Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Betrachtung deß Leyden Christi. und Tugenten zu erleuchten/ und durch die entzündete Bewegungen derGöttlichen Liebe zur Vollkommenheit zu befürderen; wie die auffmerck- sambe und andächtige Betrachtung deß Leydens Christi. Derhalben hat recht der Geistreiche P. Alvarez alle Anfangende zur betrachtung dieses Leydens/ als zu einem geistlichen Brunnen ihres zunehmens angetrieben/ und in seinen gewöhnlichen Ermahnungen dieses mehrmal widerholet; daß wir nemblich nichts auß unsern Wercken machen sollen/ biß wir so weit kom- men seynd/ daß wir den gecreutzigsten Jesum allzeit in unserm Hertzen tragen. Dieser Gottselige Alvarez wuste wohl/ daß der Liebreiche Jesus seiner ausserwählten Braut der H. Gertrudis offenbahret hatte/ und gesagt: Gleich wie es unmöglich ist/ daß einer mit Mähl umbgehe/ und von selbigemL. 3. Insin c. 41. nit bestaubet werde: also kan nicht geschehen/ daß einer/ so auch mit weniger Andacht das Leyden Christi bedencke; und darauß keinen Nutzen schöpffe. Widerumb ein andersmal sagt Christus derselben Gertrud: Cs mag einerL. 4. Insin div. Piet. so grosser Sünder seyn/ als er immer wolle; wann er nur Hoffnung der Ver- gebung wird schöpffen können/ und meinem Vatter mein allerunschuldig- stes Leyden und Todt auffopfferen: so vertrawe solcher/ daß er die heylsame Frucht der Nachlaß erhalten werde: dieweilen auff Erden kein so kräfftiges Mittel gegen die Sünd kan gefunden werden/ als eben die Gedächtnuß meines Leydens/ mit einer wahren Bußfertigkeit/ und auffrichtigem Ver- trauen. Drittens/ dann/ so das Blut der Böck und Ochsen/ sagtHebr. 9. der P p p 2
Von der Betrachtung deß Leyden Chriſti. und Tugenten zu erleuchten/ und durch die entzuͤndete Bewegungen derGoͤttlichen Liebe zur Vollkommenheit zu befuͤrderen; wie die auffmerck- ſambe und andaͤchtige Betrachtung deß Leydens Chriſti. Derhalben hat recht der Geiſtreiche P. Alvarez alle Anfangende zur betrachtung dieſes Leydens/ als zu einem geiſtlichen Brunnen ihres zunehmens angetrieben/ und in ſeinen gewoͤhnlichen Ermahnungen dieſes mehrmal widerholet; daß wir nemblich nichts auß unſern Wercken machen ſollen/ biß wir ſo weit kom- men ſeynd/ daß wir den gecreutzigſten Jeſum allzeit in unſerm Hertzen tragen. Dieſer Gottſelige Alvarez wuſte wohl/ daß der Liebreiche Jeſus ſeiner auſſerwaͤhlten Braut der H. Gertrudis offenbahret hatte/ und geſagt: Gleich wie es unmoͤglich iſt/ daß einer mit Maͤhl umbgehe/ und von ſelbigemL. 3. Inſin c. 41. nit beſtaubet werde: alſo kan nicht geſchehen/ daß einer/ ſo auch mit weniger Andacht das Leyden Chriſti bedencke; und darauß keinen Nutzen ſchoͤpffe. Widerumb ein andersmal ſagt Chriſtus derſelben Gertrud: Cs mag einerL. 4. Inſin div. Piet. ſo groſſer Suͤnder ſeyn/ als er immer wolle; wann er nur Hoffnung der Ver- gebung wird ſchoͤpffen koͤnnen/ und meinem Vatter mein allerunſchuldig- ſtes Leyden und Todt auffopfferen: ſo vertrawe ſolcher/ daß er die heylſame Frucht der Nachlaß erhalten werde: dieweilen auff Erden kein ſo kraͤfftiges Mittel gegen die Suͤnd kan gefunden werden/ als eben die Gedaͤchtnuß meines Leydens/ mit einer wahren Bußfertigkeit/ und auffrichtigem Ver- trauen. Drittens/ dann/ ſo das Blut der Boͤck und Ochſen/ ſagtHebr. 9. der P p p 2
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Von der Betrachtung deß Leyden Chriſti.
