Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Vom Laster deß Fraases und der Trunckenheit. 3. Noch ein grausamberes erzehlt der obgemeldte Schribent; daß nemb- ver-
Vom Laſter deß Fraaſes und der Trunckenheit. 3. Noch ein grauſamberes erzehlt der obgemeldte Schribent; daß nemb- ver-
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Vom Laſter deß Fraaſes und der Trunckenheit.
3. Noch ein grauſamberes erzehlt der obgemeldte Schribent; daß nemb-
lich einer/ Nahmens Franciſcus auß Burgundien/ nachdem er den H. Orden
der P. P. Capucinern angenommen/ ſich dem Ehr-Geitz und Fraaß zumah-
len ergeben habe: und damit ſeinem Verlangen deſto fuͤglicher moͤgte gnug
geſchehen; habe er ſeinen Handel und Wandel mit einer angenommenen
Heiligkeit fein meiſterlich gezieret/ daß er auch in der Stadt Mauria in Sa-
voyen zum Guardian erwaͤhlet worden/ und alſo den Anfang gemacht habe/
ſeiner lang verborgenen Begierden dermahlen eins (wie er vermeinte)
zu genieſſen. GOTT aber hat die groſſe Unmaͤſſigkeit dieſes falſchen
Geiſtlichen bald mit einem Geſchwuͤls am Halß geſtraffet; dadurch
er biß zum Todt erkraͤncket: und ob er ſchon dem P. Tiburtio ſeine Suͤnden
gebeichtet/ ſo hat er dannoch das H. Nacht-Mahl wegen Enge deß auffge-
ſchwollenen Halß nicht genieſſen koͤnnen; ſondern vor ſeinem Heyland ſich
zur Erden niedergeworffen/ und geſagt: HErr ſey mir Sůnder
gnaͤdig. Er hat auch die drey Geluͤbden oͤffentlich erneuert/ und iſt endlich
auch mit dem H. Sacrament der Oehlung verſehen worden; daß man alſo
nichts anders/ als ein froͤhliches Hinſcheiden hat erwarten koͤnnen. Nach-
dem er aber ein wenige Zeit gantz ſtill und ruͤhig geweſen/ hat er gar tieff ge-
ſeuffzet/ und mit gaͤutzlicher Veraͤnderung deß Angeſichts und der Stim-
men alſo erbaͤrmlich geruffen: O Bruͤder! O Bruͤder! warhafftig nicht
alle/ die ſagen Herr/ Herr/ werden in den Himmel eingehen! O mein lie-
be Bruͤder/ O Bruͤder mein/ ich hab keinen Theil an der Erbſchafft der See-
ligen: der Fraaß und der Ehr-Geitz haben mich gantz eingenommen/ derhal-
ben bin ich auß gerechtem Urtheil GOttes in alle Ewigkeit verdambt. Hier-
uͤber erſchroͤcken alle Umbſtehende/ und erinnern den Armſeeligen/ daß er an
ſein geiſtliches Leben gedencken ſolle. Er aber gibt zur Antwort/ und ſagt:
Was ermahnet ihr mich meiner Wercken/ welche mich vielmehr anklagen/
als entſchuldigen. Der Beichs-Vatter redet ihm zu und ſagt: ſo lang du
noch Athem haſt/ muſtu nicht verzagen; ſo lang iſt noch Hoffnung/ ſo lang
kanſtu noch Barmhertzigkeit erlangen. Der Krancke antwortet und ſagt:
die Zeit zu buͤſſen iſt ſchon verſtrichen/ GOttes Barmhertzigkeit/ und alle
Hoffnung deß Heyls ſeynd mir verſchloſſen. Ach ihr ſchleckerhaffte Biß-
lein! Ach/ ach du bittere Speiß der Ehren/ wie hart fallet ihr meinem Ma-
gen zu verdaͤuen! Es bringt aber der Beicht-Vatter die Bildnuß deß
geer eutzigten JEſu hervor/ zeigt dem verzweifflenden Menſchen die H. H.
Wunden/ das Blut/ den Todt und die Lieb Chriſti gegen alle Suͤnder:
aber umbſonſt. Was erzehleſt du mir dieſes alles ſagt er/ ich bin ſchon
ver-
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