Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Sieben und Zwantzigste Geistliche Lection dem gemeldten Brügel/ daß unser Leib voller Wunden seye. Erduldenwir sothane Ubelen/ so viele Schläg und Schmäh-Wort mit Freuden/ und achten selbige hoch; wünschen und verlangen auch umb der Lieb Chri- sti willen mehr zu leyden; schreib/ schreib/ mein Bruder Leo/ schreib an/ daß in diesen Dingen sey die vollkommene Freud. Höre nun den Schluß. Unter allen Gaben deß Heil. Geistes/ die unser Heyland seinen Dienern er- theilt hat/ und ertheilen wird/ ist die höchste und fürnehmbste/ daß man sich selbst überwinde/ und umb GOttes Willen gern Schand- und Schmach- Reden/ Unbill und Plagen/ und andere dergleichen unannemblichkeiten leide. Dann über alle oben gemeldte wunderseltsame Dinge können wir uns nicht berühmen/ dieweilen sie nicht unser seynd/ und von uns nicht her- kommen; sondern von GOtt: Was hastu/ sagt der Apostel/ daß du nicht bekommen hast: wann du es aber bekommen hast/ was ruhmestu dich/ als wann du es nicht bekom- men hettest: Jm Creutz und Leyden aber können wir uns rühmen/ Gal. 6. v. 14.und sagen; das ist unser: dahero sagt der obgemeldte Apostel: Es seye weit von mir/ daß ich mich ruhme/ ohn in dem Creutz unsers HErrn JEsu Christi; durch welchen mir die Welt gecreutziget ist/ und ich der Welt. Mit ei- nem Wort/ mein lieber Bruder Leo; diese ist unser Ehr und Ruhm; das ist unser Freud/ daß wir auß Liebe Christi viel leyden. Hier hastu nun/ mein Christliche Seel/ ein fürtreffliches Beyspiel der geistlichen Freude; du hast ein Spiegel/ in dem du klärlich sehen kanst/ wie weit du noch von der wahren Freud entfernet seyest. Derhalben befleisse diese kürtzlich ent- worffene Freud fast zu halten; so wirstu ohne allen Zweiffel den Befelch deß Apostels erfüllen/ der da spricht: Erfreuet euch im HErrn allzeit: abermahl sag ich; erfruet euch. Die
Die Sieben und Zwantzigſte Geiſtliche Lection dem gemeldten Bruͤgel/ daß unſer Leib voller Wunden ſeye. Erduldenwir ſothane Ubelen/ ſo viele Schlaͤg und Schmaͤh-Wort mit Freuden/ und achten ſelbige hoch; wuͤnſchen und verlangen auch umb der Lieb Chri- ſti willen mehr zu leyden; ſchreib/ ſchreib/ mein Bruder Leo/ ſchreib an/ daß in dieſen Dingen ſey die vollkommene Freud. Hoͤre nun den Schluß. Unter allen Gaben deß Heil. Geiſtes/ die unſer Heyland ſeinen Dienern er- theilt hat/ und ertheilen wird/ iſt die hoͤchſte und fuͤrnehmbſte/ daß man ſich ſelbſt uͤberwinde/ und umb GOttes Willen gern Schand- und Schmach- Reden/ Unbill und Plagen/ und andere dergleichen unannemblichkeiten leide. Dann uͤber alle oben gemeldte wunderſeltſame Dinge koͤnnen wir uns nicht beruͤhmen/ dieweilen ſie nicht unſer ſeynd/ und von uns nicht her- kommen; ſondern von GOtt: Was haſtu/ ſagt der Apoſtel/ daß du nicht bekommen haſt: wann du es aber bekommen haſt/ was růhmeſtu dich/ als wann du es nicht bekom- men hetteſt: Jm Creutz und Leyden aber koͤnnen wir uns ruͤhmen/ Gal. 6. v. 14.und ſagen; das iſt unſer: dahero ſagt der obgemeldte Apoſtel: Es ſeye weit von mir/ daß ich mich růhme/ ohn in dem Creutz unſers HErrn JEſu Chriſti; durch welchen mir die Welt gecreutziget iſt/ und ich der Welt. Mit ei- nem Wort/ mein lieber Bruder Leo; dieſe iſt unſer Ehr und Ruhm; das iſt unſer Freud/ daß wir auß Liebe Chriſti viel leyden. Hier haſtu nun/ mein Chriſtliche Seel/ ein fuͤrtreffliches Beyſpiel der geiſtlichen Freude; du haſt ein Spiegel/ in dem du klaͤrlich ſehen kanſt/ wie weit du noch von der wahren Freud entfernet ſeyeſt. Derhalben befleiſſe dieſe kuͤrtzlich ent- worffene Freud faſt zu halten; ſo wirſtu ohne allen Zweiffel den Befelch deß Apoſtels erfuͤllen/ der da ſpricht: Erfreuet euch im HErrn allzeit: abermahl ſag ich; erfruet euch. Die
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Die Sieben und Zwantzigſte Geiſtliche Lection
dem gemeldten Bruͤgel/ daß unſer Leib voller Wunden ſeye. Erdulden
wir ſothane Ubelen/ ſo viele Schlaͤg und Schmaͤh-Wort mit Freuden/
und achten ſelbige hoch; wuͤnſchen und verlangen auch umb der Lieb Chri-
ſti willen mehr zu leyden; ſchreib/ ſchreib/ mein Bruder Leo/ ſchreib an/
daß in dieſen Dingen ſey die vollkommene Freud. Hoͤre nun den Schluß.
Unter allen Gaben deß Heil. Geiſtes/ die unſer Heyland ſeinen Dienern er-
theilt hat/ und ertheilen wird/ iſt die hoͤchſte und fuͤrnehmbſte/ daß man
ſich ſelbſt uͤberwinde/ und umb GOttes Willen gern Schand- und Schmach-
Reden/ Unbill und Plagen/ und andere dergleichen unannemblichkeiten
leide. Dann uͤber alle oben gemeldte wunderſeltſame Dinge koͤnnen wir
uns nicht beruͤhmen/ dieweilen ſie nicht unſer ſeynd/ und von uns nicht her-
kommen; ſondern von GOtt: Was haſtu/ ſagt der Apoſtel/ daß
du nicht bekommen haſt: wann du es aber bekommen
haſt/ was růhmeſtu dich/ als wann du es nicht bekom-
men hetteſt: Jm Creutz und Leyden aber koͤnnen wir uns ruͤhmen/
und ſagen; das iſt unſer: dahero ſagt der obgemeldte Apoſtel: Es
ſeye weit von mir/ daß ich mich růhme/ ohn in dem
Creutz unſers HErrn JEſu Chriſti; durch welchen
mir die Welt gecreutziget iſt/ und ich der Welt. Mit ei-
nem Wort/ mein lieber Bruder Leo; dieſe iſt unſer Ehr und Ruhm; das
iſt unſer Freud/ daß wir auß Liebe Chriſti viel leyden. Hier haſtu nun/ mein
Chriſtliche Seel/ ein fuͤrtreffliches Beyſpiel der geiſtlichen Freude; du
haſt ein Spiegel/ in dem du klaͤrlich ſehen kanſt/ wie weit du noch von
der wahren Freud entfernet ſeyeſt. Derhalben befleiſſe dieſe kuͤrtzlich ent-
worffene Freud faſt zu halten; ſo wirſtu ohne allen Zweiffel den Befelch
deß Apoſtels erfuͤllen/ der da ſpricht: Erfreuet euch im HErrn
allzeit: abermahl ſag ich; erfruet euch.
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/378>, abgerufen am 16.07.2024. |