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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der nützlichen Vbung
drittens daß du dir fürnehmest/ nach deinem Vermögen denen nemblich
durch das Gebett bey zuspringen. Jm übrigen kanstu dich alhier deren ob-
gesetzten Affecten gebrauchen. So viel den Seelen-Eiffer anbelangt/
kanstu auff folgende Manier denselben in dir erwecken: O allerliebreichester
Jesu/ du bist unserentwegen und umb unseres Heyls willen vom Himmel
herabgestiegen: wie viel Hitz und kälte und wie grosse Ungelegenheiten hastu
nicht außgestanden? wie viele Reisen hastu nicht auff dich genommen? wie
viele Mühe und Arbeit? wie viele Schmertzen und Ubel nachreden? Du hast
dich allen dargeben/ so wohl Arm als Reichen/ Groß und Kleinen/ Jung und
Alten/ in Städt und Flecken/ auffm Feld und in den Wüsten/ Tag und
Nacht. So hoch hastu unsere Seelen geschätzet: wie hoch ist aber dein
Blut zu achten? zweiffels ohn unendlich höher/ die weilen du selbiges für sie
gegeben hast/ was bin ich derhalben nicht schüldig zu leiden? Wie soll ich
nicht arbeiten und schwitzen/ damit ich auch ein eintzige Seel gewinnen mö-
ge! O ihr/ durch das Blut Christi erlösete Seelen! Ach könte ich doch
ein eintzige auß euch erretten! ach könte ich euch allen/ auch mit meinenm Blut/
mit Peinen und Schmertzen/ und mit dem bittersten Todt helffen! Die
Nachfolgung wird erweckt
auß Betrachtung der allervollkomm-
nesten Tugenten Christi/ Mariä und anderer Heiligen/ solcher Massen.
Da du in Gestalt GOttes warest/ O JESU/ du eintzige Lieb meines
Hertzen/ da hastu alle Reichthumben/ Ehren und Weißheit/ &c. von dir
geworffen/ und bist umb meinentwillen arm/ verächtlich und verspottet
worden: derhalben/ wann ich schon reich und angesehen seyn könte/ so wol-
te ichs doch nicht seyn/ dieweilen du arm und verächtlich für mich worden
bist. Du hast dieses alles erwählet; und darumb erwähle ichs auch; deine
Erwählung ist eine Regul der meinigen: und also erwähle ich allein/ umb
dir zu folgen. Diese und dergleichen Affecten müssen in der Betrachtung
nicht alle zugleich geübet werden; sondern bald dieser/ bald jener/ nachdem
der Antrieb deß H. Geistes sich zeigen wird. Man muß auch mit grossem
Fleiß in sothanen Affecten verharren/ und nicht alsbald von einem Affect zum
andern springen.

Wie man die Gespräch in den Betrachtungen
wohl einrichten solle.

Die Gespräch/ so mit hertzlichen Begierden und innerlichen Seuffzen
vermischt seynd/ können unterschiedlicher massen gerichtet werden. Erst-
lich
zur H. H. Dreyfaltigkeit/ oder zu einer jeden Person in der Gottheit/

in

Von der nuͤtzlichen Vbung
drittens daß du dir fuͤrnehmeſt/ nach deinem Vermoͤgen denen nemblich
durch das Gebett bey zuſpringen. Jm uͤbrigen kanſtu dich alhier deren ob-
geſetzten Affecten gebrauchen. So viel den Seelen-Eiffer anbelangt/
kanſtu auff folgende Manier denſelben in dir erwecken: O allerliebreicheſter
Jeſu/ du biſt unſerentwegen und umb unſeres Heyls willen vom Himmel
herabgeſtiegen: wie viel Hitz und kaͤlte und wie groſſe Ungelegenheiten haſtu
nicht außgeſtanden? wie viele Reiſen haſtu nicht auff dich genommen? wie
viele Muͤhe und Arbeit? wie viele Schmertzen und Ubel nachreden? Du haſt
dich allen dargeben/ ſo wohl Arm als Reichen/ Groß und Kleinen/ Jung und
Alten/ in Staͤdt und Flecken/ auffm Feld und in den Wuͤſten/ Tag und
Nacht. So hoch haſtu unſere Seelen geſchaͤtzet: wie hoch iſt aber dein
Blut zu achten? zweiffels ohn unendlich hoͤher/ die weilen du ſelbiges fuͤr ſie
gegeben haſt/ was bin ich derhalben nicht ſchuͤldig zu leiden? Wie ſoll ich
nicht arbeiten und ſchwitzen/ damit ich auch ein eintzige Seel gewinnen moͤ-
ge! O ihr/ durch das Blut Chriſti erloͤſete Seelen! Ach koͤnte ich doch
ein eintzige auß euch erretten! ach koͤnte ich euch allen/ auch mit meinẽm Blut/
mit Peinen und Schmertzen/ und mit dem bitterſten Todt helffen! Die
Nachfolgung wird erweckt
auß Betrachtung der allervollkomm-
neſten Tugenten Chriſti/ Mariaͤ und anderer Heiligen/ ſolcher Maſſen.
Da du in Geſtalt GOttes wareſt/ O JESU/ du eintzige Lieb meines
Hertzen/ da haſtu alle Reichthumben/ Ehren und Weißheit/ &c. von dir
geworffen/ und biſt umb meinentwillen arm/ veraͤchtlich und verſpottet
worden: derhalben/ wann ich ſchon reich und angeſehen ſeyn koͤnte/ ſo wol-
te ichs doch nicht ſeyn/ dieweilen du arm und veraͤchtlich fuͤr mich worden
biſt. Du haſt dieſes alles erwaͤhlet; und darumb erwaͤhle ichs auch; deine
Erwaͤhlung iſt eine Regul der meinigen: und alſo erwaͤhle ich allein/ umb
dir zu folgen. Dieſe und dergleichen Affecten muͤſſen in der Betrachtung
nicht alle zugleich geuͤbet werden; ſondern bald dieſer/ bald jener/ nachdem
der Antrieb deß H. Geiſtes ſich zeigen wird. Man muß auch mit groſſem
Fleiß in ſothanen Affecten verharren/ und nicht alsbald von einem Affect zum
andern ſpringen.

