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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von den Versuchungen.
und erfreulicher Ort gezeiget worden; woselbst er einen Sessel/ und auff
dem Sessel sieben Krohnen gesehen/ und vernommen hat/ daß selbige seinem
Lehr- Jünger zubereitet wären; und daß er den gedachten Ort und Sessel
durch seinen auffrichtigen Lebens-Wandel; die sieben Krohnen aber in der
nächst- verwichenen Nacht durch erhaltene siebenmahlige Victori gegen sei-
nen Feind verdienet habe.

21. Hierauß lernen wir/ wie frey gebiglich der gütige GOtt auch die we-
nige gute Gedancken vergelte. Es ist auch allhier wohl zu beobachten/ daß
der höllische Neid-Hund sich nicht allzeit unterstehe/ den Menschen durch
böse Eingebungen zu betriegen; sondern vermittelst der guten Eingebungen
uns heimblich uachstelle/ damit auß dem Guten böses erfolgen möge. Hier-
über lesen wir in den Historien der Societät JEsu von einem Magistro,
welchem der böse Feind/ daer die Jugend die freye Künsten lehrete/ in der
Gestalt deß H. Pauli erschienen/ und ihn ermahnet/ er solle diese eitele
Wissenschafften fahren lassen/ und an statt deren seine Epistelen lesen.
Solcher Ermahnung ist der gute Magister alsbald nachkommen/ und hat
an Platz deß wohl- redenden Ciceronis/ die Send-Schreiben deß gemeldten
Apostels er griffen: demnach er nun selbige ein lange Zeit/ ohne Vorwissen
seiner Obrigkeit gelesen/ ist er endlich in so grosse Unglückseeligkeit gerathen/
daß er die Societät/ mit seinem darauff gefolgten eussersten Verderben/
verlassen hat; damit nun der arglistige Feind sich bey den armen Menschen
desto glimplicher einflicke/ und denselben betriege; folgt er die Manier der-
jenigen Dieben nach/ so da/ umb allen Argwohn deß Diebstalls zu benehmen/
und den Leutenfüglicher beyzukommen/ in seiden- und sammeten Kleidern
auffziehen; und streichet hervor mit aller erdichten Andacht und Holdseelig-
keit. Also ist betrogen worden ein Jüngling/ welcher in das sechste Jahr in
der Wüsten frömlich gelebt hatte; indem selbigem der Teuffel in Persohn
eines Einsidlers erschienen/ und ihn überredet/ daß er mit ihm/ umb das
Hoch-Heilige Sacrament deß Altars zu empfangen/ in die nächst-gekegene
Kirchen gangen. Ware nicht dieser freylig ein heiliger Rath? nichts de-
soweniger aber ist selbiger dem erwehnten Jüngling zu seinem Verderben
außgeschlagen; wie an einem andern Ort hernacher mit mehrern zu sehen
ist. Wilstu dann/ mein Christliche Seel/ das sichere spielen/ so nehme
deine Zuflucht in allen Versuchungen bey einem verständigen und erfahr-
ren Mann/ und folge dessen Rath; so wirstu dem schalckhafften Betrug deß
bösen Feinds ohn Zweiffelentgehen; und mit obgemeldtem Magister/ und

jetzt
S s 3

Von den Verſuchungen.
und erfreulicher Ort gezeiget worden; woſelbſt er einen Seſſel/ und auff
dem Seſſel ſieben Krohnen geſehen/ und vernommen hat/ daß ſelbige ſeinem
Lehr- Juͤnger zubereitet waͤren; und daß er den gedachten Ort und Seſſel
durch ſeinen auffrichtigen Lebens-Wandel; die ſieben Krohnen aber in der
naͤchſt- verwichenen Nacht durch erhaltene ſiebenmahlige Victori gegen ſei-
nen Feind verdienet habe.

