieſem ihrem Haubt-Feind groſſen Schaden zugefuͤget/ und ſei- ner Hoffnung entſetzt haben: derhalben befleiſſet er ſich zu verhuͤten/ daß das verſuchte Hertz deß Menſchen ſich nicht außgieſſe/ und ſeinen Zuſtand ei- nem anderen entdecke; gleich wie ein unkeuſcher Liebhaber/ ſagt der heilige Ig natius Lojola, der die Verfuͤhrung eines Maͤgdlein ſuchet; ſich nichts ſo ſehr laſſet angelegen ſeyn; als daß dem Vatter deſſelben ſein Vorhaben ver- borgen bleibe. In Reg. de Dilcr. ſp. § 13. 17. Viele haben auch das boͤſe Eingeben der hoͤlliſchen Geiſter mit Ver- ſpott- und Verhoͤnung deſſelben vernichtiget; ſie haben ſeinen Rath außge- lacht/ und mit jenem Wirth/ welcher auff ſeine Hauß-Thuͤren geſchrieben: Morgen verkauffich Wein umbſonſt: Jhm geantwortet: Mor- gen will ich ewer Eingeben anhoͤren/ heut gibts mir darzu keine Gelegenheit: am folgenden Tag haben ſie ihn ebener Geſtalt abgefertiget/ und auffden morgigen Tag ſich beziehen mit jenem Geiſtlichen/ welchem der Teuffel gerathen/ er ſolle das Cloſter verlaſſen: Abends ſagte er/ morgen will ich fort- gehen/ und wann der morgen heran kommen ware/ ſagte er; ich will ſehen/ ob ich noch dieſen Tag umb meines Herrn willen verbleiben kan: dieß hat er neun Jahr lang geuͤbet/ und alſo mit ſeinem loſen Raths - Geber nur den Schertz getrieben/ biß er von der Verſuchung voͤlliglich iſt befreyet worden. Einem andern gabe der Teuffel ein/ er ſolte/ ſo bald ihn zur Morgen-Stund hungerte/ ſich ohne Schew entnuͤchteren: dieſer Geiſtliche aber wider ſtunde der Verſuchung/ und ſagte bey ſich ſelbſten/ ich will warten biß zur ſechſten Stund: da nun ſelbige Stund heran kommen ware; ſagte er ſeinen Gedan- cken: jetzt muß ich faſten biß zur neunten Stund: umb dieſe Zeit dunckte er das Brod ins Waſſer/ und ſagte: vor zwoͤlff Uhren will ich gar nichts eſſen: und zu ſelbiger Stund verrichtete er alles gewoͤhnliche Gebett und Pſalter/ wie es die Regel erforderete/ und fieng hernach an zu eſſen: dieſes hat er viele Tag nach einander alſo geuͤbet; biß er endlich einsmahls umb zwoͤlff Uhren/ unter waͤhrendem Mittagmahl geſehen/ daß ein dicker Rauch auß dem Brod- Korb empoͤr geſtiegen/ und zum Fenſter der Zellen hinauß gefahren: und von ſelbiger Zeit iſt er von dieſer Anfechtung erlediget worden/ daß nach- mahls auch biß auff den dritten Tag gefaſtet. Lib. 9. Der S ſ

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/349>, abgerufen am 18.06.2024.