Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. Wer in den Tugenden/ die er ubet/ die menschliche GunstL. 8. Morc. 28. sucht/ der tragt ein grosse und wichtige Sach umb einen geringen Preiß feil; mit dem er das Himmelreich hätte gewinnen können; dasselbige verkaufft er umb ein sehr ge- ringes Geld deß eitelen Lobs. So ist dann die eitele Ehr ein wahre Salamander: dann gleich wie dieses Thierlein so viel Giffts mit sich tragt/ daß/ wann es biß zur völligen Wurtzel deß Baums gelangen kan/ alle Früch- ten deß Baums in der Wurtzel tödtet: also nimbt die Höllische Schlang al- len Verdienst und Krafft von unsern guten Wercken/ wann sie nur ein gar wenigen Theil der eitelen. Ehr mit demselben vermischen kan: sintemahlen/ nach Zeugnuß deß H. Fulgentii der Teuffel ein solcher Urheber der LasternEp. 3. ad Prob. c. 15. ist/ daß/ was er nicht gewinnen mag mit seinen eigenen Lastern/ daß über win- det er offt mit frembden Tugenden; durch die Waffen/ mit denen er geschlagen. wird/ stehet er wiederumb auff; und durch die Stärcke/ mit welcher er zu Boden geworffen wird/ wirfft er wiederumb nieder. Er lobt die Tugend/ durch welche er mercket/ daß er überwunden werde; damit er also überwun- den und gefangen/ könne gefangen nehmen den Unschuldigen. Solcher Gestalt hat er die Gottselige Abtissin Sarra zu verführen getrachtet; in dem er sagte: Sarra/ du hast mich überwunden. Sie aber antwortete ihm: mit aller Klugheit: Nicht ich/ sondern mein HErr JESUS hat dich ü- berwunden. Also hat auch diese Schlang den H. Antonium angegriffen/ wie in der 12. L[e]ction von der Hoffart/ am 123. Blat zu sehen ist; den Abra- hamb und andere; welche/ ob sie schon dem Feind die Spitz gebotten haben/ so seynd doch nicht wenig andere von diesem Natter-Gifft sehr schädlich be- rühret worden/ wie in der obgemeldten Lection von der Hoffart gemeldet ist/ deme ich allhier diesen traurigen Zufall beyfüge. 2. Justinus ein vornehmer Ambtman und Favorit deß Königs in Ungarn/Luc. sung Z z 3
Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. Wer in den Tugenden/ die er ůbet/ die menſchliche GunſtL. 8. Morc. 28. ſucht/ der tragt ein groſſe und wichtige Sach umb einen geringen Preiß feil; mit dem er das Himmelreich haͤtte gewinnen koͤnnen; daſſelbige verkaufft er umb ein ſehr ge- ringes Geld deß eitelen Lobs. So iſt dann die eitele Ehr ein wahre Salamander: dann gleich wie dieſes Thierlein ſo viel Giffts mit ſich tragt/ daß/ wann es biß zur voͤlligen Wurtzel deß Baums gelangen kan/ alle Fruͤch- ten deß Baums in der Wurtzel toͤdtet: alſo nimbt die Hoͤlliſche Schlang al- len Verdienſt und Krafft von unſern guten Wercken/ wann ſie nur ein gar wenigen Theil der eitelen. Ehr mit demſelben vermiſchen kan: ſintemahlen/ nach Zeugnuß deß H. Fulgentii der Teuffel ein ſolcher Urheber der LaſternEp. 3. ad Prob. c. 15. iſt/ daß/ was er nicht gewinnen mag mit ſeinen eigenen Laſtern/ daß uͤber win- det er offt mit frembden Tugenden; durch die Waffen/ mit denen er geſchlagen. wird/ ſtehet er wiederumb auff; und durch die Staͤrcke/ mit welcher er zu Boden geworffen wird/ wirfft er wiederumb nieder. Er lobt die Tugend/ durch welche er mercket/ daß er uͤberwunden werde; damit er alſo uͤberwun- den und gefangen/ koͤnne gefangen nehmen den Unſchuldigen. Solcher Geſtalt hat er die Gottſelige Abtiſſin Sarra zu verfuͤhren getrachtet; in dem er ſagte: Sarra/ du haſt mich uͤberwunden. Sie aber antwortete ihm: mit aller Klugheit: Nicht ich/ ſondern mein HErr JESUS hat dich uͤ- berwunden. Alſo hat auch dieſe Schlang den H. Antonium angegriffen/ wie in der 12. L[e]ction von der Hoffart/ am 123. Blat zu ſehen iſt; den Abra- hamb und andere; welche/ ob ſie ſchon dem Feind die Spitz gebotten haben/ ſo ſeynd doch nicht wenig andere von dieſem Natter-Gifft ſehr ſchaͤdlich be- ruͤhret worden/ wie in der obgemeldten Lection von der Hoffart gemeldet iſt/ deme ich allhier dieſen traurigen Zufall beyfuͤge. 2. Juſtinus ein vornehmer Ambtman und Favorit deß Koͤnigs in Ungarn/Luc. ſung Z z 3
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Von der Gleißnerey und eytelen Ehr.
