Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Von Verehrung der Heiligen.
sen wird; sondern lassen sich auch von keinen unsern Wolthaten überwin-
den. Glückselig ist der jenige/ welcher sich so gewaltige Patronen allhier
auff Erden zu Freund machet/ von denen er in allen so wohl Leibs als der
Seelen Widerwärtigkeiten/ sicherlich kan geholffen werden. Da zu Zei-
ten deß seeligen Laurentii Justiniani Patriarchen zu Venedig/ die Maylän-
der mit den Venetianern einen sehr blutigen Krieg führeten/ hat einer die-
ser letzten einen frommen und heiligmässigen Einsidler/ so mit dem Geist der
Weissagung begabet ware/ gefragt: welcher Theil von diesen beyden die
Schlacht gewinnen werde: hat aber zur Antwort bekommen/ daß GOtt
über die Venetianer sehr erzürnet seye/ dieweilen bey selbigen/ auff so
vielfältige geschehene Ermahnungen keine Besserung erfolge: und daß
GOTT die Statt Venedig schon längst verhergt hätte/ wie Sodomam
und Gomorrham; wann nicht ein eintziger Mann/ nemblich derselben
Patriarch/ den gefasten Zorn GOTTES durch sein Gebett abgewendet
hätte.

4. Hat nun das Gebett eines eintzigen Menschen/ der noch auff Erden
lebt/ und denen menschlichen Schwachheiten unterworffen ist/ so grosse
Gewalt/ daß Vermög dessen gantze Stätte können erhalten werden: wie
grosse Macht wird nicht haben die Fürbitt der Heiligen/ die mit GOtt her-
schen im Himmel? Drexelius erzehlet zu unserm Vorhaben in seinem geist-
lichen Trismegist und sagt: Es war ein Thum-Herr von Trier mit Nah-
men Heinrich von Heyden/ ein adelicher tugendsamer Jüngling: dieser
als er noch ein Knab/ ward ins Teutsche Collegium nach Rom geschickt/
allda er sieben Jahr studiret: nach solch verflossener Zeit ward er von seinen
Freunden ernstlich abgefordert/ derowegen er sich dann auff die Reiß ins
Vatterland rüstet: es wolt ihn aber GOtt zu sich in das wahre himmlische
Vatterland nehmen/ wie ihn dann eben im Auffbruch ein Fieber ankommen/
daran er am achten Tag hernach gestorben: als er nun von dem Beichts-
Vatter (vor dem er allbereits eine general-Beicht gethan) sich zum letzten
Sterbstündlein zu bereiten ermahnet worden/ hat er eine Kirch-Fahrt zu
S. Andreä gegen Malphis umb Erlangung der Gesundheit verlobt: auch
hat er zu solchem End ein benendte Summa Gelds/ ein silbernes Creutz dar-
von zu machen/ und solches in S. Apollinaris/ deß Teutschen Collegii Pa-
trons-Kirchen zu setzen; wie auch in die Congregation B. Virginis, darinnen
er Sodalis war/ ein Altar-Tuch verschafft: nach solcher Verordnung hat ihne
in Beyseyn etlicher Persohnen/ ein süsser Schlaff eingenommen; und
nachdem er über ein kleines erwacht/ begehrte er an dem Beichts-

Vatter/

Von Verehrung der Heiligen.
