Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Funff und Zwantzigste Geistliche Lection
jetzt gedachtem Jüngling/ der den Rath seines Alt-Vatters in den Wind
geschlagen hat/ dich in die ewige Verdambnüß so jämmerlich nicht
stürtzen.

22. Dieweilen wir bißhero gehandlet/ was vor und in der Versuchung
zu beobachten seye; als ist nun übrig/ in der kürtze zu melden/ wie man
sich nach derselben verhalten solle: und zwarn Erstlich/ daß man
für den erhaltenen Sieg/ dem lieben GOtt mit dem Königlichen Pro-
Ps. 143. v.
1.
pheten schuldigsten Danck sage: Gebenedeyet sey der HERR
mein GOtt/ der meine Hände zum Streit abrichtet/
und meine Finger zum Kriege. Zum andern/
daß man sich
nicht einbilde/ der Feind seye auffs Haupt geschlagen/ wann der Streit
einmahl gewonnen ist; sondern daran gedencke/ was der Ehr-würdige
Vatter Beda sagt; daß nemblich der böse Geist/ nachdem er unsern
Beda
sup. Luc.
Seelen den Streit der Versuchungen hat zugebracht/ offt von diesem sei-
nem Fecht-Platz biß auff eine andere Zeit offtmahl entweiche; nicht/ daß
er der angebrachten Boßheit ein Ende mache: sondern damit er die Hertzen/
welche er vermittelst solcher Ruhe in Sicherheit gestelt hat/ nachmahln
mit einem schnellen Uberfall beängstige. Hierzu gehöret auch/ daß man
nicht verzage oder sich betrübe/ wann man nach Erlegung der stärcke-
sten Feinden vermercke/ daß noch von dem schwächesten angefochten
werde: sintemahlen dieses (wie der H. Gregorius gar weißlich darvon re-
det) auß Göttlicher Vorsehung also geschicht/ auff daß der von allen
L. 4. Mor.Seiten mit Tugenden gezierte Mensch sich nicht erhebe; und/ in dem
er eine geringe straff-mässige Sach an sich sehet/ und selbige doch nicht
überwinden kan/ nicht seinen Kräfften/ sondern GOtt den Sieg in dem
jenigen zuschreibe/ so er starckmütiglich bezwingen kan. Drittens
und schließlich ist zu wissen/ daß/ wann einer befindet/ daß er in der Ver-
suchung gefallen/ und den Kürtzern gezogen habe/ dannoch nicht ver-
zweiffle; sondern vielmehr die heylsame Lehr deß Gott- seeligen Thomae a
Kempis
annehme/ und dessen Rath folge/ der in Persohn deß HErrn also
L. 3. c. 6.spricht: Streite als ein guter Kriegs-Mann; und so du
etwan auß Blödigkeit fallest/ so empfahe wiederumb
noch stärckere Kräfften/ weder die vorige gewesen seynd/
und hab gar gute Hoffnung zu meiner uberflüssigen
Gnad.
Es lasset aber die Göttliche Weißheit bißweilen zu/ daß auch
die Ausserwählte selbst in Sünden fallen/ damit sie auß ihren eigenen Feh-

lern

Die Funff und Zwantzigſte Geiſtliche Lection
jetzt gedachtem Juͤngling/ der den Rath ſeines Alt-Vatters in den Wind
geſchlagen hat/ dich in die ewige Verdambnuͤß ſo jaͤmmerlich nicht
ſtuͤrtzen.

22. Dieweilen wir bißhero gehandlet/ was vor und in der Verſuchung
zu beobachten ſeye; als iſt nun uͤbrig/ in der kuͤrtze zu melden/ wie man
ſich nach derſelben verhalten ſolle: und zwarn Erſtlich/ daß man
fuͤr den erhaltenen Sieg/ dem lieben GOtt mit dem Koͤniglichen Pro-
Pſ. 143. v.
