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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der nützlichen Vbung
neueren/ und nach dem Rath deß heiligen Bernardi/ abermahl deinen
Gott umb Hülff ersuchen/ und wann du zur Kirchen oder zu deiner Bett-
Kammer eingehest/ so lege einen Finger auff den Mund/ und sage: wartet
ihr bose Gedancken allhier/ ihr böse Neigungen und schädliche Begierlich-
keiten: Du aber meine Seel/ gehe ein in die Freud deines Herren/ und be-
suche dessen heiligen Wohn-Platz. Drittens/ stelle dich zu Anfangs
der Betrachtung in das Angesicht GOttes/ nach dem Spruch deß König-
Ps. 18. 15.lichen Propheten: Die Betrachtung meines Hertzen ist im-
merdar in deinem Angesicht.

Die Mittel in der Betrachtung die Verstreuungen zu vertreiben/
seynd diese ins gemein; Erstlich/ daß du ordentlich über alle Puneten
der Betrachtung mit dir selbsten redest. Zum andern/ daß du die Ge-
dancken/ die sich in währender Betrachtung anmelden/ nicht anhörest. Zum
dritten/
daß du in Mangel der Materi/ dein Gemüth zu diesen oder der-
gleichen Dingen erhebest. Exempel-Weiß: zu den Göttlichen Eigenschaff-
ten: zu denen uns von Gott geleisteten Wohlthaten: zu den Verdiensten
Christi: zu deiner Undanckbarkeit und Armseeligkeit/ &c. Wie die allersee-
ligste Jungfrau Maria und andere Heilige gelebt haben/ und endlich solstu
dich selbsten anreden und fragen/ was du von dieser vorgenommenen Mate-
teri erzehlen köntest/ wann darüber von andern gefraget würdest.

Einige Vrsachen werden erklähret/ warumb die
Betrachtungen offtmahl so geringe/ oder gar keine
gute Wirckung haben.

Zu Verhinderung und Schmählerung der Betrachtungen last sich gebrau-
chen der Geist deß Fleichsses/ der Welt/ und der böse Geist. Ein jeder be-
mühet sich seiner Seiten gnugsambe Mittelen zur Verhinderung bey zu
schaffen.

Der erste Betrug/ so viel die Materi der Betrachtung anlangt/ be-
stehet darin/ daß du keine außerlesene Materi zur Betrachtung habest; son-
deren mehr nach deinem blinden Eiffer und eigenen Sinnen; oder auff un-
vermercktes Antreiben deß bösen Geistes solche Sachen zu betrachten für-
nehmest/ die dir nicht dienen: als zum Exempel; wann du mit bösen Nei-
gungen und Gewonheiten zu sündigen/ und ungezäumten Passionen er-
füllet/ suchest dir die höchste und subtilste Materien auß/ von den göttlichen
Eigenschafften. Oder wann du zaghafft und serupuloß bist/ und wollest

als-

Von der nuͤtzlichen Vbung
neueren/ und nach dem Rath deß heiligen Bernardi/ abermahl deinen
Gott umb Huͤlff erſuchen/ und wann du zur Kirchen oder zu deiner Bett-
Kammer eingeheſt/ ſo lege einen Finger auff den Mund/ und ſage: wartet
ihr boſe Gedancken allhier/ ihr boͤſe Neigungen und ſchaͤdliche Begierlich-
keiten: Du aber meine Seel/ gehe ein in die Freud deines Herren/ und be-
ſuche deſſen heiligen Wohn-Platz. Drittens/ ſtelle dich zu Anfangs
der Betrachtung in das Angeſicht GOttes/ nach dem Spruch deß Koͤnig-
Pſ. 18. 15.lichen Propheten: Die Betrachtung meines Hertzen iſt im-
merdar in deinem Angeſicht.

Die Mittel in der Betrachtung die Verſtreuungen zu vertreiben/
ſeynd dieſe ins gemein; Erſtlich/ daß du ordentlich uͤber alle Puneten
der Betrachtung mit dir ſelbſten redeſt. Zum andern/ daß du die Ge-
dancken/ die ſich in waͤhrender Betrachtung anmelden/ nicht anhoͤreſt. Zum
dritten/
daß du in Mangel der Materi/ dein Gemuͤth zu dieſen oder der-
gleichen Dingen erhebeſt. Exempel-Weiß: zu den Goͤttlichen Eigenſchaff-
ten: zu denen uns von Gott geleiſteten Wohlthaten: zu den Verdienſten
Chriſti: zu deiner Undanckbarkeit und Armſeeligkeit/ &c. Wie die allerſee-
ligſte Jungfrau Maria und andere Heilige gelebt haben/ und endlich ſolſtu
dich ſelbſten anreden und fragen/ was du von dieſer vorgenommenen Mate-
teri erzehlen koͤnteſt/ wann daruͤber von andern gefraget wuͤrdeſt.

