Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Abtödtung. die nachfolgende Nacht erschienen/ und zu einem solchen glorwürdigen SiegHeyl wünschend/ die offene Wunde seiner Seiten dargereicht/ darauß die H. Jungfrau so grosse himmlische Süssigkeit gesogen/ daß derselben Krafft sich auch in ihrem Leib ergossen hat. Wann solche rare Gnaden in dieser Welt darumb gegeben werden/ was werden sie nicht für Lohn und Ehr im künffti- gen Leben empfangen/ wo der eigne Orth der Vergeltung ist. 9. Wann aber diese Art zu überwinden/ als welche nur allein denen Hei- botten/
Von der Abtoͤdtung. die nachfolgende Nacht erſchienen/ und zu einem ſolchen glorwuͤrdigen SiegHeyl wuͤnſchend/ die offene Wunde ſeiner Seiten dargereicht/ darauß die H. Jungfrau ſo groſſe himmliſche Suͤſſigkeit geſogen/ daß derſelben Krafft ſich auch in ihrem Leib ergoſſen hat. Wann ſolche rare Gnaden in dieſer Welt darumb gegeben werden/ was werden ſie nicht fuͤr Lohn und Ehr im kuͤnffti- gen Leben empfangen/ wo der eigne Orth der Vergeltung iſt. 9. Wann aber dieſe Art zu uͤberwinden/ als welche nur allein denen Hei- botten/
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Von der Abtoͤdtung.
die nachfolgende Nacht erſchienen/ und zu einem ſolchen glorwuͤrdigen Sieg
Heyl wuͤnſchend/ die offene Wunde ſeiner Seiten dargereicht/ darauß die H.
Jungfrau ſo groſſe himmliſche Suͤſſigkeit geſogen/ daß derſelben Krafft ſich
auch in ihrem Leib ergoſſen hat. Wann ſolche rare Gnaden in dieſer Welt
darumb gegeben werden/ was werden ſie nicht fuͤr Lohn und Ehr im kuͤnffti-
gen Leben empfangen/ wo der eigne Orth der Vergeltung iſt.
9. Wann aber dieſe Art zu uͤberwinden/ als welche nur allein denen Hei-
ligen eigen iſt/ einem gar zu hart ſcheinet/ ſo mangelen andere nicht/ mit wel-
chen der Menſch ſich ſelbſt abtoͤdten/ und das rebelliſche Fleiſch dem Geiſt
unterwerffen kan/ nemblich durch die Abtoͤdtungen der Sinnen: dann dieſe
ſeynd ſehr heilſam. Dann gleich wie die meiſten Laſter durch die Sinne in
die Seele eingehen/ alſo werden auch durch die Abtoͤdtungen der Sinnen die
meiſten Laſter verhuͤtet. Deßwegen acht ich fuͤr gut von den Abtoͤdtungen
det Sinnen kuͤrtzlich zu handeln/ vom Geſicht/ Gehoͤr/ Geruch und Em-
pfindung in dieſer Lection/ vom Geſchmack aber wil ich abſonderlich in fol-
gender Lection reden. Das Gehoͤr kan alſo abgetoͤdtet werden. Erſtlich die
Gelegenheit meiden eigene Lob anzuhoͤren/ oder wann etwas in deſſen
Lob von einem vorgebracht wird/ die Red alſobald abwenden. Zweitens
nicht nach neuen Zeitungen fragen/ und wann deren Meldung geſchicht/ das
Geſpraͤch auff etwas nutzlichers lencken Dieſes hat der H. Biſchoff Hugo
gelehret/ welcher als er nach gemachtem Fried zwiſchen den Koͤnigen von
Franckreich und Engelland in ein Cartheuſer Kloſter eingekehret/ als er von
der Weiß deß geſchloſſenen Friedens gefraget wurde/ hat er von Traurigkeit
eingenommen und auß vollem Eyffer deß heiligen Ordens geantwortet: obs
gleich einem Biſchoff zugelaſſen iſt/ die Geruͤchte zu hoͤren und vorzubringen/
ſo iſts doch den Muͤnchen nit zugelaſſen. Deßwegen haben dieſelben Cartheu-
ſer mit recht von den Converſen geſchloſſen/ welche oͤffter als die Muͤnchẽ auß-
gehen/ die weltliche Geruͤchte dahin fahren zu laſſen/ wo ſie ſie hoͤren. Alſo hat
auch die H. Clara vom Berg Falconis den Dieneriñen deß Kloſters verbottẽ/
welche wegen deß Haußhalten außgiengen/ nichts den Heil. Jungfern vor-
zubringen/ was ſie außwendig entweder gehoͤret oder geſchen haben/ damit
es ihnen keine Unruhe braͤchte. Die dritte weiß iſt/ die Ohren bißweilen
von einem lieblichen Geſang oder Muſie/ welche den Ohren gar angenehm
iſt/ abwenden. Alſo hat gethan der heilige Seraphiſche Franciſeus/ wel-
cher einsmahls mit groͤſſeſten Schmertzen der Kranckheit behafftet/ ſeinen
Mitt-Bruder gebetten hat/ daß er ihn zur Erleichterung der Schmertzen
auff der Geigen ſpielete/ in dem er aber ſich bald bedacht/ hat ers wieder ver-
botten/
Pet. Dor-
lan. in
Chron.
Carthuſ.
l. 3. & Sur.
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