1.
pheten ſchuldigſten Danck ſage: Gebenedeyet ſey der HERR
mein GOtt/ der meine Haͤnde zum Streit abrichtet/
und meine Finger zum Kriege. Zum andern/
daß man ſich
nicht einbilde/ der Feind ſeye auffs Haupt geſchlagen/ wann der Streit
einmahl gewonnen iſt; ſondern daran gedencke/ was der Ehr-wuͤrdige
Vatter Beda ſagt; daß nemblich der boͤſe Geiſt/ nachdem er unſern
Beda
ſup. Luc.
Seelen den Streit der Verſuchungen hat zugebracht/ offt von dieſem ſei-
nem Fecht-Platz biß auff eine andere Zeit offtmahl entweiche; nicht/ daß
er der angebrachten Boßheit ein Ende mache: ſondern damit er die Hertzen/
welche er vermittelſt ſolcher Ruhe in Sicherheit geſtelt hat/ nachmahln
mit einem ſchnellen Uberfall beaͤngſtige. Hierzu gehoͤret auch/ daß man
nicht verzage oder ſich betruͤbe/ wann man nach Erlegung der ſtaͤrcke-
ſten Feinden vermercke/ daß noch von dem ſchwaͤcheſten angefochten
werde: ſintemahlen dieſes (wie der H. Gregorius gar weißlich darvon re-
det) auß Goͤttlicher Vorſehung alſo geſchicht/ auff daß der von allen
L. 4. Mor.Seiten mit Tugenden gezierte Menſch ſich nicht erhebe; und/ in dem
er eine geringe ſtraff-maͤſſige Sach an ſich ſehet/ und ſelbige doch nicht
uͤberwinden kan/ nicht ſeinen Kraͤfften/ ſondern GOtt den Sieg in dem
jenigen zuſchreibe/ ſo er ſtarckmuͤtiglich bezwingen kan. Drittens
und ſchließlich iſt zu wiſſen/ daß/ wann einer befindet/ daß er in der Ver-
ſuchung gefallen/ und den Kuͤrtzern gezogen habe/ dannoch nicht ver-
zweiffle; ſondern vielmehr die heylſame Lehr deß Gott- ſeeligen Thomæ à
Kempis
annehme/ und deſſen Rath folge/ der in Perſohn deß HErrn alſo
L. 3. c. 6.ſpricht: Streite als ein guter Kriegs-Mann; und ſo du
etwan auß Bloͤdigkeit falleſt/ ſo empfahe wiederumb
noch ſtaͤrckere Kraͤfften/ weder die vorige geweſen ſeynd/
und hab gar gute Hoffnung zu meiner ůberflüſſigen
Gnad.
Es laſſet aber die Goͤttliche Weißheit bißweilen zu/ daß auch
die Auſſerwaͤhlte ſelbſt in Suͤnden fallen/ damit ſie auß ihren eigenen Feh-

lern
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0354" n="326"/><fw place="top" type="header">Die Funff und Zwantzig&#x017F;te Gei&#x017F;tliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/>
jetzt gedachtem Ju&#x0364;ngling/ der den Rath &#x017F;eines Alt-Vatters in den Wind<lb/>
ge&#x017F;chlagen hat/ dich in die ewige Verdambnu&#x0364;ß &#x017F;o ja&#x0364;mmerlich nicht<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rtzen.</p><lb/>
          <p>22. Dieweilen wir bißhero gehandlet/ was vor und in der Ver&#x017F;uchung<lb/>
zu beobachten &#x017F;eye; als i&#x017F;t nun u&#x0364;brig/ in der ku&#x0364;rtze zu melden/ wie man<lb/>
&#x017F;ich nach der&#x017F;elben verhalten &#x017F;olle: und zwarn <hi rendition="#fr">Er&#x017F;tlich/</hi> daß man<lb/>
fu&#x0364;r den erhaltenen Sieg/ dem lieben GOtt mit dem Ko&#x0364;niglichen Pro-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">P&#x017F;. 143. v.</hi><lb/>
