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Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680.

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Merks Wienn.
reich die Haubtstatt Wienn in Oesterreich/ welche be-
reits in die dreyhundert und neunzehen Jahr ein sol-
che berühmte Schul zieret/ aus welcher bishero so
viel anseheliche Männer hervor gangen/ dann weilen
der Adler seine Residenz allhier erkiesen/ wolte nicht
weniger auch da die Welt-nutzbare Wissenschafft
ihren Sitz nehmen. Die Türken als unsere schlimme
Nachbaren trachten nicht viel nach grosser Wissen-
schafft/ sondern seynd zu frieden/ wann ihre Schulen
so in ihrer Sprach Ochummachierlei/ den Lehrer
aber Hogsialar nennen/ einen Muder/ einen Mine-
stum/ einen Traursmann hervor geben/ welche wei-
ter nichts anders lernen/ als etliche Ceremoni schnei-
den/ und die Blätter zehlen in dem Alcoran: Wir
aber/ die wir glauben an Christum/ der mit zwölff
Jahren mitten unter den Doctores und Lehrer geses-
sen im Tempel zu Jerusalem/ die wir verehren die 12.
Apostel/ die vier Kirchenlehrer/ etc. streben weit eiffri-
ger nach der Lehr/ in Erwegung/ daß dieselbe ein heil-
samer Arzt seye/ der vielen das Fell von den Augen zie-
het/ und manchem für ein Fackel der Finsternus die-
net/ forderist zeigt sich ein grosser Eyffer zur Wissen-
schaft allhie zu Wienn/ alwo absonderlich die Gelehr-
te in hohen Ehren seyn/ wie dann die Grammatica
das Musa auch vor dem Dominus setzet.

Aber der unhöfliche Tod hat nicht einen geringen
Schnitt geführet in unsere Gelehrte/ und ist wol
traurig zu sehen gewest/ wie die Toden-Wagen
auch bey deß Doctors Haus still gestanden/ und hat
man also manchen Gelehrten zu einem Stallknecht
aufgeladen/ wer hätt ihm einmal solche Gesellschafft
eingebildet? Julius Caesar, Antonius Pius, Hadria-
nus, Carolus Magnus, Albertus Austriacus,
und an-
dere hohe Monarchen haben die gelehrte Leut mit ab-

sonder-

Merks Wienn.
reich die Haubtſtatt Wienn in Oeſterreich/ welche be-
reits in die dreyhundert und neunzehen Jahr ein ſol-
che beruͤhmte Schul zieret/ aus welcher bishero ſo
viel anſeheliche Maͤnner hervor gangen/ dann weilen
der Adler ſeine Reſidenz allhier erkieſen/ wolte nicht
weniger auch da die Welt-nutzbare Wiſſenſchafft
ihren Sitz nehmen. Die Tuͤrken als unſere ſchlimme
Nachbaren trachten nicht viel nach groſſer Wiſſen-
ſchafft/ ſondern ſeynd zu frieden/ wann ihre Schulen
ſo in ihrer Sprach Ochummachierlei/ den Lehrer
aber Hogſialar nennen/ einen Muder/ einen Mine-
ſtum/ einen Traursmann hervor geben/ welche wei-
ter nichts anders lernen/ als etliche Ceremoni ſchnei-
den/ und die Blaͤtter zehlen in dem Alcoran: Wir
aber/ die wir glauben an Chriſtum/ der mit zwoͤlff
Jahren mitten unter den Doctores und Lehrer geſeſ-
ſen im Tempel zu Jeruſalem/ die wir verehren die 12.
Apoſtel/ die vier Kirchenlehrer/ ꝛc. ſtꝛeben weit eiffri-
ger nach der Lehr/ in Erwegung/ daß dieſelbe ein heil-
ſameꝛ Arzt ſeye/ deꝛ vielen das Fell von den Augen zie-
het/ und manchem fuͤr ein Fackel der Finſternus die-
net/ forderiſt zeigt ſich ein groſſer Eyffer zur Wiſſen-
ſchaft allhie zu Wienn/ alwo abſondeꝛlich die Gelehr-
te in hohen Ehren ſeyn/ wie dann die Grammatica
das Muſa auch vor dem Dominus ſetzet.

Aber der unhoͤfliche Tod hat nicht einen geringen
Schnitt gefuͤhret in unſere Gelehrte/ und iſt wol
traurig zu ſehen geweſt/ wie die Toden-Wagen
auch bey deß Doctors Haus ſtill geſtanden/ und hat
man alſo manchen Gelehrten zu einem Stallknecht
aufgeladen/ wer haͤtt ihm einmal ſolche Geſellſchafft
eingebildet? Julius Cæſar, Antonius Pius, Hadria-
nus, Carolus Magnus, Albertus Auſtriacus,
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dere hohe Monarchen haben die gelehrte Leut mit ab-

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[90/0100] Merks Wienn. reich die Haubtſtatt Wienn in Oeſterreich/ welche be- reits in die dreyhundert und neunzehen Jahr ein ſol- che beruͤhmte Schul zieret/ aus welcher bishero ſo viel anſeheliche Maͤnner hervor gangen/ dann weilen der Adler ſeine Reſidenz allhier erkieſen/ wolte nicht weniger auch da die Welt-nutzbare Wiſſenſchafft ihren Sitz nehmen. Die Tuͤrken als unſere ſchlimme Nachbaren trachten nicht viel nach groſſer Wiſſen- ſchafft/ ſondern ſeynd zu frieden/ wann ihre Schulen ſo in ihrer Sprach Ochummachierlei/ den Lehrer aber Hogſialar nennen/ einen Muder/ einen Mine- ſtum/ einen Traursmann hervor geben/ welche wei- ter nichts anders lernen/ als etliche Ceremoni ſchnei- den/ und die Blaͤtter zehlen in dem Alcoran: Wir aber/ die wir glauben an Chriſtum/ der mit zwoͤlff Jahren mitten unter den Doctores und Lehrer geſeſ- ſen im Tempel zu Jeruſalem/ die wir verehren die 12. Apoſtel/ die vier Kirchenlehrer/ ꝛc. ſtꝛeben weit eiffri- ger nach der Lehr/ in Erwegung/ daß dieſelbe ein heil- ſameꝛ Arzt ſeye/ deꝛ vielen das Fell von den Augen zie- het/ und manchem fuͤr ein Fackel der Finſternus die- net/ forderiſt zeigt ſich ein groſſer Eyffer zur Wiſſen- ſchaft allhie zu Wienn/ alwo abſondeꝛlich die Gelehr- te in hohen Ehren ſeyn/ wie dann die Grammatica das Muſa auch vor dem Dominus ſetzet. Aber der unhoͤfliche Tod hat nicht einen geringen Schnitt gefuͤhret in unſere Gelehrte/ und iſt wol traurig zu ſehen geweſt/ wie die Toden-Wagen auch bey deß Doctors Haus ſtill geſtanden/ und hat man alſo manchen Gelehrten zu einem Stallknecht aufgeladen/ wer haͤtt ihm einmal ſolche Geſellſchafft eingebildet? Julius Cæſar, Antonius Pius, Hadria- nus, Carolus Magnus, Albertus Auſtriacus, und an- dere hohe Monarchen haben die gelehrte Leut mit ab- ſonder-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/100>, abgerufen am 09.11.2024.