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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem Geistlichen Stand.
pflogener Bedachtsambkeit/ und auff Einsprechung deß Heil. Geistes/ wil-
liglich auff die Welt verzeihet/ zum Closter eingehet/ und unter der Blut-
Fahnen CHristi Dienst nehmet; kein irrdische Ding mehr liebet; nichts zeit-
liches besitzet; und/ in Summa/ gar nichts behaltet/ daß sich auch die gering-
ste Zusprach zu dessen Liebe machen könne: und von der Conversation der
Closter-Geistlichen redet eben jetzt gemeldter Laurentius also: Ein geist-c. 18.
liches Closter ist ein geschlossener Garten; ein Paradeiß
der Lusten; ein hochzeitliche Schlaff-Kammer; ein unbe-
flecktes Läger/ ein Schul der Tugenden; ein Tabernacul/
oder Gezelte deß Bunds; ein Lehnstat deß Bräutigambs;
ein Läger der kriegenden; ein Hauß der Heiligkeit; ein Be-
wahrung der Keuschheit; ein Bestättigung der Scham-
hafftigkeit, ein Meisterschafft deß GOTTES-Diensts/
und ein sonderbahrer Spiegel deß heiligen Gehorsambs.

Dieses alles hat schon einige tausend Jahr vorhero erkennet der fromme Da-
vid; derhalben sagt er mit wenig Worten: Ein Tag in deinen Vor-Psal. 83. v.
11.

höfen ist besser/ dann tausend. Jch hab erwählet/ daß ich
un Hause meines GOTTES viel lieber verworffen seyn
will/ dann in den Hutten der Sunder wohnen:
Und daß zwar
billig: sintemahlen ein guter Geistlicher in seinem engen Zellulein/ auch in ei-
nem Tag mehr Frewden geniesset/ als ein Höffling/ der viele Jahren im Pal-
last eines Königs wohnet; und das derhalben; weilen die Geistliche Frewd
deß Hertzens/ so da mit keiner Bitterkeit vermischet ist/ übertrifft
gar weit alle weltliche Frewden/ welche eitel seynd/ und viel Gallen mit
sich führen.

3. Dahero bricht der Königliche Prophet/ indem er seine innerliche
Augen auff die Closter-Geistliche wendet/ mit diesen Worten loß: Siehe/Ps. 132. v.
1.

wie gut und lieblich ists/ daß Bruder in Eintracht beyein-
ander wohnen!
Dieser süsse Klang/ sagt der Heil. Augustinus/ diese
liebliche Melodie hat die Clöster gebohren: dann das geistliche Leben ist
warhafftig ein Hönig im Mund/ ein annehmlicher Thon in den Ohren/
und ein Frewd im Hertzen. Dieses Leben nennet der Heil. Barlaam
ein himmlisches; und der Heil. Ephrem ein Englisches Leben. Wann wir
nun fleissig nachsehen/ warumb es gut seye/ daß Brüder beyeinander wohnen;
so werden wir finden/ daß solches nützlich und ersprießlich seye auß unter-
schiedlichen Ursachen: und zwarn erstlich hat schon vorlängst der weise

Mann
H h h 2

Von dem Geiſtlichen Stand.
pflogener Bedachtſambkeit/ und auff Einſprechung deß Heil. Geiſtes/ wil-
liglich auff die Welt verzeihet/ zum Cloſter eingehet/ und unter der Blut-
Fahnen CHriſti Dienſt nehmet; kein irrdiſche Ding mehr liebet; nichts zeit-
liches beſitzet; und/ in Summa/ gar nichts behaltet/ daß ſich auch die gering-
ſte Zuſprach zu deſſen Liebe machen koͤnne: und von der Converſation der
Cloſter-Geiſtlichen redet eben jetzt gemeldter Laurentius alſo: Ein geiſt-c. 18.
liches Cloſter iſt ein geſchloſſener Garten; ein Paradeiß
der Lůſten; ein hochzeitliche Schlaff-Kammer; ein unbe-
flecktes Laͤger/ ein Schul der Tugenden; ein Tabernacul/
oder Gezelte deß Bunds; ein Lehnſtat deß Braͤutigambs;
ein Laͤger der kriegenden; ein Hauß der Heiligkeit; ein Be-
wahrung der Keuſchheit; ein Beſtaͤttigung der Scham-
hafftigkeit, ein Meiſterſchafft deß GOTTES-Dienſts/
und ein ſonderbahrer Spiegel deß heiligen Gehorſambs.

Dieſes alles hat ſchon einige tauſend Jahr vorhero erkennet der fromme Da-
vid; derhalben ſagt er mit wenig Worten: Ein Tag in deinen Vor-Pſal. 83. v.
11.

hoͤfen iſt beſſer/ dann tauſend. Jch hab erwaͤhlet/ daß ich
un Hauſe meines GOTTES viel lieber verworffen ſeyn
will/ dann in den Hůtten der Sůnder wohnen:
Und daß zwar
billig: ſintemahlen ein guter Geiſtlicher in ſeinem engen Zellulein/ auch in ei-
nem Tag mehr Frewden genieſſet/ als ein Hoͤffling/ der viele Jahren im Pal-
laſt eines Koͤnigs wohnet; und das derhalben; weilen die Geiſtliche Frewd
deß Hertzens/ ſo da mit keiner Bitterkeit vermiſchet iſt/ uͤbertrifft
gar weit alle weltliche Frewden/ welche eitel ſeynd/ und viel Gallen mit
ſich fuͤhren.