1.</note>pheten &#x017F;chuldig&#x017F;ten Danck &#x017F;age: <hi rendition="#fr">Gebenedeyet &#x017F;ey der HERR<lb/>
mein GOtt/ der meine Ha&#x0364;nde zum Streit abrichtet/<lb/>
und meine Finger zum Kriege. Zum andern/</hi> daß man &#x017F;ich<lb/>
nicht einbilde/ der Feind &#x017F;eye auffs Haupt ge&#x017F;chlagen/ wann der Streit<lb/>
einmahl gewonnen i&#x017F;t; &#x017F;ondern daran gedencke/ was der Ehr-wu&#x0364;rdige<lb/>
Vatter Beda &#x017F;agt; daß nemblich der bo&#x0364;&#x017F;e Gei&#x017F;t/ nachdem er un&#x017F;ern<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Beda<lb/>
&#x017F;up. Luc.</hi></note>Seelen den Streit der <hi rendition="#fr">V</hi>er&#x017F;uchungen hat zugebracht/ offt von die&#x017F;em &#x017F;ei-<lb/>
nem Fecht-Platz biß auff eine andere Zeit offtmahl entweiche; nicht/ daß<lb/>
er der angebrachten Boßheit ein Ende mache: &#x017F;ondern damit er die Hertzen/<lb/>
welche er vermittel&#x017F;t &#x017F;olcher Ruhe in Sicherheit ge&#x017F;telt hat/ nachmahln<lb/>
mit einem &#x017F;chnellen Uberfall bea&#x0364;ng&#x017F;tige. Hierzu geho&#x0364;ret auch/ daß man<lb/>
nicht verzage oder &#x017F;ich betru&#x0364;be/ wann man nach Erlegung der &#x017F;ta&#x0364;rcke-<lb/>
&#x017F;ten Feinden vermercke/ daß noch von dem &#x017F;chwa&#x0364;che&#x017F;ten angefochten<lb/>
werde: &#x017F;intemahlen die&#x017F;es (wie der H. Gregorius gar weißlich darvon re-<lb/>
det) auß Go&#x0364;ttlicher <hi rendition="#fr">V</hi>or&#x017F;ehung al&#x017F;o ge&#x017F;chicht/ auff daß der von allen<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">L. 4. Mor.</hi></note>Seiten mit Tugenden gezierte Men&#x017F;ch &#x017F;ich nicht erhebe; und/ in dem<lb/>
er eine geringe &#x017F;traff-ma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Sach an &#x017F;ich &#x017F;ehet/ und &#x017F;elbige doch nicht<lb/>
u&#x0364;berwinden kan/ nicht &#x017F;einen Kra&#x0364;fften/ &#x017F;ondern GOtt den Sieg in dem<lb/>
jenigen zu&#x017F;chreibe/ &#x017F;o er &#x017F;tarckmu&#x0364;tiglich bezwingen kan. <hi rendition="#fr">Drittens</hi><lb/>
und &#x017F;chließlich i&#x017F;t zu wi&#x017F;&#x017F;en/ daß/ wann einer befindet/ daß er in der Ver-<lb/>
&#x017F;uchung gefallen/ und den Ku&#x0364;rtzern gezogen habe/ dannoch nicht ver-<lb/>
zweiffle; &#x017F;ondern vielmehr die heyl&#x017F;ame Lehr deß Gott- &#x017F;eeligen <hi rendition="#aq">Thomæ à<lb/>
Kempis</hi> annehme/ und de&#x017F;&#x017F;en Rath folge/ der in Per&#x017F;ohn deß HErrn al&#x017F;o<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">L. 3. c.</hi> 6.</note>&#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">Streite als ein guter Kriegs-Mann; und &#x017F;o du<lb/>
etwan auß Blo&#x0364;digkeit falle&#x017F;t/ &#x017F;o empfahe wiederumb<lb/>
noch &#x017F;ta&#x0364;rckere Kra&#x0364;fften/ weder die vorige gewe&#x017F;en &#x017F;eynd/<lb/>
und hab gar gute Hoffnung zu meiner &#x016F;berflü&#x017F;&#x017F;igen<lb/>