Wie man die Geſpraͤch in den Betrachtungen
wohl einrichten ſolle.

Die Geſpraͤch/ ſo mit hertzlichen Begierden und innerlichen Seuffzen
vermiſcht ſeynd/ koͤnnen unterſchiedlicher maſſen gerichtet werden. Erſt-
lich
zur H. H. Dreyfaltigkeit/ oder zu einer jeden Perſon in der Gottheit/

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[474/0502] Von der nuͤtzlichen Vbung drittens daß du dir fuͤrnehmeſt/ nach deinem Vermoͤgen denen nemblich durch das Gebett bey zuſpringen. Jm uͤbrigen kanſtu dich alhier deren ob- geſetzten Affecten gebrauchen. So viel den Seelen-Eiffer anbelangt/ kanſtu auff folgende Manier denſelben in dir erwecken: O allerliebreicheſter Jeſu/ du biſt unſerentwegen und umb unſeres Heyls willen vom Himmel herabgeſtiegen: wie viel Hitz und kaͤlte und wie groſſe Ungelegenheiten haſtu nicht außgeſtanden? wie viele Reiſen haſtu nicht auff dich genommen? wie viele Muͤhe und Arbeit? wie viele Schmertzen und Ubel nachreden? Du haſt dich allen dargeben/ ſo wohl Arm als Reichen/ Groß und Kleinen/ Jung und Alten/ in Staͤdt und Flecken/ auffm Feld und in den Wuͤſten/ Tag und Nacht. So hoch haſtu unſere Seelen geſchaͤtzet: wie hoch iſt aber dein Blut zu achten? zweiffels ohn unendlich hoͤher/ die weilen du ſelbiges fuͤr ſie gegeben haſt/ was bin ich derhalben nicht ſchuͤldig zu leiden? Wie ſoll ich nicht arbeiten und ſchwitzen/ damit ich auch ein eintzige Seel gewinnen moͤ- ge! O ihr/ durch das Blut Chriſti erloͤſete Seelen! Ach koͤnte ich doch ein eintzige auß euch erretten! ach koͤnte ich euch allen/ auch mit meinẽm Blut/ mit Peinen und Schmertzen/ und mit dem bitterſten Todt helffen! Die Nachfolgung wird erweckt auß Betrachtung der allervollkomm- neſten Tugenten Chriſti/ Mariaͤ und anderer Heiligen/ ſolcher Maſſen. Da du in Geſtalt GOttes wareſt/ O JESU/ du eintzige Lieb meines Hertzen/ da haſtu alle Reichthumben/ Ehren und Weißheit/ &c. von dir geworffen/ und biſt umb meinentwillen arm/ veraͤchtlich und verſpottet worden: derhalben/ wann ich ſchon reich und angeſehen ſeyn koͤnte/ ſo wol- te ichs doch nicht ſeyn/ dieweilen du arm und veraͤchtlich fuͤr mich worden biſt. Du haſt dieſes alles erwaͤhlet; und darumb erwaͤhle ichs auch; deine Erwaͤhlung iſt eine Regul der meinigen: und alſo erwaͤhle ich allein/ umb dir zu folgen. Dieſe und dergleichen Affecten muͤſſen in der Betrachtung nicht alle zugleich geuͤbet werden; ſondern bald dieſer/ bald jener/ nachdem der Antrieb deß H. Geiſtes ſich zeigen wird. Man muß auch mit groſſem Fleiß in ſothanen Affecten verharren/ und nicht alsbald von einem Affect zum andern ſpringen. Wie man die Geſpraͤch in den Betrachtungen wohl einrichten ſolle. Die Geſpraͤch/ ſo mit hertzlichen Begierden und innerlichen Seuffzen vermiſcht ſeynd/ koͤnnen unterſchiedlicher maſſen gerichtet werden. Erſt- lich zur H. H. Dreyfaltigkeit/ oder zu einer jeden Perſon in der Gottheit/ in

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/502>, abgerufen am 22.11.2024.