ſen wird; ſondern laſſen ſich auch von keinen unſern Wolthaten uͤberwin-
den. Gluͤckſelig iſt der jenige/ welcher ſich ſo gewaltige Patronen allhier
auff Erden zu Freund machet/ von denen er in allen ſo wohl Leibs als der
Seelen Widerwaͤrtigkeiten/ ſicherlich kan geholffen werden. Da zu Zei-
ten deß ſeeligen Laurentii Juſtiniani Patriarchen zu Venedig/ die Maylaͤn-
der mit den Venetianern einen ſehr blutigen Krieg fuͤhreten/ hat einer die-
ſer letzten einen frommen und heiligmaͤſſigen Einſidler/ ſo mit dem Geiſt der
Weiſſagung begabet ware/ gefragt: welcher Theil von dieſen beyden die
Schlacht gewinnen werde: hat aber zur Antwort bekommen/ daß GOtt
uͤber die Venetianer ſehr erzuͤrnet ſeye/ dieweilen bey ſelbigen/ auff ſo
vielfaͤltige geſchehene Ermahnungen keine Beſſerung erfolge: und daß
GOTT die Statt Venedig ſchon laͤngſt verhergt haͤtte/ wie Sodomam
und Gomorrham; wann nicht ein eintziger Mann/ nemblich derſelben
Patriarch/ den gefaſten Zorn GOTTES durch ſein Gebett abgewendet
haͤtte.

4. Hat nun das Gebett eines eintzigen Menſchen/ der noch auff Erden
lebt/ und denen menſchlichen Schwachheiten unterworffen iſt/ ſo groſſe
Gewalt/ daß Vermoͤg deſſen gantze Staͤtte koͤnnen erhalten werden: wie
groſſe Macht wird nicht haben die Fuͤrbitt der Heiligen/ die mit GOtt her-
ſchen im Himmel? Drexelius erzehlet zu unſerm Vorhaben in ſeinem geiſt-
lichen Trismegiſt und ſagt: Es war ein Thum-Herr von Trier mit Nah-
men Heinrich von Heyden/ ein adelicher tugendſamer Juͤngling: dieſer
als er noch ein Knab/ ward ins Teutſche Collegium nach Rom geſchickt/
allda er ſieben Jahr ſtudiret: nach ſolch verfloſſener Zeit ward er von ſeinen
Freunden ernſtlich abgefordert/ derowegen er ſich dann auff die Reiß ins
Vatterland ruͤſtet: es wolt ihn aber GOtt zu ſich in das wahre himmliſche
Vatterland nehmen/ wie ihn dann eben im Auffbruch ein Fieber ankommen/
daran er am achten Tag hernach geſtorben: als er nun von dem Beichts-
Vatter (vor dem er allbereits eine general-Beicht gethan) ſich zum letzten
Sterbſtuͤndlein zu bereiten ermahnet worden/ hat er eine Kirch-Fahrt zu
S. Andreaͤ gegen Malphis umb Erlangung der Geſundheit verlobt: auch
hat er zu ſolchem End ein benendte Summa Gelds/ ein ſilbernes Creutz dar-
von zu machen/ und ſolches in S. Apollinaris/ deß Teutſchen Collegii Pa-
trons-Kirchen zu ſetzen; wie auch in die Congregation B. Virginis, darinnen
er Sodalis war/ ein Altar-Tuch verſchafft: nach ſolcher Verordnung hat ihne
in Beyſeyn etlicher Perſohnen/ ein ſuͤſſer Schlaff eingenommen; und
nachdem er uͤber ein kleines erwacht/ begehrte er an dem Beichts-

Vatter/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0731" n="703"/><fw place="top" type="header">Von Verehrung der Heiligen.</fw><lb/>
&#x017F;en wird; &#x017F;ondern la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich auch von keinen un&#x017F;ern Wolthaten u&#x0364;berwin-<lb/>
den. Glu&#x0364;ck&#x017F;elig i&#x017F;t der jenige/ welcher &#x017F;ich &#x017F;o gewaltige Patronen allhier<lb/>
auff Erden zu Freund machet/ von denen er in allen &#x017F;o wohl Leibs als der<lb/>
Seelen Widerwa&#x0364;rtigkeiten/ &#x017F;icherlich kan geholffen werden. Da zu Zei-<lb/>
