Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von Verehrung der Allerseel. Mutter Gottes Mariä. spielet die Himmels- Königin mit den Strahlen ihrer Gnade/ auch indie Hertzen/ so mit den dicken und dunckeln Nebuln der Sünden verfenstert seynd: von welcher der H. Bonaventura sagt: wer ist/ den diese Sonn nicht bescheinet? wer ist/ über den die Barmhertzigkeit Mariä nicht leuchtet: dann gleich wie die Sonn ihre reineste Strahlen nicht allein über die grünende Fel- der/ sondern auch über die heßliche Gruben und nichts nützige Dörnen werf- fet: also/ wann die gütigste Jungfrau durch einige wenige Verchrung ange- reitzet wird/ wirfft selbige auch in die allerunsauberste Hertzen das Feuer ihrer Liebe und mütterlichen Beschützung. 5. Zu dessen mehrerer Bekräfftigung erzehlet Petrus Antonius SpinellusIn Thro- bendigen R r r r 3
Von Verehrung der Allerſeel. Mutter Gottes Mariaͤ. ſpielet die Himmels- Koͤnigin mit den Strahlen ihrer Gnade/ auch indie Hertzen/ ſo mit den dicken und dunckeln Nebuln der Suͤnden verfenſtert ſeynd: von welcher der H. Bonaventura ſagt: wer iſt/ den dieſe Sonn nicht beſcheinet? wer iſt/ uͤber den die Barmhertzigkeit Mariaͤ nicht leuchtet: dann gleich wie die Sonn ihre reineſte Strahlen nicht allein uͤber die gruͤnende Fel- der/ ſondern auch uͤber die heßliche Gruben und nichts nuͤtzige Doͤrnen werf- fet: alſo/ wann die guͤtigſte Jungfrau durch einige wenige Verchrung ange- reitzet wird/ wirfft ſelbige auch in die allerunſauberſte Hertzen das Feuer ihrer Liebe und muͤtterlichen Beſchuͤtzung. 5. Zu deſſen mehrerer Bekraͤfftigung erzehlet Petrus Antonius SpinellusIn Thro- bendigen R r r r 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0713" n="685"/><fw place="top" type="header">Von Verehrung der Allerſeel. Mutter Gottes Mariaͤ.</fw><lb/> ſpielet die Himmels- Koͤnigin mit den Strahlen ihrer Gnade/ auch in<lb/> die Hertzen/ ſo mit den dicken und dunckeln Nebuln der Suͤnden verfenſtert<lb/> ſeynd: von welcher der H. Bonaventura ſagt: wer iſt/ den dieſe Sonn nicht<lb/> beſcheinet? wer iſt/ uͤber den die Barmhertzigkeit Mariaͤ nicht leuchtet: dann<lb/> gleich wie die Sonn ihre reineſte Strahlen nicht allein uͤber die gruͤnende Fel-<lb/> der/ ſondern auch uͤber die heßliche Gruben und nichts nuͤtzige Doͤrnen werf-<lb/> fet: alſo/ wann die guͤtigſte Jungfrau durch einige wenige Verchrung ange-<lb/> reitzet wird/ wirfft ſelbige auch in die allerunſauberſte Hertzen das Feuer ihrer<lb/> Liebe und muͤtterlichen Beſchuͤtzung.</p><lb/> <p>5. Zu deſſen mehrerer Bekraͤfftigung erzehlet <hi rendition="#aq">Petrus Antonius Spinellus</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">In Thro-<lb/> no Dei.<lb/> c. 38.<lb/> num. 22.<lb/> Hiſtoria.</hi></note><lb/> folgende Hiſtori/ ſo der vorigen nicht ungleich iſt. Es war ein Soldat von<lb/> adlichem und heroiſchem Gebluͤt/ wegen der Rauberey aber ſehr uͤbel beruͤch-<lb/> tiget/ welcher ein Schloß im Beſitz hatte/ und vermeinte/ daß er keiner Herr-<lb/> ſchafft unterworffen waͤre/ und was er immer rauben konte/ daß ſchlepte er al-<lb/> les in ſein Schloß hinein: dieſer Soldat/ oder vielmehr Raͤuber hatte in ſolcher<lb/> ſeiner Boͤßheit/ in dero er biß zum Halß verſenckt ware/ dieſes eintzige noch<lb/> von der Chriſtlichen Liebe oder Andacht/ daß er taͤglich ein <hi rendition="#aq">Ave Maria</hi> bettete.<lb/> Unterdeſſen geſchichts/ daß ein Geiſtlicher bey ſelbigem vorbey reiſet/ wel-<lb/> chen die jenige/ ſo die Weege beſetzet hatten/ fangen/ und zu ihrem Obriſten<lb/> mehr ziehen als fuͤhren: dieſer fraget ihn/ wer er ſeye? was ſeine <hi rendition="#aq">Profeſſion,</hi><lb/> und welche die Urſach ſeiner Reiſen ſeye/ und was er auſſerhalb dem Cloſter<lb/> ſuche? Auff alle dieſe Fragen antwortet der Geiſtliche ſo vernuͤnfftlich und<lb/> bequemlich/ daß der Obriſter Raͤuber bey ſich ſelbſten ſchlieſſet/ der muͤſſe<lb/> wohl ein Mann groſſer Tugend und Weißheit ſeyn; dahero verlangt er auch<lb/> zu vernehmen die himmliſche Sachen/ welche der Geiſtliche geſagt hatte/ daß<lb/> er demſelben vorzubringen habe: rufft demnach ſeine Haußgenoſſen beyſam-<lb/> men/ umb zu hoͤren/ was der Muͤnch zu ſagen habe: da nun die Diener gegen-<lb/> waͤrtig ſeynd/ ſiehet ſich der gefangene Geiſtliche herumb/ und ſagt/ daß noch<lb/> einer mangele; und dieſer ware deß Herrn Cammer-Diener: derhalben wird<lb/> ſelbiger beruffen/ weigert ſich aber zu erſcheinen: der Herr laſſet ihm abermahl/<lb/> und nicht ohne Drew-Worten befehlen/ er ſoll kommen; ſo bald er hinzu na-<lb/> het/ und den geiſtlichen Gaſt anſchauet/ fangt er zur Stund an/ gleich einem<lb/> Beſeſſenen die Augen im Kopff zu verwenden/ verdraͤhet den Halß hin und<lb/> her/ ſchlagt mit Haͤnd und Fuͤſſen von ſich/ die Zung ſchaͤumet im Maul/ und<lb/> knirſchet mit den Zaͤhnen/ daß ein jeder vermeinet/ er ſeye zumahlen naͤrriſch<lb/> worden: der Geiſtliche wuſte aber wohl/ was vor ein Gaͤuchler unter dieſem<lb/> wunderlichen Antlitz verborgen ſeye: daher bemuͤht er ſich/ ſelben durch den le-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">R r r r 3</fw><fw place="bottom" type="catch">bendigen</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [685/0713]
Von Verehrung der Allerſeel. Mutter Gottes Mariaͤ.