Wer in den Tugenden/ die er ůbet/ die menſchliche Gunſt
ſucht/ der tragt ein groſſe und wichtige Sach umb einen
geringen Preiß feil; mit dem er das Himmelreich haͤtte
gewinnen koͤnnen; daſſelbige verkaufft er umb ein ſehr ge-
ringes Geld deß eitelen Lobs. So iſt dann die eitele Ehr ein wahre
Salamander: dann gleich wie dieſes Thierlein ſo viel Giffts mit ſich tragt/
daß/ wann es biß zur voͤlligen Wurtzel deß Baums gelangen kan/ alle Fruͤch-
ten deß Baums in der Wurtzel toͤdtet: alſo nimbt die Hoͤlliſche Schlang al-
len Verdienſt und Krafft von unſern guten Wercken/ wann ſie nur ein gar
wenigen Theil der eitelen. Ehr mit demſelben vermiſchen kan: ſintemahlen/
nach Zeugnuß deß H. Fulgentii der Teuffel ein ſolcher Urheber der Laſtern
iſt/ daß/ was er nicht gewinnen mag mit ſeinen eigenen Laſtern/ daß uͤber win-
det er offt mit frembden Tugenden; durch die Waffen/ mit denen er geſchlagen.
wird/ ſtehet er wiederumb auff; und durch die Staͤrcke/ mit welcher er zu
Boden geworffen wird/ wirfft er wiederumb nieder. Er lobt die Tugend/
durch welche er mercket/ daß er uͤberwunden werde; damit er alſo uͤberwun-
den und gefangen/ koͤnne gefangen nehmen den Unſchuldigen. Solcher
Geſtalt hat er die Gottſelige Abtiſſin Sarra zu verfuͤhren getrachtet; in dem
er ſagte: Sarra/ du haſt mich uͤberwunden. Sie aber antwortete ihm:
mit aller Klugheit: Nicht ich/ ſondern mein HErr JESUS hat dich uͤ-
berwunden. Alſo hat auch dieſe Schlang den H. Antonium angegriffen/ wie
in der 12. Lection von der Hoffart/ am 123. Blat zu ſehen iſt; den Abra-
hamb und andere; welche/ ob ſie ſchon dem Feind die Spitz gebotten haben/
ſo ſeynd doch nicht wenig andere von dieſem Natter-Gifft ſehr ſchaͤdlich be-
ruͤhret worden/ wie in der obgemeldten Lection von der Hoffart gemeldet iſt/
deme ich allhier dieſen traurigen Zufall beyfuͤge.
L. 8. Mor
c. 28.
Ep. 3. ad
Prob. c.
15.
2. Juſtinus ein vornehmer Ambtman und Favorit deß Koͤnigs in Ungarn/
hat alle Reichthumben und zeitliche Ehren umb GOttes Willen verlaſſen/
und den Orden deß H. Franciſci angenommen. Jn dieſem iſt er in Be-
ſchauung der Goͤttlichen Dingen ſo weit kommen/ daß er oͤfftere Verzu-
ckungen gehabt; und einsmahls unter waͤhrender Mahlzeit/ in Gegenwart
ſeiner Mitt-Bruͤder/ uͤber derſelben Haͤupter/ an einer auff der Wand ge-
mahlten Mariaͤ-Bildnuß in die Lufft erhoben/ und alſo eine Zeitlang kniend
geſehen worden. Wegen ſolcher und andern Geſchichten/ hat dieſen Juſtinum
der Papſt Eugenius der vierte zu ſich beruffen/ und da ſelbiger deß Pab-
ſtes Fuͤſſe hat kuͤſſen wollen/ hat ihn der Papſt mit freundlicher Umbhal-
ſung
Luc.
Wad.
tom. 3.
Ann.
Ord.
Min. ad
Ann.
1445. n.
5.
Hiſtoria.
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/393>, abgerufen am 16.07.2024. |