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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Drey und Viertzigste Geistliche Lection
hen Alter/ das ist/ im andern Leben/ was finden können? zumahlen der
Herbst keine Baum-Früchten sehen wird/ dessen Blumen der Fröhling nicht
gesehen hat.

4. Keiner aber soll sich selbst betriegen/ und vermeinen/ daß es zu Erhal-
tung der ewigen Seeligkeit gnug seye/ daß er nichts Ubels thue. Dann/
nichts Ubels thuen/ ist nach Zeugnuß deß H. Chrysostomi nichts anders/
als etwas Ubels thuen. Welches der jetzt- gemeld[t]e Kirchen-Lehrer also
beweiset. Zum Exempel/ du hast einen Knecht/ der nicht diebisch/ unge-
horsamb/ und kein Sauffer ist; sondern Treu/ gehorsamb/ und allzeit
nüchtern/ und zumahlen nicht lasterhafft: selbiger aber/ wann er gantze
Tag zu Hauß müssig sitzet/ und das jenige verabsaumet/ daß ihm anbefohlen
ist; soll er nicht die Brügel - Suppen verdienet haben? Er hat gleichwohl
nichts Ubels gethan. Das aber ist Ubels gnug/ daß er sein Ambt vernach-
lässiget hat. Derhalben hat auch jener Mann sein Weib gepriegelt/ weilen
sie nichts gethan hatte/ und an Platz/ daß sie hätte spinnen sollen/ ihrem un-
nützen Plaudern hatte abgewartet. Da solches der Mann deß Abends
nach Hauß kommend vermerckt hat/ und dem Weib für die gethane Arbeit
den billigen Lohn mit Streichen erstatten wollen/ rieff das Weib unter weh-
rendem Schlagen: du Schelm/ warumb schlagstu mich/ ich hab doch nichts
gethan? eben darumb schlag ich dich/ antwortet der Mann/ weilen du
nichts gethan hast. Wann deine Hand/ sagt abermahl der heilige Chry-
sostomus/ also beschaffen ist/ daß dir die Zung nicht abschneide/ die Augen
nicht außkratze/ und kein anderes Ubel zufüge; sondern müssig ist/ und dem
übrigen Leib nicht dienen will; solstu über diese/ als eine unnützliche und
gichtbrüchtige Hand nicht billiger Massen zürnen? Sagt nicht unser
Matth. 7.Heyland: Ein jeglicher/ der nicht gute Früchten bringt/ soll
abgehauen/ und ins Feur geworffen werden:
Er sagt nicht/
der böse Früchten bringt/ sondern/ der nicht gute Fruchten
bringt:
Dahero lesen wir/ daß demselbigen Heyland einmahls gehüngert/
und da er einen Feigen-Baum gesehen/ zu selbigem hinzu gangen seye/ und
weilen er nur Blätter gefunden/ über denselben geiffert habe und gesagt:
Niemahlen soll auß dir Fruchten hervor kommen in E-
wigkeit.
Wann nun Christus verfluchet hat einen Baum/ daß er kein
Früchten gehabt/ da es doch kein Zeit der Früchten ware; was wird dann
widerfahren den jenigen/ welcher da solte haben die Früchten der guten Werck/

und

Die Drey und Viertzigſte Geiſtliche Lection
hen Alter/ das iſt/ im andern Leben/ was finden koͤnnen? zumahlen der
Herbſt keine Baum-Fruͤchten ſehen wird/ deſſen Blumen der Froͤhling nicht
geſehen hat.

4. Keiner aber ſoll ſich ſelbſt betriegen/ und vermeinen/ daß es zu Erhal-
tung der ewigen Seeligkeit gnug ſeye/ daß er nichts Ubels thue. Dann/
nichts Ubels thuen/ iſt nach Zeugnuß deß H. Chryſoſtomi nichts anders/
als etwas Ubels thuen. Welches der jetzt- gemeld[t]e Kirchen-Lehrer alſo
beweiſet. Zum Exempel/ du haſt einen Knecht/ der nicht diebiſch/ unge-
horſamb/ und kein Sauffer iſt; ſondern Treu/ gehorſamb/ und allzeit
nuͤchtern/ und zumahlen nicht laſterhafft: ſelbiger aber/ wann er gantze
Tag zu Hauß muͤſſig ſitzet/ und das jenige verabſaumet/ daß ihm anbefohlen
iſt; ſoll er nicht die Bruͤgel - Suppen verdienet haben? Er hat gleichwohl
nichts Ubels gethan. Das aber iſt Ubels gnug/ daß er ſein Ambt vernach-
laͤſſiget hat. Derhalben hat auch jener Mann ſein Weib gepriegelt/ weilen
ſie nichts gethan hatte/ und an Platz/ daß ſie haͤtte ſpinnen ſollen/ ihrem un-
nuͤtzen Plaudern hatte abgewartet. Da ſolches der Mann deß Abends
nach Hauß kommend vermerckt hat/ und dem Weib fuͤr die gethane Arbeit
den billigen Lohn mit Streichen erſtatten wollen/ rieff das Weib unter weh-
rendem Schlagen: du Schelm/ warumb ſchlagſtu mich/ ich hab doch nichts
gethan? eben darumb ſchlag ich dich/ antwortet der Mann/ weilen du
nichts gethan haſt. Wann deine Hand/ ſagt abermahl der heilige Chry-
ſoſtomus/ alſo beſchaffen iſt/ daß dir die Zung nicht abſchneide/ die Augen
nicht außkratze/ und kein anderes Ubel zufuͤge; ſondern muͤſſig iſt/ und dem
uͤbrigen Leib nicht dienen will; ſolſtu uͤber dieſe/ als eine unnuͤtzliche und
gichtbruͤchtige Hand nicht billiger Maſſen zuͤrnen? Sagt nicht unſer
Matth. 7.Heyland: Ein jeglicher/ der nicht gute Früchten bringt/ ſoll
abgehauen/ und ins Feur geworffen werden:
Er ſagt nicht/
der boͤſe Früchten bringt/ ſondern/ der nicht gute Frůchten
bringt:
Dahero leſen wir/ daß demſelbigen Heyland einmahls gehuͤngert/
und da er einen Feigen-Baum geſehen/ zu ſelbigem hinzu gangen ſeye/ und
weilen er nur Blaͤtter gefunden/ uͤber denſelben geiffert habe und geſagt:
Niemahlen ſoll auß dir Frůchten hervor kommen in E-
wigkeit.
Wann nun Chriſtus verfluchet hat einen Baum/ daß er kein
Fruͤchten gehabt/ da es doch kein Zeit der Fruͤchten ware; was wird dann
widerfahren den jenigen/ welcher da ſolte haben die Fruͤchten der guten Werck/

