Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von dem Glauben. gen Ubungen; derhalben sie mit möglicher und unzulässiger Begier-lichkeit nach den weltlichen/ und von ihnen verlassenen falschen und betrieglichen Freuden und Ergötzlichkeiten mit unzulässiger Bewe- gung ihres Hertzens zurucksehen. Alle verstehen sich ohne einigen Wanckelmuth zu diesen Worten der H. Schrifft: Wer sich erhö-Luc. 14. v. 11. het/ der wird erniedrigt/ und wer sich erniedrigt/ der wird erhöhet werden. Und gleichwohl wie wenige seynd demüthig von Hertzen? Hergegen aber wie hat bey vielen die Hoffart und Ehr-Geitz dergestalt überhand genommen/ daß sie umb zeitliche Ehren und Würden zu erlangen allen Fleiß anwenden/ und sich eusserist bemühen/ diese oder jene Praelatur zu erwischen. Schließ- lich wissen alle wohl und glauben den Dreu-Worten CHristi/ mit denen Er allen schwermenden/ vollfressenden/ und sich unzimblicher massen verlustirenden zuredet: Wehe euch/ die ihr gesät-Luc. 6. v. 25. tiget seid; Dann ihr werdet hunger leiden: Wehe euch/ die ihr jetzt lachet/ dann ihr werdet trauren und weinen. Aber waß richtet unser gütige Heyland mit so scharffer Betrohung bey vielen Geistlichen auß? Wir sehen/ erbarm sichs GOtt! bey nicht wenigen grosse Außgelassenheit und unor- dentliche Neigung zu den Gastmahlen und Fressereyen/ und wie sel- bige das Fasten gleich der Pest fliehen/ heimbliche Zusammenkünff- ten suchen/ und den Bauch mit schleckerhafften Speisen anzufül- len sich bemühen. 6. Nun siehe; diese und dergleichen alle glauben alles/ was jedoch
Von dem Glauben. gen Ubungen; derhalben ſie mit moͤglicher und unzulaͤſſiger Begier-lichkeit nach den weltlichen/ und von ihnen verlaſſenen falſchen und betrieglichen Freuden und Ergoͤtzlichkeiten mit unzulaͤſſiger Bewe- gung ihres Hertzens zuruckſehen. Alle verſtehen ſich ohne einigen Wanckelmuth zu dieſen Worten der H. Schrifft: Wer ſich erhoͤ-Luc. 14. v. 11. het/ der wird erniedrigt/ und wer ſich erniedrigt/ der wird erhoͤhet werden. Und gleichwohl wie wenige ſeynd demuͤthig von Hertzen? Hergegen aber wie hat bey vielen die Hoffart und Ehr-Geitz dergeſtalt uͤberhand genommen/ daß ſie umb zeitliche Ehren und Wuͤrden zu erlangen allen Fleiß anwenden/ und ſich euſſeriſt bemuͤhen/ dieſe oder jene Prælatur zu erwiſchen. Schließ- lich wiſſen alle wohl und glauben den Dreu-Worten CHriſti/ mit denen Er allen ſchwermenden/ vollfreſſenden/ und ſich unzimblicher maſſen verluſtirenden zuredet: Wehe euch/ die ihr geſaͤt-Luc. 6. v. 25. tiget ſeid; Dann ihr werdet hunger leiden: Wehe euch/ die ihr jetzt lachet/ dann ihr werdet trauren und weinen. Aber waß richtet unſer guͤtige Heyland mit ſo ſcharffer Betrohung bey vielen Geiſtlichen auß? Wir ſehen/ erbarm ſichs GOtt! bey nicht wenigen groſſe Außgelaſſenheit und unor- dentliche Neigung zu den Gaſtmahlen und Freſſereyen/ und wie ſel- bige das Faſten gleich der Peſt fliehen/ heimbliche Zuſammenkuͤnff- ten ſuchen/ und den Bauch mit ſchleckerhafften Speiſen anzufuͤl- len ſich bemuͤhen. 6. Nun ſiehe; dieſe und dergleichen alle glauben alles/ was jedoch
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Von dem Glauben.
gen Ubungen; derhalben ſie mit moͤglicher und unzulaͤſſiger Begier-
lichkeit nach den weltlichen/ und von ihnen verlaſſenen falſchen und
betrieglichen Freuden und Ergoͤtzlichkeiten mit unzulaͤſſiger Bewe-
gung ihres Hertzens zuruckſehen. Alle verſtehen ſich ohne einigen
Wanckelmuth zu dieſen Worten der H. Schrifft: Wer ſich erhoͤ-
het/ der wird erniedrigt/ und wer ſich erniedrigt/
der wird erhoͤhet werden. Und gleichwohl wie wenige
ſeynd demuͤthig von Hertzen? Hergegen aber wie hat bey vielen die
Hoffart und Ehr-Geitz dergeſtalt uͤberhand genommen/ daß ſie umb
zeitliche Ehren und Wuͤrden zu erlangen allen Fleiß anwenden/ und
ſich euſſeriſt bemuͤhen/ dieſe oder jene Prælatur zu erwiſchen. Schließ-
lich wiſſen alle wohl und glauben den Dreu-Worten CHriſti/ mit
denen Er allen ſchwermenden/ vollfreſſenden/ und ſich unzimblicher
maſſen verluſtirenden zuredet: Wehe euch/ die ihr geſaͤt-
tiget ſeid; Dann ihr werdet hunger leiden: Wehe
euch/ die ihr jetzt lachet/ dann ihr werdet trauren
und weinen. Aber waß richtet unſer guͤtige Heyland mit ſo
ſcharffer Betrohung bey vielen Geiſtlichen auß? Wir ſehen/ erbarm
ſichs GOtt! bey nicht wenigen groſſe Außgelaſſenheit und unor-
dentliche Neigung zu den Gaſtmahlen und Freſſereyen/ und wie ſel-
bige das Faſten gleich der Peſt fliehen/ heimbliche Zuſammenkuͤnff-
ten ſuchen/ und den Bauch mit ſchleckerhafften Speiſen anzufuͤl-
len ſich bemuͤhen.
Luc. 14.
v. 11.
Luc. 6.
v. 25.
6. Nun ſiehe; dieſe und dergleichen alle glauben alles/ was
die Chriſt-Catholiſche Kirch zu glauben vorgeſtellet: und gleich-
wohl was ſie glauben/ daß thun ſie mit nichten. Soll man ſolche
nicht billig als naͤrriſche Menſchen außlachen? Nicht mein/ ſon-
dern deß hoch-gelehrten und Gottſeeligen Joannis Avila Meinung
und Urtheil uͤber ſothane Unmenſchen/ hoͤre an/ mein Chriſtliche Seel:
der meiſte Theil der Menſchen/ ſagt er/ verdienen einen von dieſen
beyden Kaͤrckeren; oder den Kaͤrcker derjenigen/ die man im Glauben
verdaͤchtig haltet/ wann ſie nicht glaubten: oder den Kaͤrcker der
Narren und Unwitzigen/ wann ſie glaubten/ und gleichwohl deme/
was ſie glauben/ nicht nachlebten. Wiewohl nur ſolche auff die-
ſer Welt in die verdiente Kaͤrcker nicht geworffen werden; ſo iſt
jedoch
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