Gnad.</hi> Es la&#x017F;&#x017F;et aber die Go&#x0364;ttliche Weißheit bißweilen zu/ daß auch<lb/>
die Au&#x017F;&#x017F;erwa&#x0364;hlte &#x017F;elb&#x017F;t in Su&#x0364;nden fallen/ damit &#x017F;ie auß ihren eigenen Feh-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lern</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0354] Die Funff und Zwantzigſte Geiſtliche Lection jetzt gedachtem Juͤngling/ der den Rath ſeines Alt-Vatters in den Wind geſchlagen hat/ dich in die ewige Verdambnuͤß ſo jaͤmmerlich nicht ſtuͤrtzen. 22. Dieweilen wir bißhero gehandlet/ was vor und in der Verſuchung zu beobachten ſeye; als iſt nun uͤbrig/ in der kuͤrtze zu melden/ wie man ſich nach derſelben verhalten ſolle: und zwarn Erſtlich/ daß man fuͤr den erhaltenen Sieg/ dem lieben GOtt mit dem Koͤniglichen Pro- pheten ſchuldigſten Danck ſage: Gebenedeyet ſey der HERR mein GOtt/ der meine Haͤnde zum Streit abrichtet/ und meine Finger zum Kriege. Zum andern/ daß man ſich nicht einbilde/ der Feind ſeye auffs Haupt geſchlagen/ wann der Streit einmahl gewonnen iſt; ſondern daran gedencke/ was der Ehr-wuͤrdige Vatter Beda ſagt; daß nemblich der boͤſe Geiſt/ nachdem er unſern Seelen den Streit der Verſuchungen hat zugebracht/ offt von dieſem ſei- nem Fecht-Platz biß auff eine andere Zeit offtmahl entweiche; nicht/ daß er der angebrachten Boßheit ein Ende mache: ſondern damit er die Hertzen/ welche er vermittelſt ſolcher Ruhe in Sicherheit geſtelt hat/ nachmahln mit einem ſchnellen Uberfall beaͤngſtige. Hierzu gehoͤret auch/ daß man nicht verzage oder ſich betruͤbe/ wann man nach Erlegung der ſtaͤrcke- ſten Feinden vermercke/ daß noch von dem ſchwaͤcheſten angefochten werde: ſintemahlen dieſes (wie der H. Gregorius gar weißlich darvon re- det) auß Goͤttlicher Vorſehung alſo geſchicht/ auff daß der von allen Seiten mit Tugenden gezierte Menſch ſich nicht erhebe; und/ in dem er eine geringe ſtraff-maͤſſige Sach an ſich ſehet/ und ſelbige doch nicht uͤberwinden kan/ nicht ſeinen Kraͤfften/ ſondern GOtt den Sieg in dem jenigen zuſchreibe/ ſo er ſtarckmuͤtiglich bezwingen kan. Drittens und ſchließlich iſt zu wiſſen/ daß/ wann einer befindet/ daß er in der Ver- ſuchung gefallen/ und den Kuͤrtzern gezogen habe/ dannoch nicht ver- zweiffle; ſondern vielmehr die heylſame Lehr deß Gott- ſeeligen Thomæ à Kempis annehme/ und deſſen Rath folge/ der in Perſohn deß HErrn alſo ſpricht: Streite als ein guter Kriegs-Mann; und ſo du etwan auß Bloͤdigkeit falleſt/ ſo empfahe wiederumb noch ſtaͤrckere Kraͤfften/ weder die vorige geweſen ſeynd/ und hab gar gute Hoffnung zu meiner ůberflüſſigen Gnad. Es laſſet aber die Goͤttliche Weißheit bißweilen zu/ daß auch die Auſſerwaͤhlte ſelbſt in Suͤnden fallen/ damit ſie auß ihren eigenen Feh- lern Pſ. 143. v. 1. Beda ſup. Luc. L. 4. Mor. L. 3. c. 6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/354
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/354>, abgerufen am 01.06.2024.