ſpielet die Himmels- Koͤnigin mit den Strahlen ihrer Gnade/ auch in
die Hertzen/ ſo mit den dicken und dunckeln Nebuln der Suͤnden verfenſtert
ſeynd: von welcher der H. Bonaventura ſagt: wer iſt/ den dieſe Sonn nicht
beſcheinet? wer iſt/ uͤber den die Barmhertzigkeit Mariaͤ nicht leuchtet: dann
gleich wie die Sonn ihre reineſte Strahlen nicht allein uͤber die gruͤnende Fel-
der/ ſondern auch uͤber die heßliche Gruben und nichts nuͤtzige Doͤrnen werf-
fet: alſo/ wann die guͤtigſte Jungfrau durch einige wenige Verchrung ange-
reitzet wird/ wirfft ſelbige auch in die allerunſauberſte Hertzen das Feuer ihrer
Liebe und muͤtterlichen Beſchuͤtzung.
5. Zu deſſen mehrerer Bekraͤfftigung erzehlet Petrus Antonius Spinellus
folgende Hiſtori/ ſo der vorigen nicht ungleich iſt. Es war ein Soldat von
adlichem und heroiſchem Gebluͤt/ wegen der Rauberey aber ſehr uͤbel beruͤch-
tiget/ welcher ein Schloß im Beſitz hatte/ und vermeinte/ daß er keiner Herr-
ſchafft unterworffen waͤre/ und was er immer rauben konte/ daß ſchlepte er al-
les in ſein Schloß hinein: dieſer Soldat/ oder vielmehr Raͤuber hatte in ſolcher
ſeiner Boͤßheit/ in dero er biß zum Halß verſenckt ware/ dieſes eintzige noch
von der Chriſtlichen Liebe oder Andacht/ daß er taͤglich ein Ave Maria bettete.
Unterdeſſen geſchichts/ daß ein Geiſtlicher bey ſelbigem vorbey reiſet/ wel-
chen die jenige/ ſo die Weege beſetzet hatten/ fangen/ und zu ihrem Obriſten
mehr ziehen als fuͤhren: dieſer fraget ihn/ wer er ſeye? was ſeine Profeſſion,
und welche die Urſach ſeiner Reiſen ſeye/ und was er auſſerhalb dem Cloſter
ſuche? Auff alle dieſe Fragen antwortet der Geiſtliche ſo vernuͤnfftlich und
bequemlich/ daß der Obriſter Raͤuber bey ſich ſelbſten ſchlieſſet/ der muͤſſe
wohl ein Mann groſſer Tugend und Weißheit ſeyn; dahero verlangt er auch
zu vernehmen die himmliſche Sachen/ welche der Geiſtliche geſagt hatte/ daß
er demſelben vorzubringen habe: rufft demnach ſeine Haußgenoſſen beyſam-
men/ umb zu hoͤren/ was der Muͤnch zu ſagen habe: da nun die Diener gegen-
waͤrtig ſeynd/ ſiehet ſich der gefangene Geiſtliche herumb/ und ſagt/ daß noch
einer mangele; und dieſer ware deß Herrn Cammer-Diener: derhalben wird
ſelbiger beruffen/ weigert ſich aber zu erſcheinen: der Herr laſſet ihm abermahl/
und nicht ohne Drew-Worten befehlen/ er ſoll kommen; ſo bald er hinzu na-
het/ und den geiſtlichen Gaſt anſchauet/ fangt er zur Stund an/ gleich einem
Beſeſſenen die Augen im Kopff zu verwenden/ verdraͤhet den Halß hin und
her/ ſchlagt mit Haͤnd und Fuͤſſen von ſich/ die Zung ſchaͤumet im Maul/ und
knirſchet mit den Zaͤhnen/ daß ein jeder vermeinet/ er ſeye zumahlen naͤrriſch
worden: der Geiſtliche wuſte aber wohl/ was vor ein Gaͤuchler unter dieſem
wunderlichen Antlitz verborgen ſeye: daher bemuͤht er ſich/ ſelben durch den le-
bendigen
In Thro-
no Dei.
c. 38.
num. 22.
Hiſtoria.
R r r r 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/713 |
Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/713>, abgerufen am 16.07.2024. |