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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Sieben und Dreissigste Geistliche Lection
außgelassen worden/ und du zum ersten und andernmahl nicht erhöret wer-
dest; so wird doch dein Gebett zu seiner Zeit gewünschte Früchten/ und
dir den Oel-Zweig der Göttlichen Barmhertzigkeit mit sich bringen. So
schaffe dann hinweg die Wolcken der Sünden/ und verharremit einer kind-
lichen Zuversicht im Gebett/ wann du von deinem GOtt wilst erhöret
werden.

Der Andere Theil.

8. NEben andern Nothwendigkeiten wird auch erfordert/ daß dein
Gebett nicht williglich verstreuet seye: dann gleich wie die/ so bey
grossen Herrn Audientz haben/ ihre Diener draussen lassen;
also mussen die jenige/ welche vermittelst deß Gebetts ihrem GOTT sich
nähern/ die Creaturen und irrdischen Geschöpffen (so dem Menschen zum
Dienst gegeben seynd) ausser dem Zimmer oder Tempel deß Hertzens lassen.
Der aber diesem Rath nicht nachlebet/ der wird sich ehender den Haaß als
die Gunst deß himmlischen Königs auff den Halß laden/ nach Zeugnuß
deß Heil. Chrysostomi/ der also spricht: Wann dir ein bittender zu deinen
Knien niederfallete/ und selbige mit seinen unflätigen Händen/
die er eben vorhero im Koth herumb geschlagen/ angriffe; den würdest du
nicht allein nicht erhören; sondern auch darzu mit Füssen von dir stossen. Al-
so erhöret GOtt das Gebett nicht/ welches mit unsauberem Hertzen ver-
gossen wird. Dahero ist dem H. Bernardo widerfahren/ daß er bey den
ordinarien Nachts-Gezeiten einsmals gesehen/ wie die Engelen GOttes
das Gebett eines jeden von seinen Geistlichen auffgezeichnet haben. Deren
Gebett/ so da mit einem Christlichen Eyffer gebettet haben/ ist mit güldenen
Buchstaben: deren/ die nicht also inbrünstig gebettet haben/ als die vorige;
ist mit silbernen: deren/ so gutes Willens/ und dennoch im Gebett verstreu-
et gewesen; ist mit Dinten; der jenigen Gebett aber/ welche oder mit einer
Todt-Sünd beschmitzet/ oder williglich in selbigem verstreuet gewesen/ ist
nicht verzeichnet worden.

9. Jch muß aber gestehen/ daß ein langwiriges Gebett ohne einige Zersprei-
tung deß Gemüts zu verrichten/ ein rares und sehr mühsames Werck seye:
derhalben hat der Gottseelige Alt-Vatter Agathon/ da er gefragt wurde/
zu welcher Tugend die meiste Arbeit erfordert werde/ recht und wohl geant-
wortet/ daß keine Mühe mit der jenigen könne verglichen werden/ die man
im Gebett anwendet: sintemahlen in den Ubungen aller Tugenden/ sagt er/

noch

Die Sieben und Dreiſſigſte Geiſtliche Lection
außgelaſſen worden/ und du zum erſten und andernmahl nicht erhoͤret wer-
deſt; ſo wird doch dein Gebett zu ſeiner Zeit gewuͤnſchte Fruͤchten/ und
dir den Oel-Zweig der Goͤttlichen Barmhertzigkeit mit ſich bringen. So
ſchaffe dann hinweg die Wolcken der Suͤnden/ und verharremit einer kind-
lichen Zuverſicht im Gebett/ wann du von deinem GOtt wilſt erhoͤret
werden.

Der Andere Theil.

8. NEben andern Nothwendigkeiten wird auch erfordert/ daß dein
Gebett nicht williglich verſtreuet ſeye: dann gleich wie die/ ſo bey
groſſen Herrn Audientz haben/ ihre Diener drauſſen laſſen;
alſo muſſen die jenige/ welche vermittelſt deß Gebetts ihrem GOTT ſich
naͤhern/ die Creaturen und irrdiſchen Geſchoͤpffen (ſo dem Menſchen zum
Dienſt gegeben ſeynd) auſſer dem Zimmer oder Tempel deß Hertzens laſſen.
Der aber dieſem Rath nicht nachlebet/ der wird ſich ehender den Haaß als
die Gunſt deß himmliſchen Koͤnigs auff den Halß laden/ nach Zeugnuß
deß Heil. Chryſoſtomi/ der alſo ſpricht: Wann dir ein bittender zu deinen
Knien niederfallete/ und ſelbige mit ſeinen unflaͤtigen Haͤnden/
die er eben vorhero im Koth herumb geſchlagen/ angriffe; den wuͤrdeſt du
nicht allein nicht erhoͤren; ſondern auch darzu mit Fuͤſſen von dir ſtoſſen. Al-
ſo erhoͤret GOtt das Gebett nicht/ welches mit unſauberem Hertzen ver-
goſſen wird. Dahero iſt dem H. Bernardo widerfahren/ daß er bey den
ordinarien Nachts-Gezeiten einsmals geſehen/ wie die Engelen GOttes
das Gebett eines jeden von ſeinen Geiſtlichen auffgezeichnet haben. Deren
Gebett/ ſo da mit einem Chriſtlichen Eyffer gebettet haben/ iſt mit guͤldenen
Buchſtaben: deren/ die nicht alſo inbruͤnſtig gebettet haben/ als die vorige;
iſt mit ſilbernen: deren/ ſo gutes Willens/ und dennoch im Gebett verſtreu-
et geweſen; iſt mit Dinten; der jenigen Gebett aber/ welche oder mit einer
Todt-Suͤnd beſchmitzet/ oder williglich in ſelbigem verſtreuet geweſen/ iſt
nicht verzeichnet worden.