ten deß &#x017F;eeligen <hi rendition="#aq">Laurentii Ju&#x017F;tiniani</hi> Patriarchen zu Venedig/ die Mayla&#x0364;n-<lb/>
der mit den Venetianern einen &#x017F;ehr blutigen Krieg fu&#x0364;hreten/ hat einer die-<lb/>
&#x017F;er letzten einen frommen und heiligma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Ein&#x017F;idler/ &#x017F;o mit dem Gei&#x017F;t der<lb/>
Wei&#x017F;&#x017F;agung begabet ware/ gefragt: welcher Theil von die&#x017F;en beyden die<lb/>
Schlacht gewinnen werde: hat aber zur Antwort bekommen/ daß GOtt<lb/>
u&#x0364;ber die Venetianer &#x017F;ehr erzu&#x0364;rnet &#x017F;eye/ dieweilen bey &#x017F;elbigen/ auff &#x017F;o<lb/>
vielfa&#x0364;ltige ge&#x017F;chehene Ermahnungen keine Be&#x017F;&#x017F;erung erfolge: und daß<lb/>
GOTT die Statt Venedig &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t verhergt ha&#x0364;tte/ wie Sodomam<lb/>
und Gomorrham; wann nicht ein eintziger Mann/ nemblich der&#x017F;elben<lb/>
Patriarch/ den gefa&#x017F;ten Zorn GOTTES durch &#x017F;ein Gebett abgewendet<lb/>
ha&#x0364;tte.</p><lb/>
        <p>4. Hat nun das Gebett eines eintzigen Men&#x017F;chen/ der noch auff Erden<lb/>
lebt/ und denen men&#x017F;chlichen Schwachheiten unterworffen i&#x017F;t/ &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Gewalt/ daß Vermo&#x0364;g de&#x017F;&#x017F;en gantze Sta&#x0364;tte ko&#x0364;nnen erhalten werden: wie<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Macht wird nicht haben die Fu&#x0364;rbitt der Heiligen/ die mit GOtt her-<lb/>
&#x017F;chen im Himmel? <hi rendition="#aq">Drexelius</hi> erzehlet zu un&#x017F;erm Vorhaben in &#x017F;einem gei&#x017F;t-<lb/>
lichen <hi rendition="#aq">Trismegi&#x017F;t</hi> und &#x017F;agt: Es war ein Thum-Herr von Trier mit Nah-<lb/>
men Heinrich von Heyden/ ein adelicher tugend&#x017F;amer Ju&#x0364;ngling: die&#x017F;er<lb/>
als er noch ein Knab/ ward ins Teut&#x017F;che <hi rendition="#aq">Collegium</hi> nach Rom ge&#x017F;chickt/<lb/>
allda er &#x017F;ieben Jahr &#x017F;tudiret: nach &#x017F;olch verflo&#x017F;&#x017F;ener Zeit ward er von &#x017F;einen<lb/>
Freunden ern&#x017F;tlich abgefordert/ derowegen er &#x017F;ich dann auff die Reiß ins<lb/>
Vatterland ru&#x0364;&#x017F;tet: es wolt ihn aber GOtt zu &#x017F;ich in das wahre himmli&#x017F;che<lb/>
Vatterland nehmen/ wie ihn dann eben im Auffbruch ein Fieber ankommen/<lb/>
daran er am achten Tag hernach ge&#x017F;torben: als er nun von dem Beichts-<lb/>
Vatter (vor dem er allbereits eine general-Beicht gethan) &#x017F;ich zum letzten<lb/>
Sterb&#x017F;tu&#x0364;ndlein zu bereiten ermahnet worden/ hat er eine Kirch-Fahrt zu<lb/>
S. Andrea&#x0364; gegen Malphis umb Erlangung der Ge&#x017F;undheit verlobt: auch<lb/>
hat er zu &#x017F;olchem End ein benendte Summa Gelds/ ein &#x017F;ilbernes Creutz dar-<lb/>
von zu machen/ und &#x017F;olches in S. Apollinaris/ deß Teut&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Collegii</hi> Pa-<lb/>
trons-Kirchen zu &#x017F;etzen; wie auch in die <hi rendition="#aq">Congregation B. Virginis,</hi> darinnen<lb/>
er <hi rendition="#aq">Sodalis</hi> war/ ein Altar-Tuch ver&#x017F;chafft: nach &#x017F;olcher Verordnung hat ihne<lb/>
