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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von Verharrung im Guten.
zum Ende deß zeitlichen Jahrs diesem Studieren fleissig obligen.
dieses bedeutet dir GOTT durch den Propheten und sagt: WannEzech. 8
sich der Gerechte von seiner Gerechtigkeit abwendet/
und Böses thut/ soll er dann leben: Es wird an alle sei-
ne Gerechtigkeiten/ so er gethan hat/ nicht gedacht wer-
den.
So sagt dann recht der heilige Hieronymus: Man sucht inLib. 1.
contra
Jovinina

den Christ-Glaubigen nicht den Anfang/ sondern das
Ende. Paulus hat übel angefangen/ aber wohl geendi-
get: Der Anfang deß Verrähters Judä wird gelobt; der
Außgang aber wird mit dem ewigen Verderben gestrafft.

Einmahl gewiß ist/ was der heilige Vatter Augustinus sagt: Es ist
kein grosse Sach/ daß man das Gute anfange; sondern
daß ist allein vollkommentlich/ daß man selbiges zum End
bringe.

2. Und da der Seraphische Lehrer Bonaventura dieser Worten deß1. Cor. 9.
Apostels sich erinnert. Es lauffen zwarn alle/ aber einer
bekombt das Kleynod:
spricht er also: Dieses kan von denIn Psal.
67.

Tugenten gesagt werden: dann selbige lauffen zum Reich
Christi/ eine aber erhaltet das Kleinod: Es lauffet
die Verachtung der Welt/ es lauffet die Armuth/ es
lauffen die Allmusen/ das Wachen und Betten lauffet/
es Laufft die Enthaltung/ Keuschheit und Gedult;
auch lauffet die Verharrung; und von allen wird diese etzte-
re nur allein gecrönet: dann der verharret biß zum End/
der wird seelig werden.
Weiters/ gleich wie kein Werck/ es
scheine so vollkommen zu seyn/ als es immer wolle/ GOTT ge-
fallen kan/ ohne die Lieb; wie der Apostel Paulus mit diesen Worten
bezeugt: Wann ich mit Menschen und Engeln Zungen1. Cor. 13.
redete/ und hätte aber die Liebe nicht/ &c. Also muß
keine Tugent/ weder auch einiges gute Werck die Belohnung erwarten/Matt. 9.
wann sie nicht von der Verharrung vergesellschafftet werde. Das
Evangelische Weib/ so mit dem Blut-Gang behafftet ware/ hat
nirgend andersher die Gesundheit erlanget/ als daß sie den Saum
deß Kleyds Christi hat angerühret: die Säume aber an den Kleydern
seynd das eusserste und letzte Theil derselben. Was wird nun anders

dadurch
B b b b b 3

Von Verharrung im Guten.
zum Ende deß zeitlichen Jahrs dieſem Studieren fleiſſig obligen.
dieſes bedeutet dir GOTT durch den Propheten und ſagt: WannEzech. 8
ſich der Gerechte von ſeiner Gerechtigkeit abwendet/
und Boͤſes thut/ ſoll er dann leben: Es wird an alle ſei-
ne Gerechtigkeiten/ ſo er gethan hat/ nicht gedacht wer-
den.
So ſagt dann recht der heilige Hieronymus: Man ſucht inLib. 1.
contra
Jovinina

den Chriſt-Glaubigen nicht den Anfang/ ſondern das
Ende. Paulus hat übel angefangen/ aber wohl geendi-
get: Der Anfang deß Verraͤhters Judaͤ wird gelobt; der
Außgang aber wird mit dem ewigen Verderben geſtrafft.

Einmahl gewiß iſt/ was der heilige Vatter Auguſtinus ſagt: Es iſt
kein groſſe Sach/ daß man das Gute anfange; ſondern
daß iſt allein vollkommentlich/ daß man ſelbiges zum End
bringe.

2. Und da der Seraphiſche Lehrer Bonaventura dieſer Worten deß1. Cor. 9.
Apoſtels ſich erinnert. Es lauffen zwarn alle/ aber einer
bekombt das Kleynod:
ſpricht er alſo: Dieſes kan von denIn Pſal.
67.