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[556/0584] Die Drey und Viertzigſte Geiſtliche Lection hen Alter/ das iſt/ im andern Leben/ was finden koͤnnen? zumahlen der Herbſt keine Baum-Fruͤchten ſehen wird/ deſſen Blumen der Froͤhling nicht geſehen hat. 4. Keiner aber ſoll ſich ſelbſt betriegen/ und vermeinen/ daß es zu Erhal- tung der ewigen Seeligkeit gnug ſeye/ daß er nichts Ubels thue. Dann/ nichts Ubels thuen/ iſt nach Zeugnuß deß H. Chryſoſtomi nichts anders/ als etwas Ubels thuen. Welches der jetzt- gemeldte Kirchen-Lehrer alſo beweiſet. Zum Exempel/ du haſt einen Knecht/ der nicht diebiſch/ unge- horſamb/ und kein Sauffer iſt; ſondern Treu/ gehorſamb/ und allzeit nuͤchtern/ und zumahlen nicht laſterhafft: ſelbiger aber/ wann er gantze Tag zu Hauß muͤſſig ſitzet/ und das jenige verabſaumet/ daß ihm anbefohlen iſt; ſoll er nicht die Bruͤgel - Suppen verdienet haben? Er hat gleichwohl nichts Ubels gethan. Das aber iſt Ubels gnug/ daß er ſein Ambt vernach- laͤſſiget hat. Derhalben hat auch jener Mann ſein Weib gepriegelt/ weilen ſie nichts gethan hatte/ und an Platz/ daß ſie haͤtte ſpinnen ſollen/ ihrem un- nuͤtzen Plaudern hatte abgewartet. Da ſolches der Mann deß Abends nach Hauß kommend vermerckt hat/ und dem Weib fuͤr die gethane Arbeit den billigen Lohn mit Streichen erſtatten wollen/ rieff das Weib unter weh- rendem Schlagen: du Schelm/ warumb ſchlagſtu mich/ ich hab doch nichts gethan? eben darumb ſchlag ich dich/ antwortet der Mann/ weilen du nichts gethan haſt. Wann deine Hand/ ſagt abermahl der heilige Chry- ſoſtomus/ alſo beſchaffen iſt/ daß dir die Zung nicht abſchneide/ die Augen nicht außkratze/ und kein anderes Ubel zufuͤge; ſondern muͤſſig iſt/ und dem uͤbrigen Leib nicht dienen will; ſolſtu uͤber dieſe/ als eine unnuͤtzliche und gichtbruͤchtige Hand nicht billiger Maſſen zuͤrnen? Sagt nicht unſer Heyland: Ein jeglicher/ der nicht gute Früchten bringt/ ſoll abgehauen/ und ins Feur geworffen werden: Er ſagt nicht/ der boͤſe Früchten bringt/ ſondern/ der nicht gute Frůchten bringt: Dahero leſen wir/ daß demſelbigen Heyland einmahls gehuͤngert/ und da er einen Feigen-Baum geſehen/ zu ſelbigem hinzu gangen ſeye/ und weilen er nur Blaͤtter gefunden/ uͤber denſelben geiffert habe und geſagt: Niemahlen ſoll auß dir Frůchten hervor kommen in E- wigkeit. Wann nun Chriſtus verfluchet hat einen Baum/ daß er kein Fruͤchten gehabt/ da es doch kein Zeit der Fruͤchten ware; was wird dann widerfahren den jenigen/ welcher da ſolte haben die Fruͤchten der guten Werck/ und Matth. 7.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/584>, abgerufen am 22.11.2024.