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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Zwey und Dreyssigste Geistliche Lection
oder Regul handle. Und ein solche Verachtung ist tödtlich: dann es
wird wider die Regul nicht auß Gebrechlichkeit oder Nachlässigkeit/ sondern
auß Boßheit und Verkehrung deß Willens gesündiget. Dahero nicht un-
billig der H. Bernardus ernstlich mahnet/ sagend: lehrnet/ daß GOtt der
gerechte Richter nicht allein/ was da geschehe/ sondern wie es geschehe/ be-
trachte: und hütet euch hinführo/ damit nicht jemand klein schätze/ obs
gleich klein ist/ wann er überwiesen wird/ daß er wissentlich gefählet. Nie-
mand sage in seinem Hertzen: daß seynd kleine Dinge/ ich achte sie nicht zu
verbessern: es ist nichts grosses/ wann ich in diesen läßlichen und kleinesten
Sünden verharre: dann dieses/ ihr geliebteste/ ist ein Unbußfertigkeit/ eine
Gottslästerung im H. Geist/ eine unvergebliche Gottslästerung. So weil
Bernardus.

13. Es kan aber nicht geläugnet werden/ daß das bißher gesagte nicht gar
zu wahr seye/ indem es von den heiligsten und zugleich gelehrtesten Män-
nern bekräfftiget ist/ daher soll es keinem Wunder nehmen/ daß viel von den
Geistlichen ewig untergehen/ in dem wir sehen/ daß unter ihnen nicht wenig
gefunden werden/ welche ihre Constitutionen auff das freyeste übertretten/
und die jenigen Dinge/ darzu sie nicht unter einer Sünde verbunden werden/
gering schätzend nicht achten/ vermeinend daß keine schwäre Sünde ver-
borgen wäre wann man dieselben auß sträfflicher Unwissenheit übertritt/
und indem sie also irren und verblindet seynd/ eilen sie elendiglich zu den
Pforten der Höllen. Ferner daß dieses nicht ein eitel Gedicht seye/ wer den wir
mit folgender Histori gelehret. S. Dominicus, Stiffter deß Prediger Or-
dens/ als er einen unglückseeligen Ketzer von den Albigensern/ der mit dem
Teuffel besessen war/ beschwohren hatte/ hat viele Dinge von demselben
bösen Geist erforschet/ und unter andern/ wessen Stands und Conditiones
Leute am meisten unter den Christen verdambt würden? Der Teuffel hat
geantwortet: Fürsten von beyden Geschlechten/ und Prälaten haben wir
ohne Zahl/ der Bauren sehr wenig/ der Kauffleute und Burger viel genug/
auch viele Priester/ aber (welche Wort wohl zu mercken seyud) von den
wahren Geistlichen keine/ aber gar wohl von denen/ welche ihres Ordens
Statuta nicht achtend/ dieselbe auß Frevel überschreiten. Warhafftig er-
schröckliche Wort! Kein Geistlicher der Gut ist und seine Regul warhaff-
tig hält/ wird verdambt. Aber von dem Nachlässigen und frechen/ welche
entweder auß Verachtung/ oder auß einer lasterhafften Gewonheit ihre Sta-
tuten
übertretten/ wird ein unendliche Zahl zum Grund der Höllen ver-
dambt.

14. Auß

Die Zwey und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection
oder Regul handle. Und ein ſolche Verachtung iſt toͤdtlich: dann es
wird wider die Regul nicht auß Gebrechlichkeit oder Nachlaͤſſigkeit/ ſondern
auß Boßheit und Verkehrung deß Willens geſuͤndiget. Dahero nicht un-
billig der H. Bernardus ernſtlich mahnet/ ſagend: lehrnet/ daß GOtt der
gerechte Richter nicht allein/ was da geſchehe/ ſondern wie es geſchehe/ be-
trachte: und huͤtet euch hinfuͤhro/ damit nicht jemand klein ſchaͤtze/ obs
gleich klein iſt/ wann er uͤberwieſen wird/ daß er wiſſentlich gefaͤhlet. Nie-
mand ſage in ſeinem Hertzen: daß ſeynd kleine Dinge/ ich achte ſie nicht zu
verbeſſern: es iſt nichts groſſes/ wann ich in dieſen laͤßlichen und kleineſten
Suͤnden verharre: dann dieſes/ ihr geliebteſte/ iſt ein Unbußfertigkeit/ eine
Gottslaͤſterung im H. Geiſt/ eine unvergebliche Gottslaͤſterung. So weil
Bernardus.