in Bey&#x017F;eyn etlicher Per&#x017F;ohnen/ ein &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Schlaff eingenommen; und<lb/>
nachdem er u&#x0364;ber ein kleines erwacht/ begehrte er an dem Beichts-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Vatter/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[703/0731] Von Verehrung der Heiligen. ſen wird; ſondern laſſen ſich auch von keinen unſern Wolthaten uͤberwin- den. Gluͤckſelig iſt der jenige/ welcher ſich ſo gewaltige Patronen allhier auff Erden zu Freund machet/ von denen er in allen ſo wohl Leibs als der Seelen Widerwaͤrtigkeiten/ ſicherlich kan geholffen werden. Da zu Zei- ten deß ſeeligen Laurentii Juſtiniani Patriarchen zu Venedig/ die Maylaͤn- der mit den Venetianern einen ſehr blutigen Krieg fuͤhreten/ hat einer die- ſer letzten einen frommen und heiligmaͤſſigen Einſidler/ ſo mit dem Geiſt der Weiſſagung begabet ware/ gefragt: welcher Theil von dieſen beyden die Schlacht gewinnen werde: hat aber zur Antwort bekommen/ daß GOtt uͤber die Venetianer ſehr erzuͤrnet ſeye/ dieweilen bey ſelbigen/ auff ſo vielfaͤltige geſchehene Ermahnungen keine Beſſerung erfolge: und daß GOTT die Statt Venedig ſchon laͤngſt verhergt haͤtte/ wie Sodomam und Gomorrham; wann nicht ein eintziger Mann/ nemblich derſelben Patriarch/ den gefaſten Zorn GOTTES durch ſein Gebett abgewendet haͤtte. 4. Hat nun das Gebett eines eintzigen Menſchen/ der noch auff Erden lebt/ und denen menſchlichen Schwachheiten unterworffen iſt/ ſo groſſe Gewalt/ daß Vermoͤg deſſen gantze Staͤtte koͤnnen erhalten werden: wie groſſe Macht wird nicht haben die Fuͤrbitt der Heiligen/ die mit GOtt her- ſchen im Himmel? Drexelius erzehlet zu unſerm Vorhaben in ſeinem geiſt- lichen Trismegiſt und ſagt: Es war ein Thum-Herr von Trier mit Nah- men Heinrich von Heyden/ ein adelicher tugendſamer Juͤngling: dieſer als er noch ein Knab/ ward ins Teutſche Collegium nach Rom geſchickt/ allda er ſieben Jahr ſtudiret: nach ſolch verfloſſener Zeit ward er von ſeinen Freunden ernſtlich abgefordert/ derowegen er ſich dann auff die Reiß ins Vatterland ruͤſtet: es wolt ihn aber GOtt zu ſich in das wahre himmliſche Vatterland nehmen/ wie ihn dann eben im Auffbruch ein Fieber ankommen/ daran er am achten Tag hernach geſtorben: als er nun von dem Beichts- Vatter (vor dem er allbereits eine general-Beicht gethan) ſich zum letzten Sterbſtuͤndlein zu bereiten ermahnet worden/ hat er eine Kirch-Fahrt zu S. Andreaͤ gegen Malphis umb Erlangung der Geſundheit verlobt: auch hat er zu ſolchem End ein benendte Summa Gelds/ ein ſilbernes Creutz dar- von zu machen/ und ſolches in S. Apollinaris/ deß Teutſchen Collegii Pa- trons-Kirchen zu ſetzen; wie auch in die Congregation B. Virginis, darinnen er Sodalis war/ ein Altar-Tuch verſchafft: nach ſolcher Verordnung hat ihne in Beyſeyn etlicher Perſohnen/ ein ſuͤſſer Schlaff eingenommen; und nachdem er uͤber ein kleines erwacht/ begehrte er an dem Beichts- Vatter/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/731
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 703. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/731>, abgerufen am 16.07.2024.