21. Hierauß lernen wir/ wie frey gebiglich der guͤtige GOtt auch die we-
nige gute Gedancken vergelte. Es iſt auch allhier wohl zu beobachten/ daß
der hoͤlliſche Neid-Hund ſich nicht allzeit unterſtehe/ den Menſchen durch
boͤſe Eingebungen zu betriegen; ſondern vermittelſt der guten Eingebungen
uns heimblich uachſtelle/ damit auß dem Guten boͤſes erfolgen moͤge. Hier-
uͤber leſen wir in den Hiſtorien der Societaͤt JEſu von einem Magiſtro,
welchem der boͤſe Feind/ daer die Jugend die freye Kuͤnſten lehrete/ in der
Geſtalt deß H. Pauli erſchienen/ und ihn ermahnet/ er ſolle dieſe eitele
Wiſſenſchafften fahren laſſen/ und an ſtatt deren ſeine Epiſtelen leſen.
Solcher Ermahnung iſt der gute Magiſter alsbald nachkommen/ und hat
an Platz deß wohl- redenden Ciceronis/ die Send-Schreiben deß gemeldten
Apoſtels er griffen: demnach er nun ſelbige ein lange Zeit/ ohne Vorwiſſen
ſeiner Obrigkeit geleſen/ iſt er endlich in ſo groſſe Ungluͤckſeeligkeit gerathen/
daß er die Societaͤt/ mit ſeinem darauff gefolgten euſſerſten Verderben/
verlaſſen hat; damit nun der argliſtige Feind ſich bey den armen Menſchen
deſto glimplicher einflicke/ und denſelben betriege; folgt er die Manier der-
jenigen Dieben nach/ ſo da/ umb allen Argwohn deß Diebſtalls zu benehmen/
und den Leutenfuͤglicher beyzukommen/ in ſeiden- und ſammeten Kleidern
auffziehen; und ſtreichet hervor mit aller erdichten Andacht und Holdſeelig-
keit. Alſo iſt betrogen worden ein Juͤngling/ welcher in das ſechſte Jahr in
der Wuͤſten froͤmlich gelebt hatte; indem ſelbigem der Teuffel in Perſohn
eines Einſidlers erſchienen/ und ihn uͤberredet/ daß er mit ihm/ umb das
Hoch-Heilige Sacrament deß Altars zu empfangen/ in die naͤchſt-gekegene
Kirchen gangen. Ware nicht dieſer freylig ein heiliger Rath? nichts de-
ſoweniger aber iſt ſelbiger dem erwehnten Juͤngling zu ſeinem Verderben
außgeſchlagen; wie an einem andern Ort hernacher mit mehrern zu ſehen
iſt. Wilſtu dann/ mein Chriſtliche Seel/ das ſichere ſpielen/ ſo nehme
deine Zuflucht in allen Verſuchungen bey einem verſtaͤndigen und erfahr-
ren Mann/ und folge deſſen Rath; ſo wirſtu dem ſchalckhafften Betrug deß
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jetzt
S s 3
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[325/0353] Von den Verſuchungen. und erfreulicher Ort gezeiget worden; woſelbſt er einen Seſſel/ und auff dem Seſſel ſieben Krohnen geſehen/ und vernommen hat/ daß ſelbige ſeinem Lehr- Juͤnger zubereitet waͤren; und daß er den gedachten Ort und Seſſel durch ſeinen auffrichtigen Lebens-Wandel; die ſieben Krohnen aber in der naͤchſt- verwichenen Nacht durch erhaltene ſiebenmahlige Victori gegen ſei- nen Feind verdienet habe. 21. Hierauß lernen wir/ wie frey gebiglich der guͤtige GOtt auch die we- nige gute Gedancken vergelte. Es iſt auch allhier wohl zu beobachten/ daß der hoͤlliſche Neid-Hund ſich nicht allzeit unterſtehe/ den Menſchen durch boͤſe Eingebungen zu betriegen; ſondern vermittelſt der guten Eingebungen uns heimblich uachſtelle/ damit auß dem Guten boͤſes erfolgen moͤge. Hier- uͤber leſen wir in den Hiſtorien der Societaͤt JEſu von einem Magiſtro, welchem der boͤſe Feind/ daer die Jugend die freye Kuͤnſten lehrete/ in der Geſtalt deß H. Pauli erſchienen/ und ihn ermahnet/ er ſolle dieſe eitele Wiſſenſchafften fahren laſſen/ und an ſtatt deren ſeine Epiſtelen leſen. Solcher Ermahnung iſt der gute Magiſter alsbald nachkommen/ und hat an Platz deß wohl- redenden Ciceronis/ die Send-Schreiben deß gemeldten Apoſtels er griffen: demnach er nun ſelbige ein lange Zeit/ ohne Vorwiſſen ſeiner Obrigkeit geleſen/ iſt er endlich in ſo groſſe Ungluͤckſeeligkeit gerathen/ daß er die Societaͤt/ mit ſeinem darauff gefolgten euſſerſten Verderben/ verlaſſen hat; damit nun der argliſtige Feind ſich bey den armen Menſchen deſto glimplicher einflicke/ und denſelben betriege; folgt er die Manier der- jenigen Dieben nach/ ſo da/ umb allen Argwohn deß Diebſtalls zu benehmen/ und den Leutenfuͤglicher beyzukommen/ in ſeiden- und ſammeten Kleidern auffziehen; und ſtreichet hervor mit aller erdichten Andacht und Holdſeelig- keit. Alſo iſt betrogen worden ein Juͤngling/ welcher in das ſechſte Jahr in der Wuͤſten froͤmlich gelebt hatte; indem ſelbigem der Teuffel in Perſohn eines Einſidlers erſchienen/ und ihn uͤberredet/ daß er mit ihm/ umb das Hoch-Heilige Sacrament deß Altars zu empfangen/ in die naͤchſt-gekegene Kirchen gangen. Ware nicht dieſer freylig ein heiliger Rath? nichts de- ſoweniger aber iſt ſelbiger dem erwehnten Juͤngling zu ſeinem Verderben außgeſchlagen; wie an einem andern Ort hernacher mit mehrern zu ſehen iſt. Wilſtu dann/ mein Chriſtliche Seel/ das ſichere ſpielen/ ſo nehme deine Zuflucht in allen Verſuchungen bey einem verſtaͤndigen und erfahr- ren Mann/ und folge deſſen Rath; ſo wirſtu dem ſchalckhafften Betrug deß boͤſen Feinds ohn Zweiffelentgehen; und mit obgemeldtem Magiſter/ und jetzt S s 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/353>, abgerufen am 26.06.2024.