Einige Vrſachen werden erklaͤhret/ warumb die
Betrachtungen offtmahl ſo geringe/ oder gar keine
gute Wirckung haben.

Zu Verhinderung und Schmaͤhlerung der Betrachtungen laſt ſich gebrau-
chen der Geiſt deß Fleichſſes/ der Welt/ und der boͤſe Geiſt. Ein jeder be-
muͤhet ſich ſeiner Seiten gnugſambe Mittelen zur Verhinderung bey zu
ſchaffen.

Der erſte Betrug/ ſo viel die Materi der Betrachtung anlangt/ be-
ſtehet darin/ daß du keine außerleſene Materi zur Betrachtung habeſt; ſon-
deren mehr nach deinem blinden Eiffer und eigenen Sinnen; oder auff un-
vermercktes Antreiben deß boͤſen Geiſtes ſolche Sachen zu betrachten fuͤr-
nehmeſt/ die dir nicht dienen: als zum Exempel; wann du mit boͤſen Nei-
gungen und Gewonheiten zu ſuͤndigen/ und ungezaͤumten Paſſionen er-
fuͤllet/ ſucheſt dir die hoͤchſte und ſubtilſte Materien auß/ von den goͤttlichen
Eigenſchafften. Oder wann du zaghafft und ſerupuloß biſt/ und wolleſt

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[476/0504] Von der nuͤtzlichen Vbung neueren/ und nach dem Rath deß heiligen Bernardi/ abermahl deinen Gott umb Huͤlff erſuchen/ und wann du zur Kirchen oder zu deiner Bett- Kammer eingeheſt/ ſo lege einen Finger auff den Mund/ und ſage: wartet ihr boſe Gedancken allhier/ ihr boͤſe Neigungen und ſchaͤdliche Begierlich- keiten: Du aber meine Seel/ gehe ein in die Freud deines Herren/ und be- ſuche deſſen heiligen Wohn-Platz. Drittens/ ſtelle dich zu Anfangs der Betrachtung in das Angeſicht GOttes/ nach dem Spruch deß Koͤnig- lichen Propheten: Die Betrachtung meines Hertzen iſt im- merdar in deinem Angeſicht. Pſ. 18. 15. Die Mittel in der Betrachtung die Verſtreuungen zu vertreiben/ ſeynd dieſe ins gemein; Erſtlich/ daß du ordentlich uͤber alle Puneten der Betrachtung mit dir ſelbſten redeſt. Zum andern/ daß du die Ge- dancken/ die ſich in waͤhrender Betrachtung anmelden/ nicht anhoͤreſt. Zum dritten/ daß du in Mangel der Materi/ dein Gemuͤth zu dieſen oder der- gleichen Dingen erhebeſt. Exempel-Weiß: zu den Goͤttlichen Eigenſchaff- ten: zu denen uns von Gott geleiſteten Wohlthaten: zu den Verdienſten Chriſti: zu deiner Undanckbarkeit und Armſeeligkeit/ &c. Wie die allerſee- ligſte Jungfrau Maria und andere Heilige gelebt haben/ und endlich ſolſtu dich ſelbſten anreden und fragen/ was du von dieſer vorgenommenen Mate- teri erzehlen koͤnteſt/ wann daruͤber von andern gefraget wuͤrdeſt. Einige Vrſachen werden erklaͤhret/ warumb die Betrachtungen offtmahl ſo geringe/ oder gar keine gute Wirckung haben. Zu Verhinderung und Schmaͤhlerung der Betrachtungen laſt ſich gebrau- chen der Geiſt deß Fleichſſes/ der Welt/ und der boͤſe Geiſt. Ein jeder be- muͤhet ſich ſeiner Seiten gnugſambe Mittelen zur Verhinderung bey zu ſchaffen. Der erſte Betrug/ ſo viel die Materi der Betrachtung anlangt/ be- ſtehet darin/ daß du keine außerleſene Materi zur Betrachtung habeſt; ſon- deren mehr nach deinem blinden Eiffer und eigenen Sinnen; oder auff un- vermercktes Antreiben deß boͤſen Geiſtes ſolche Sachen zu betrachten fuͤr- nehmeſt/ die dir nicht dienen: als zum Exempel; wann du mit boͤſen Nei- gungen und Gewonheiten zu ſuͤndigen/ und ungezaͤumten Paſſionen er- fuͤllet/ ſucheſt dir die hoͤchſte und ſubtilſte Materien auß/ von den goͤttlichen Eigenſchafften. Oder wann du zaghafft und ſerupuloß biſt/ und wolleſt als-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/504>, abgerufen am 22.11.2024.