Tugenten geſagt werden: dann ſelbige lauffen zum Reich
Chriſti/ eine aber erhaltet das Kleinod: Es lauffet
die Verachtung der Welt/ es lauffet die Armuth/ es
lauffen die Allmuſen/ das Wachen und Betten lauffet/
es Laufft die Enthaltung/ Keuſchheit und Gedult;
auch lauffet die Verharrung; und von allen wird dieſe etzte-
re nur allein gecroͤnet: dann der verharret biß zum End/
der wird ſeelig werden.
Weiters/ gleich wie kein Werck/ es
ſcheine ſo vollkommen zu ſeyn/ als es immer wolle/ GOTT ge-
fallen kan/ ohne die Lieb; wie der Apoſtel Paulus mit dieſen Worten
bezeugt: Wann ich mit Menſchen und Engeln Zungen1. Cor. 13.
redete/ und haͤtte aber die Liebe nicht/ &c. Alſo muß
keine Tugent/ weder auch einiges gute Werck die Belohnung erwarten/Matt. 9.
wann ſie nicht von der Verharrung vergeſellſchafftet werde. Das
Evangeliſche Weib/ ſo mit dem Blut-Gang behafftet ware/ hat
nirgend andersher die Geſundheit erlanget/ als daß ſie den Saum
deß Kleyds Chriſti hat angeruͤhret: die Saͤume aber an den Kleydern
ſeynd das euſſerſte und letzte Theil derſelben. Was wird nun anders

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[749/0777] Von Verharrung im Guten. zum Ende deß zeitlichen Jahrs dieſem Studieren fleiſſig obligen. dieſes bedeutet dir GOTT durch den Propheten und ſagt: Wann ſich der Gerechte von ſeiner Gerechtigkeit abwendet/ und Boͤſes thut/ ſoll er dann leben: Es wird an alle ſei- ne Gerechtigkeiten/ ſo er gethan hat/ nicht gedacht wer- den. So ſagt dann recht der heilige Hieronymus: Man ſucht in den Chriſt-Glaubigen nicht den Anfang/ ſondern das Ende. Paulus hat übel angefangen/ aber wohl geendi- get: Der Anfang deß Verraͤhters Judaͤ wird gelobt; der Außgang aber wird mit dem ewigen Verderben geſtrafft. Einmahl gewiß iſt/ was der heilige Vatter Auguſtinus ſagt: Es iſt kein groſſe Sach/ daß man das Gute anfange; ſondern daß iſt allein vollkommentlich/ daß man ſelbiges zum End bringe. Ezech. 8 Lib. 1. contra Jovinina 2. Und da der Seraphiſche Lehrer Bonaventura dieſer Worten deß Apoſtels ſich erinnert. Es lauffen zwarn alle/ aber einer bekombt das Kleynod: ſpricht er alſo: Dieſes kan von den Tugenten geſagt werden: dann ſelbige lauffen zum Reich Chriſti/ eine aber erhaltet das Kleinod: Es lauffet die Verachtung der Welt/ es lauffet die Armuth/ es lauffen die Allmuſen/ das Wachen und Betten lauffet/ es Laufft die Enthaltung/ Keuſchheit und Gedult; auch lauffet die Verharrung; und von allen wird dieſe etzte- re nur allein gecroͤnet: dann der verharret biß zum End/ der wird ſeelig werden. Weiters/ gleich wie kein Werck/ es ſcheine ſo vollkommen zu ſeyn/ als es immer wolle/ GOTT ge- fallen kan/ ohne die Lieb; wie der Apoſtel Paulus mit dieſen Worten bezeugt: Wann ich mit Menſchen und Engeln Zungen redete/ und haͤtte aber die Liebe nicht/ &c. Alſo muß keine Tugent/ weder auch einiges gute Werck die Belohnung erwarten/ wann ſie nicht von der Verharrung vergeſellſchafftet werde. Das Evangeliſche Weib/ ſo mit dem Blut-Gang behafftet ware/ hat nirgend andersher die Geſundheit erlanget/ als daß ſie den Saum deß Kleyds Chriſti hat angeruͤhret: die Saͤume aber an den Kleydern ſeynd das euſſerſte und letzte Theil derſelben. Was wird nun anders dadurch 1. Cor. 9. In Pſal. 67. 1. Cor. 13. Matt. 9. B b b b b 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 749. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/777>, abgerufen am 22.11.2024.