Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der ewigen Seeligkeit. inbrünstige Lieb/ daß eine Außerwöhlte Seel eine pur lautere brennendeLieb zu seyn scheine; dieweilen selbige von dem Gottlichen Feuer dermas- sen durchtrungen wird/ daß sie in ein lauteres Feuer verändert wird; Da- hero immer und allezeit brennet/ und niemahlen auffhöret. Von dieser Lieb entstehet die Niessung und eine unanßsprechliche Freud in der Seelen sebst/ vermittelst der Vereinigung ihrer Vernunfft mit dem unermäßlichen Meer der Weißheit/ und mit Verbindung deines Willens mit dem Allerhöch- sten Gut; deme sie so fast verbunden bleibt/ daß sie von selbigem nicht kan geschieden werden. 9. Wie erfreulich diese Niessung der Gegenwart Gottes seye/ kanstu 10. Christus sagt bey dem heiligen Mattheo von dem guten und getreuen Knecht
Von der ewigen Seeligkeit. inbruͤnſtige Lieb/ daß eine Außerwoͤhlte Seel eine pur lautere brennendeLieb zu ſeyn ſcheine; dieweilen ſelbige von dem Gottlichen Feuer dermaſ- ſen durchtrungen wird/ daß ſie in ein lauteres Feuer veraͤndert wird; Da- hero immer und allezeit brennet/ und niemahlen auffhoͤret. Von dieſer Lieb entſtehet die Nieſſung und eine unanßſprechliche Freud in der Seelen ſebſt/ vermittelſt der Vereinigung ihrer Vernunfft mit dem unermaͤßlichen Meer der Weißheit/ und mit Verbindung deines Willens mit dem Allerhoͤch- ſten Gut; deme ſie ſo faſt verbunden bleibt/ daß ſie von ſelbigem nicht kan geſchieden werden. 9. Wie erfreulich dieſe Nieſſung der Gegenwart Gottes ſeye/ kanſtu 10. Chriſtus ſagt bey dem heiligen Mattheo von dem guten und getreuen Knecht
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Von der ewigen Seeligkeit.
inbruͤnſtige Lieb/ daß eine Außerwoͤhlte Seel eine pur lautere brennende
Lieb zu ſeyn ſcheine; dieweilen ſelbige von dem Gottlichen Feuer dermaſ-
ſen durchtrungen wird/ daß ſie in ein lauteres Feuer veraͤndert wird; Da-
hero immer und allezeit brennet/ und niemahlen auffhoͤret. Von dieſer Lieb
entſtehet die Nieſſung und eine unanßſprechliche Freud in der Seelen ſebſt/
vermittelſt der Vereinigung ihrer Vernunfft mit dem unermaͤßlichen Meer
der Weißheit/ und mit Verbindung deines Willens mit dem Allerhoͤch-
ſten Gut; deme ſie ſo faſt verbunden bleibt/ daß ſie von ſelbigem nicht kan
geſchieden werden.
9. Wie erfreulich dieſe Nieſſung der Gegenwart Gottes ſeye/ kanſtu
einiges wegs/ doch gleichſamb in der Finſternuß auß folgender Hiſtori er-
ſehen: Der Gelehrte Magiſter Iordanus auß dem H. Prediger Orden hat
einmahls eine beſeſſene Perſohn beſucht/ und den boͤſen Feind alſo gefragt:
Warumb plagſtu dieſes Weib? dieweil ich/ antwortet der Teuffel/ gezwun-
gen werd/ von meinem Erſchoͤpffer entfernet zu ſeyn/ und derohalben kan
ich anderſ_wo nicht ſeyn: Sag mir/ fahret fort der Geiſtliche/ wo wolle-
ſtu am liebſten ſeyn/ wann dir die Wahl gegeben wuͤrde? der Teuffel ant-
wortet im Himmel. Warumb im Himmel/ ſagt Iordanus? auff daß ich/ ſagt
der Hoͤlliſche Geiſt/ daß helle Angeſicht meines Erſchoͤpffers anſchauen
moͤchte. Iordanus fragt weiters/ und ſagt: Was wolleſtu wohl umb des
Himmels willen außſtehen? Jch getroͤſtete mich/ ſagt er/ alle Pey-
nen/ ſo meine Mitgeſellen ins geſambt von dem Tag ihrer Verdambung
mit mir außgeſtanden/ und biß auff den juͤngſten Tag des Gerichts
außſtehen werden/ zu leyden/ damit ich die Clarheit GOTTES
nur in einem oder anderm Augenblick ſehen moͤchte. Hieruͤber entſetzet
ſich der fromme Jordanus/ und ſagt: O wir armſeelige Menſchen! wie
uͤbel/ wie uͤbel/ und abermahl uͤbel handlen wir/ daß wir ſo groſſes Gut/ ſo
unaußſprechliche Freuden mit mehrerem Fleiß nicht ſuchen! Sehe gluͤckſee-
lig koͤnnte ſich ſchaͤtzen ein Menſch/ wann er fuͤr die euſſerſte und haͤrteſte
Buß-Werck ſeines gantzen Lebens/ nur ein eintziges Augenblick GOtt an-
zuſchauen/ wie er iſt/ ſolte gewuͤrdiget werden. Schaͤtze nun/ wann du
kanſt/ mein Chriſtliche Seel/ die Freud/ deren ein Außerwaͤhlter in An-
ſchauung deß Goͤttlichen Angeſichts/ nicht ein Augenblick/ nicht eine
Stunde/ nicht einen auch nicht hundert/ noch tauſent Tage/ nicht ein
tauſent/ noch hundertmahl hundert tauſent Jahr; ſondern/ in alle Ewigkeit/
in alle Ewigkeit/ ohne einiges End im Himmel droben genieſſen wird.
Diſcip.
Hiſtoria.
10. Chriſtus ſagt bey dem heiligen Mattheo von dem guten und getreuen
Knecht
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