13. Es kan aber nicht gelaͤugnet werden/ daß das bißher geſagte nicht gar
zu wahr ſeye/ indem es von den heiligſten und zugleich gelehrteſten Maͤn-
nern bekraͤfftiget iſt/ daher ſoll es keinem Wunder nehmen/ daß viel von den
Geiſtlichen ewig untergehen/ in dem wir ſehen/ daß unter ihnen nicht wenig
gefunden werden/ welche ihre Conſtitutionen auff das freyeſte uͤbertretten/
und die jenigen Dinge/ darzu ſie nicht unter einer Suͤnde verbunden werden/
gering ſchaͤtzend nicht achten/ vermeinend daß keine ſchwaͤre Suͤnde ver-
borgen waͤre wann man dieſelben auß ſtraͤfflicher Unwiſſenheit uͤbertritt/
und indem ſie alſo irren und verblindet ſeynd/ eilen ſie elendiglich zu den
Pforten der Hoͤllen. Ferner daß dieſes nicht ein eitel Gedicht ſeye/ wer den wir
mit folgender Hiſtori gelehret. S. Dominicus, Stiffter deß Prediger Or-
dens/ als er einen ungluͤckſeeligen Ketzer von den Albigenſern/ der mit dem
Teuffel beſeſſen war/ beſchwohren hatte/ hat viele Dinge von demſelben
boͤſen Geiſt erforſchet/ und unter andern/ weſſen Stands und Conditiones
Leute am meiſten unter den Chriſten verdambt wuͤrden? Der Teuffel hat
geantwortet: Fuͤrſten von beyden Geſchlechten/ und Praͤlaten haben wir
ohne Zahl/ der Bauren ſehr wenig/ der Kauffleute und Burger viel genug/
auch viele Prieſter/ aber (welche Wort wohl zu mercken ſeyud) von den
wahren Geiſtlichen keine/ aber gar wohl von denen/ welche ihres Ordens
Statuta nicht achtend/ dieſelbe auß Frevel uͤberſchreiten. Warhafftig er-
ſchroͤckliche Wort! Kein Geiſtlicher der Gut iſt und ſeine Regul warhaff-
tig haͤlt/ wird verdambt. Aber von dem Nachlaͤſſigen und frechen/ welche
entweder auß Verachtung/ oder auß einer laſterhafften Gewonheit ihre Sta-
tuten
uͤbertretten/ wird ein unendliche Zahl zum Grund der Hoͤllen ver-
dambt.

14. Auß
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[390/0418] Die Zwey und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection oder Regul handle. Und ein ſolche Verachtung iſt toͤdtlich: dann es wird wider die Regul nicht auß Gebrechlichkeit oder Nachlaͤſſigkeit/ ſondern auß Boßheit und Verkehrung deß Willens geſuͤndiget. Dahero nicht un- billig der H. Bernardus ernſtlich mahnet/ ſagend: lehrnet/ daß GOtt der gerechte Richter nicht allein/ was da geſchehe/ ſondern wie es geſchehe/ be- trachte: und huͤtet euch hinfuͤhro/ damit nicht jemand klein ſchaͤtze/ obs gleich klein iſt/ wann er uͤberwieſen wird/ daß er wiſſentlich gefaͤhlet. Nie- mand ſage in ſeinem Hertzen: daß ſeynd kleine Dinge/ ich achte ſie nicht zu verbeſſern: es iſt nichts groſſes/ wann ich in dieſen laͤßlichen und kleineſten Suͤnden verharre: dann dieſes/ ihr geliebteſte/ iſt ein Unbußfertigkeit/ eine Gottslaͤſterung im H. Geiſt/ eine unvergebliche Gottslaͤſterung. So weil Bernardus. 13. Es kan aber nicht gelaͤugnet werden/ daß das bißher geſagte nicht gar zu wahr ſeye/ indem es von den heiligſten und zugleich gelehrteſten Maͤn- nern bekraͤfftiget iſt/ daher ſoll es keinem Wunder nehmen/ daß viel von den Geiſtlichen ewig untergehen/ in dem wir ſehen/ daß unter ihnen nicht wenig gefunden werden/ welche ihre Conſtitutionen auff das freyeſte uͤbertretten/ und die jenigen Dinge/ darzu ſie nicht unter einer Suͤnde verbunden werden/ gering ſchaͤtzend nicht achten/ vermeinend daß keine ſchwaͤre Suͤnde ver- borgen waͤre wann man dieſelben auß ſtraͤfflicher Unwiſſenheit uͤbertritt/ und indem ſie alſo irren und verblindet ſeynd/ eilen ſie elendiglich zu den Pforten der Hoͤllen. Ferner daß dieſes nicht ein eitel Gedicht ſeye/ wer den wir mit folgender Hiſtori gelehret. S. Dominicus, Stiffter deß Prediger Or- dens/ als er einen ungluͤckſeeligen Ketzer von den Albigenſern/ der mit dem Teuffel beſeſſen war/ beſchwohren hatte/ hat viele Dinge von demſelben boͤſen Geiſt erforſchet/ und unter andern/ weſſen Stands und Conditiones Leute am meiſten unter den Chriſten verdambt wuͤrden? Der Teuffel hat geantwortet: Fuͤrſten von beyden Geſchlechten/ und Praͤlaten haben wir ohne Zahl/ der Bauren ſehr wenig/ der Kauffleute und Burger viel genug/ auch viele Prieſter/ aber (welche Wort wohl zu mercken ſeyud) von den wahren Geiſtlichen keine/ aber gar wohl von denen/ welche ihres Ordens Statuta nicht achtend/ dieſelbe auß Frevel uͤberſchreiten. Warhafftig er- ſchroͤckliche Wort! Kein Geiſtlicher der Gut iſt und ſeine Regul warhaff- tig haͤlt/ wird verdambt. Aber von dem Nachlaͤſſigen und frechen/ welche entweder auß Verachtung/ oder auß einer laſterhafften Gewonheit ihre Sta- tuten uͤbertretten/ wird ein unendliche Zahl zum Grund der Hoͤllen ver- dambt. 14. Auß

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/418>, abgerufen am 22.11.2024.