und Tugenten zu erleuchten/ und durch die entzuͤndete Bewegungen der
Goͤttlichen Liebe zur Vollkommenheit zu befuͤrderen; wie die auffmerck-
ſambe und andaͤchtige Betrachtung deß Leydens Chriſti. Derhalben hat
recht der Geiſtreiche P. Alvarez alle Anfangende zur betrachtung dieſes
Leydens/ als zu einem geiſtlichen Brunnen ihres zunehmens angetrieben/
und in ſeinen gewoͤhnlichen Ermahnungen dieſes mehrmal widerholet; daß
wir nemblich nichts auß unſern Wercken machen ſollen/ biß wir ſo weit kom-
men ſeynd/ daß wir den gecreutzigſten Jeſum allzeit in unſerm Hertzen tragen.
Dieſer Gottſelige Alvarez wuſte wohl/ daß der Liebreiche Jeſus ſeiner
auſſerwaͤhlten Braut der H. Gertrudis offenbahret hatte/ und geſagt:
Gleich wie es unmoͤglich iſt/ daß einer mit Maͤhl umbgehe/ und von ſelbigem
nit beſtaubet werde: alſo kan nicht geſchehen/ daß einer/ ſo auch mit weniger
Andacht das Leyden Chriſti bedencke; und darauß keinen Nutzen ſchoͤpffe.
Widerumb ein andersmal ſagt Chriſtus derſelben Gertrud: Cs mag einer
ſo groſſer Suͤnder ſeyn/ als er immer wolle; wann er nur Hoffnung der Ver-
gebung wird ſchoͤpffen koͤnnen/ und meinem Vatter mein allerunſchuldig-
ſtes Leyden und Todt auffopfferen: ſo vertrawe ſolcher/ daß er die heylſame
Frucht der Nachlaß erhalten werde: dieweilen auff Erden kein ſo kraͤfftiges
Mittel gegen die Suͤnd kan gefunden werden/ als eben die Gedaͤchtnuß
meines Leydens/ mit einer wahren Bußfertigkeit/ und auffrichtigem Ver-
trauen.
L. 3. Inſin
c. 41.
L. 4. Inſin
div. Piet.
Drittens/ dann/ ſo das Blut der Boͤck und Ochſen/ ſagt
der Apoſtel/ und die Aſche der jungen Kůhe/ wann ſie ge-
ſprenget wird/ die Befleckte reiniget zu Reinigung deß
Fleiſches: wie viel mehr wird dann das Blut Chriſti/
der ſich ſelbſt unbeflecket/ durch den H. Geiſt GOtt auff-
geopffert hat/ unſer Gewiſſen reinigen/ und von den
Todten erwecken/ dem lebendigen GOTT zu dienen:
Dieſe Reinigung erhalten wir durch die Betrachtung deß Leyden Chriſti.
Thut aber dieſes nur die bloſe Betrachtung; wie naͤrriſch ſeynd dann die je-
nige/ ſo dieſe auß Traͤgheit unterlaſſen! da doch alle Creaturen/ wie dich und
mich der H. Hieronymus erinnert/ mit dem ſterbenden JEſu ein Mit-Ley-
den haben: die Sonn wird verdunckelt/ die Erd wird beweget/ die Felſen
werden zerſpaltet/ der Fuͤrhang deß Tempels wird zerriſſen/ die Graͤber
der Todten werden eroͤffnet; und der armſeelige Menſch allein hat kein
Mit-Leyden/ fuͤr welchen doch Chriſtus leydet. Uber ſolche hat der Heil.
Vatter Auguſtinus ein erſchroͤckliches Urtheil gefaͤlet mit dieſen Worten:
der
Hebr. 9.
v. 13.
Sup.
Matth.
P p p 2
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