Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Sechs und zwantzigste Geistliche Lection Orden für andern erhöhe: was ist aber unbilliger als eben ein solches Ver-langen? Jst daß nicht sich selbsten mehr suchen/ als GOTT? Darumb muß ein guter Geistlicher alles Ubel und Unglück/ so seinem Orden zustosset/ mit resignirten und fröligem Gemüth annehmen/ und festiglich glauben/ daß solches alles zu höchster Ehren GOttes gereiche; derhalben er schuldig ist/ seinem GOtt darfür zu dancken/ und mit dem Heil. Ignatio dem Willen Ribad. l. 3. vit. c. 1.GOttes sich zu ergeben; mit deme dieser heilige Mann seinen Willen so vollkommentlich vereinbahret hatte; daß er hat sagen dörffen/ er wolle auch die Vernichtigung seiner gantzen Societät/ welche er mit sehr grosser Mühe auffgerichtet/ gedültiglich und wohl gemuthet ertragen/ wann er nur daran kein Ursach seye. 5. Wie übervollkommentlich auch die allerseeligste Jungfraw Maria GOTT
Die Sechs und zwantzigſte Geiſtliche Lection Orden fuͤr andern erhoͤhe: was iſt aber unbilliger als eben ein ſolches Ver-langen? Jſt daß nicht ſich ſelbſten mehr ſuchen/ als GOTT? Darumb muß ein guter Geiſtlicher alles Ubel und Ungluͤck/ ſo ſeinem Orden zuſtoſſet/ mit reſignirten und froͤligem Gemuͤth annehmen/ und feſtiglich glauben/ daß ſolches alles zu hoͤchſter Ehren GOttes gereiche; derhalben er ſchuldig iſt/ ſeinem GOtt darfuͤr zu dancken/ und mit dem Heil. Ignatio dem Willen Ribad. l. 3. vit. c. 1.GOttes ſich zu ergeben; mit deme dieſer heilige Mann ſeinen Willen ſo vollkommentlich vereinbahret hatte; daß er hat ſagen doͤrffen/ er wolle auch die Vernichtigung ſeiner gantzen Societaͤt/ welche er mit ſehr groſſer Muͤhe auffgerichtet/ geduͤltiglich und wohl gemuthet ertragen/ wann er nur daran kein Urſach ſeye. 5. Wie uͤbervollkommentlich auch die allerſeeligſte Jungfraw Maria GOTT
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Die Sechs und zwantzigſte Geiſtliche Lection
Orden fuͤr andern erhoͤhe: was iſt aber unbilliger als eben ein ſolches Ver-
langen? Jſt daß nicht ſich ſelbſten mehr ſuchen/ als GOTT? Darumb
muß ein guter Geiſtlicher alles Ubel und Ungluͤck/ ſo ſeinem Orden zuſtoſſet/
mit reſignirten und froͤligem Gemuͤth annehmen/ und feſtiglich glauben/ daß
ſolches alles zu hoͤchſter Ehren GOttes gereiche; derhalben er ſchuldig iſt/
ſeinem GOtt darfuͤr zu dancken/ und mit dem Heil. Ignatio dem Willen
GOttes ſich zu ergeben; mit deme dieſer heilige Mann ſeinen Willen ſo
vollkommentlich vereinbahret hatte; daß er hat ſagen doͤrffen/ er wolle auch
die Vernichtigung ſeiner gantzen Societaͤt/ welche er mit ſehr groſſer Muͤhe
auffgerichtet/ geduͤltiglich und wohl gemuthet ertragen/ wann er nur daran
kein Urſach ſeye.
Ribad. l.
3. vit. c. 1.
5. Wie uͤbervollkommentlich auch die allerſeeligſte Jungfraw Maria
dem Willen GOttes ergeben geweſen ſeye/ bezeuget der Heil. Antonius/ da
er ſie mit dieſen Worten anredet O Herſcherin/ du biſt dem goͤttlichen Wil-
len ſo gleichfoͤrmig geweſen/ daß ich ſagen darff: wann keiner ſich wuͤrde
gefunden haben/ der deinen Sohn ans Creutz gehefftet haͤtte; ſo wuͤrdeſt du
ſelbſt/ auff daß der Will GOttes erfuͤllet wuͤrde/ denſelben mit Naͤgeln ans
Creutz geſchlagen haben: Zumahlen wir glauben/ daß du mit der Tugend
deß Gehorſambs/ nicht weniger/ als Abraham verſehen geweſen ſeyeſt/
welcher ſeinen eigenen Sohn mit eigenen Haͤnden zu toͤdten und zu verbren-
nen/ ſeinem Gott hat auffgeopffert. So will ſichs dann geziemen/ daß ein
jedes Marianiſches Schutz-Kind ſich befleiſſe/ dieſer ſeiner allerheiligſten
und gnaͤdigſten Frawen nach zufolgen; in allen/ ſo widrigen als erſprieß-
lichen Begebenheiten/ den Willen Gottes mit Frewden annehme/ und den-
ſelben lobe und preiſe. Wie groſſen Nutzen derſelbe nun in Erwerbung der
Tugenden auß dieſer Ubung ſchoͤpffen/ und wie mercklich er Gott gefallen
werde; iſt auß folgender Hiſtori zu vermercken. Jn dem Heil. Ciſtertzienſer
Orden hat einsmahls gelebt ein ſicher Geiſtlicher/ durch deſſen Fuͤrbitt/ und
ſo gar auch auß bloſem Anruͤhren ſeiner Kleider viele Krancke geſund wor-
den: als nun dieſen der Abt die Urſach ſolcher Wunder-Werck gefragt; hat
er alſo geantwortet: Jch arbeite mehr nicht/ als andere Bruͤder/ ich faſte
nicht mehr/ und bette ſo viel/ als ſie: dieß eintzige aber weiß ich; daß mich
nemblich kein Erſprießligkeit erheben/ und kein Wider waͤrtigkeit betruͤben
koͤnne: hierauff hat ihn der Abt gefragt: ob er nicht mit andern kurtz
vorhero ſeye entruͤſtet worden/ da deß Eloſters Korn - Speicher ein
Soldat in Brandt geſtecket? Er aber hat geantwortet/ daß er
daruͤber nicht ſeye verſtoͤhret worden/ ſondern habe alles dem lieben
GOTT
Cæſarius
lib. 10.
Dial. c. 6.
Hiſtoria.
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/360>, abgerufen am 18.06.2024. |