3. Dahero bricht der Koͤnigliche Prophet/ indem er ſeine innerliche
Augen auff die Cloſter-Geiſtliche wendet/ mit dieſen Worten loß: Siehe/Pſ. 132. v.
1.

wie gut und lieblich iſts/ daß Brůder in Eintracht beyein-
ander wohnen!
Dieſer ſuͤſſe Klang/ ſagt der Heil. Auguſtinus/ dieſe
liebliche Melodie hat die Cloͤſter gebohren: dann das geiſtliche Leben iſt
warhafftig ein Hoͤnig im Mund/ ein annehmlicher Thon in den Ohren/
und ein Frewd im Hertzen. Dieſes Leben nennet der Heil. Barlaam
ein himmliſches; und der Heil. Ephrem ein Engliſches Leben. Wann wir
nun fleiſſig nachſehen/ warumb es gut ſeye/ daß Bruͤder beyeinander wohnen;
ſo werden wir finden/ daß ſolches nuͤtzlich und erſprießlich ſeye auß unter-
ſchiedlichen Urſachen: und zwarn erſtlich hat ſchon vorlaͤngſt der weiſe

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[427/0455] Von dem Geiſtlichen Stand. pflogener Bedachtſambkeit/ und auff Einſprechung deß Heil. Geiſtes/ wil- liglich auff die Welt verzeihet/ zum Cloſter eingehet/ und unter der Blut- Fahnen CHriſti Dienſt nehmet; kein irrdiſche Ding mehr liebet; nichts zeit- liches beſitzet; und/ in Summa/ gar nichts behaltet/ daß ſich auch die gering- ſte Zuſprach zu deſſen Liebe machen koͤnne: und von der Converſation der Cloſter-Geiſtlichen redet eben jetzt gemeldter Laurentius alſo: Ein geiſt- liches Cloſter iſt ein geſchloſſener Garten; ein Paradeiß der Lůſten; ein hochzeitliche Schlaff-Kammer; ein unbe- flecktes Laͤger/ ein Schul der Tugenden; ein Tabernacul/ oder Gezelte deß Bunds; ein Lehnſtat deß Braͤutigambs; ein Laͤger der kriegenden; ein Hauß der Heiligkeit; ein Be- wahrung der Keuſchheit; ein Beſtaͤttigung der Scham- hafftigkeit, ein Meiſterſchafft deß GOTTES-Dienſts/ und ein ſonderbahrer Spiegel deß heiligen Gehorſambs. Dieſes alles hat ſchon einige tauſend Jahr vorhero erkennet der fromme Da- vid; derhalben ſagt er mit wenig Worten: Ein Tag in deinen Vor- hoͤfen iſt beſſer/ dann tauſend. Jch hab erwaͤhlet/ daß ich un Hauſe meines GOTTES viel lieber verworffen ſeyn will/ dann in den Hůtten der Sůnder wohnen: Und daß zwar billig: ſintemahlen ein guter Geiſtlicher in ſeinem engen Zellulein/ auch in ei- nem Tag mehr Frewden genieſſet/ als ein Hoͤffling/ der viele Jahren im Pal- laſt eines Koͤnigs wohnet; und das derhalben; weilen die Geiſtliche Frewd deß Hertzens/ ſo da mit keiner Bitterkeit vermiſchet iſt/ uͤbertrifft gar weit alle weltliche Frewden/ welche eitel ſeynd/ und viel Gallen mit ſich fuͤhren. c. 18. Pſal. 83. v. 11. 3. Dahero bricht der Koͤnigliche Prophet/ indem er ſeine innerliche Augen auff die Cloſter-Geiſtliche wendet/ mit dieſen Worten loß: Siehe/ wie gut und lieblich iſts/ daß Brůder in Eintracht beyein- ander wohnen! Dieſer ſuͤſſe Klang/ ſagt der Heil. Auguſtinus/ dieſe liebliche Melodie hat die Cloͤſter gebohren: dann das geiſtliche Leben iſt warhafftig ein Hoͤnig im Mund/ ein annehmlicher Thon in den Ohren/ und ein Frewd im Hertzen. Dieſes Leben nennet der Heil. Barlaam ein himmliſches; und der Heil. Ephrem ein Engliſches Leben. Wann wir nun fleiſſig nachſehen/ warumb es gut ſeye/ daß Bruͤder beyeinander wohnen; ſo werden wir finden/ daß ſolches nuͤtzlich und erſprießlich ſeye auß unter- ſchiedlichen Urſachen: und zwarn erſtlich hat ſchon vorlaͤngſt der weiſe Mann Pſ. 132. v. 1. H h h 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/455>, abgerufen am 25.11.2024.