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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Vier und Fünfftzigste Geistliche Lection
Vatter/ und sprach zu ihm: ach liebster Beichts-Vatter/ wie hab ich so schö-
ne liebliche Erscheinungen gehabt? der Priester begehret von ihme zu wissen/
was er dann gesehen? deme der Krancke antwortet: was kein Aug gesehen/
kein Ohr gehöret/ noch keines Menschen Hertz fassen kan: von welchen Wor-
ten die umbstehende sehr begierig worden/ solches zu vernehmen; und ihnen de-
rowegen gebetten/ er wolle es ihnen nicht verhalten: darauff der Krancke
gleichsamb mit zittern/ doch darneben frölig/ also geredet: ich bin in grosser
Gefahr gestanden; aber durch der seligsten Jungfrauen Mariä/ deß H. Apo-
stels Andreä und Apollinaris Schutz und Schirm bin ich bey zeit errettet
worden: der böse Feind hatte mich vor das Gericht Gottes gestellt/ allda mich
ein grosser Hauff der Ankläger umbgeben/ unter denen ich allein gantz verlas-
sen gestanden; diese klagten mich wegen vieler begangenen Sünden an/ und
wolte mich der böse Feind allbereit dahin zur Verdamnüß führen; in solcher
eussersten Noth und Gefahr erschien die Mutter der Barmhertzigkeit/ wende-
te sich zu meinen Feinden/ und sprach: wohin wollt ihr diesen führen? was habt
ihr mit meinem Diener/ der mir in meiner Bruderschafft so viel Jahr gedie-
net/ jetzund zu schaffen? darauff auch alsbald der H. Andreas gefolgt/ der sich
zörniglich wider meine Feind gesetzt/ und wegen der verlobten Pilgerfahrt sich
meiner treulich angenommen: Letztlich kam der Heil. Apollinaris sambt ande-
ren H. H. Martyren/ deren Reliquien wir in unser Kirchen haben/ nahm den
Feinden ihre Gewalt/ neben Erinnerung deß Creutz/ so ich zu machen anbe-
fohlen: und also bin ich/ Gott seye ewiger Danck/ von der Gefahr erlediget/
und vom Schlaff erwachet: nachdem er nun solches alles mit Freuden erzeh-
let/ hat er in der vierten Stund hernach GOTT seinen Geist auffgege-
ben.

5. Auß welchem dann lauter und klar abzunehmen/ daß die Ehr/ so den
Heiligen Gottes auß reinem Hertzen geschicht/ mit nichten unvergolten blei-
be. Der ehrwürdige P. Laurentius Surius ist in seiner letzten Stund/ alle
Heiligen/ deren Leben er in seinen Büchern beschrieben/ zu sehen/ und von sel-
bigen in sothanem Streit gestärckt zu werden/ gewürdiget worden. Seelig
und abermahl seelig ist der jenige/ den so viele gewaltige Fürsten der himmli-
schen Hoffstatt/ gegen den grimmigen letztern Anfall der Teuffeln so ritter-
lich secundiren. Nimb derhalben deine Zuflucht zu diesen unüberwindlichen
Helden/ nicht einmahl/ noch zweymahl/ weder auch mehrmahlen; sondern im-
mer und allezeit; dieweilen du stäts in Gefahr deiner ewigen Seeligkeit wan-
derest/ wie du auß den vorhergehenden Lectionen vielfältiglich erlernet hast:
und damit dirs nichtauch ergehe/ wie es ein Geistlicher auß dem Orden deß

H.

Die Vier und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection
Vatter/ und ſprach zu ihm: ach liebſter Beichts-Vatter/ wie hab ich ſo ſchoͤ-
ne liebliche Erſcheinungen gehabt? der Prieſter begehret von ihme zu wiſſen/
was er dann geſehen? deme der Krancke antwortet: was kein Aug geſehen/
kein Ohr gehoͤret/ noch keines Menſchen Hertz faſſen kan: von welchen Wor-
ten die umbſtehende ſehr begierig worden/ ſolches zu vernehmen; und ihnen de-
rowegen gebetten/ er wolle es ihnen nicht verhalten: darauff der Krancke
gleichſamb mit zittern/ doch darneben froͤlig/ alſo geredet: ich bin in groſſer
Gefahr geſtanden; aber durch der ſeligſten Jungfrauen Mariaͤ/ deß H. Apo-
ſtels Andreaͤ und Apollinaris Schutz und Schirm bin ich bey zeit errettet
worden: der boͤſe Feind hatte mich vor das Gericht Gottes geſtellt/ allda mich
ein groſſer Hauff der Anklaͤger umbgeben/ unter denen ich allein gantz verlaſ-
ſen geſtanden; dieſe klagten mich wegen vieler begangenen Suͤnden an/ und
wolte mich der boͤſe Feind allbereit dahin zur Verdamnuͤß fuͤhren; in ſolcher
euſſerſten Noth und Gefahr erſchien die Mutter der Barmhertzigkeit/ wende-
te ſich zu meinen Feinden/ und ſprach: wohin wollt ihr dieſen fuͤhren? was habt
ihr mit meinem Diener/ der mir in meiner Bruderſchafft ſo viel Jahr gedie-
net/ jetzund zu ſchaffen? darauff auch alsbald der H. Andreas gefolgt/ der ſich
zoͤrniglich wider meine Feind geſetzt/ und wegen der verlobten Pilgerfahrt ſich
meiner treulich angenommen: Letztlich kam der Heil. Apollinaris ſambt ande-
ren H. H. Martyren/ deren Reliquien wir in unſer Kirchen haben/ nahm den
Feinden ihre Gewalt/ neben Erinnerung deß Creutz/ ſo ich zu machen anbe-
fohlen: und alſo bin ich/ Gott ſeye ewiger Danck/ von der Gefahr erlediget/
und vom Schlaff erwachet: nachdem er nun ſolches alles mit Freuden erzeh-
let/ hat er in der vierten Stund hernach GOTT ſeinen Geiſt auffgege-
ben.

5. Auß welchem dann lauter und klar abzunehmen/ daß die Ehr/ ſo den
Heiligen Gottes auß reinem Hertzen geſchicht/ mit nichten unvergolten blei-
be. Der ehrwuͤrdige P. Laurentius Surius iſt in ſeiner letzten Stund/ alle
Heiligen/ deren Leben er in ſeinen Buͤchern beſchrieben/ zu ſehen/ und von ſel-
bigen in ſothanem Streit geſtaͤrckt zu werden/ gewuͤrdiget worden. Seelig
und abermahl ſeelig iſt der jenige/ den ſo viele gewaltige Fuͤrſten der himmli-
ſchen Hoffſtatt/ gegen den grimmigen letztern Anfall der Teuffeln ſo ritter-
lich ſecundiren. Nimb derhalben deine Zuflucht zu dieſen unuͤberwindlichen
Helden/ nicht einmahl/ noch zweymahl/ weder auch mehrmahlen; ſondern im-
mer und allezeit; dieweilen du ſtaͤts in Gefahr deiner ewigen Seeligkeit wan-
dereſt/ wie du auß den vorhergehenden Lectionen vielfaͤltiglich erlernet haſt:
und damit dirs nichtauch ergehe/ wie es ein Geiſtlicher auß dem Orden deß

H.
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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 704. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/732>, abgerufen am 22.11.2024.