9. Jch muß aber geſtehen/ daß ein langwiriges Gebett ohne einige Zerſprei-
tung deß Gemuͤts zu verrichten/ ein rares und ſehr muͤhſames Werck ſeye:
derhalben hat der Gottſeelige Alt-Vatter Agathon/ da er gefragt wurde/
zu welcher Tugend die meiſte Arbeit erfordert werde/ recht und wohl geant-
wortet/ daß keine Muͤhe mit der jenigen koͤnne verglichen werden/ die man
im Gebett anwendet: ſintemahlen in den Ubungen aller Tugenden/ ſagt er/

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[456/0484] Die Sieben und Dreiſſigſte Geiſtliche Lection außgelaſſen worden/ und du zum erſten und andernmahl nicht erhoͤret wer- deſt; ſo wird doch dein Gebett zu ſeiner Zeit gewuͤnſchte Fruͤchten/ und dir den Oel-Zweig der Goͤttlichen Barmhertzigkeit mit ſich bringen. So ſchaffe dann hinweg die Wolcken der Suͤnden/ und verharremit einer kind- lichen Zuverſicht im Gebett/ wann du von deinem GOtt wilſt erhoͤret werden. Der Andere Theil. 8. NEben andern Nothwendigkeiten wird auch erfordert/ daß dein Gebett nicht williglich verſtreuet ſeye: dann gleich wie die/ ſo bey groſſen Herrn Audientz haben/ ihre Diener drauſſen laſſen; alſo muſſen die jenige/ welche vermittelſt deß Gebetts ihrem GOTT ſich naͤhern/ die Creaturen und irrdiſchen Geſchoͤpffen (ſo dem Menſchen zum Dienſt gegeben ſeynd) auſſer dem Zimmer oder Tempel deß Hertzens laſſen. Der aber dieſem Rath nicht nachlebet/ der wird ſich ehender den Haaß als die Gunſt deß himmliſchen Koͤnigs auff den Halß laden/ nach Zeugnuß deß Heil. Chryſoſtomi/ der alſo ſpricht: Wann dir ein bittender zu deinen Knien niederfallete/ und ſelbige mit ſeinen unflaͤtigen Haͤnden/ die er eben vorhero im Koth herumb geſchlagen/ angriffe; den wuͤrdeſt du nicht allein nicht erhoͤren; ſondern auch darzu mit Fuͤſſen von dir ſtoſſen. Al- ſo erhoͤret GOtt das Gebett nicht/ welches mit unſauberem Hertzen ver- goſſen wird. Dahero iſt dem H. Bernardo widerfahren/ daß er bey den ordinarien Nachts-Gezeiten einsmals geſehen/ wie die Engelen GOttes das Gebett eines jeden von ſeinen Geiſtlichen auffgezeichnet haben. Deren Gebett/ ſo da mit einem Chriſtlichen Eyffer gebettet haben/ iſt mit guͤldenen Buchſtaben: deren/ die nicht alſo inbruͤnſtig gebettet haben/ als die vorige; iſt mit ſilbernen: deren/ ſo gutes Willens/ und dennoch im Gebett verſtreu- et geweſen; iſt mit Dinten; der jenigen Gebett aber/ welche oder mit einer Todt-Suͤnd beſchmitzet/ oder williglich in ſelbigem verſtreuet geweſen/ iſt nicht verzeichnet worden. 9. Jch muß aber geſtehen/ daß ein langwiriges Gebett ohne einige Zerſprei- tung deß Gemuͤts zu verrichten/ ein rares und ſehr muͤhſames Werck ſeye: derhalben hat der Gottſeelige Alt-Vatter Agathon/ da er gefragt wurde/ zu welcher Tugend die meiſte Arbeit erfordert werde/ recht und wohl geant- wortet/ daß keine Muͤhe mit der jenigen koͤnne verglichen werden/ die man im Gebett anwendet: ſintemahlen in den Ubungen aller Tugenden/ ſagt er/ noch

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/484>, abgerufen am 22.11.2024.