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Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680.

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Mercks Wienn.
"David, Filia mea male a Daemonio vexatur. O
"HErr! sagte sie/ du Sohn David erbarme dich
"meiner/ dann meine Tochter wird übel von dem
"bösen Geist geplagt; Es möcht jemand wol in den
Sinn kommen/ daß er dieses Cananeische Weib für
unbedachtsam halte/ in Erwegung/ daß sie so stark
Christum ersucht um Barmherzigkeit/ indeme doch
nicht sie/ sondern vielmehr ihre Tochter dieselbe von-
nöthen? Ein solcher muß aber wissen/ daß diese Mut-
ter recht und wol zu JEsu um Barmherzigkeit ge-
ruffen/ dann sie gedachte wol/ daß der Tochter
Sünd auf den Achseln der Mutter ligen; Warhaf-
tig die Sünden der Kinder werden in kein andere
Schreib-Tafel aufgezeichnet/ als in das Gewissen
der Eltern/ die Bosheit der Kinder stecken in dem
Busen der Eltern/ die Sünden der Kinder kommen
in die Rechnung der Eltern.

Daß manche Tochter Cecilia mehr nach dem Or-
ganisten trachtet/ als nach der Orgel/ wer ist dar-
an schuldig? Daß mancher Sohn Ernest zu einem
Schandnest wird/ wer ist dran schuldig? Daß man-
cher Sohn Damian zu einem Damischen wird/ wer
ist dran schuldig/ als die Eltern? Dahero gebt Re-
chenschafft/ omnia quae deliquerunt Filii, a Paren-
tibus requiruntur:
Vatter/ Mutter/ wird GOtt
sagen/ gebt mir Rechenschafft/ ich habe euch ein Toch-
ter Rosina geben/ ihr durch eure Nachlässigkeit habt
derselben die Dörner der Sünden lassen anwachsen;
Jch habe euch eine unschuldige Tochter Clara geben/
die habt ihr durch euer übels Nachsehen selbst auf den
Weg der Finsternus gebracht; ich hab euch einen un-
schuldigen Sohn Peter geben/ den habt ihr aber nicht
wie der Gockelhan ermahnt/ wie er gesündiget; Jch
hab euch einen Sohn Christoph geben/ dieser ist aber

durch

Mercks Wienn.
„David, Filia mea malè à Dæmonio vexatur. O
„HErꝛ! ſagte ſie/ du Sohn David erbarme dich
„meiner/ dann meine Tochter wird uͤbel von dem
„boͤſen Geiſt geplagt; Es moͤcht jemand wol in den
Sinn kommen/ daß er dieſes Cananeiſche Weib fuͤr
unbedachtſam halte/ in Erwegung/ daß ſie ſo ſtark
Chriſtum erſucht um Barmherzigkeit/ indeme doch
nicht ſie/ ſondern vielmehr ihre Tochter dieſelbe von-
noͤthen? Ein ſolcher muß aber wiſſen/ daß dieſe Mut-
ter recht und wol zu JEſu um Barmherzigkeit ge-
ruffen/ dann ſie gedachte wol/ daß der Tochter
Suͤnd auf den Achſeln der Mutter ligen; Warhaf-
tig die Suͤnden der Kinder werden in kein andere
Schreib-Tafel aufgezeichnet/ als in das Gewiſſen
der Eltern/ die Bosheit der Kinder ſtecken in dem
Buſen der Eltern/ die Suͤnden der Kinder kommen
in die Rechnung der Eltern.

Daß manche Tochter Cecilia mehr nach dem Or-
ganiſten trachtet/ als nach der Orgel/ wer iſt dar-
an ſchuldig? Daß mancher Sohn Erneſt zu einem
Schandneſt wird/ wer iſt dran ſchuldig? Daß man-
cher Sohn Damian zu einem Damiſchen wird/ wer
iſt dran ſchuldig/ als die Eltern? Dahero gebt Re-
chenſchafft/ omnia quæ deliquerunt Filii, à Paren-
tibus requiruntur:
Vatter/ Mutter/ wird GOtt
ſagen/ gebt mir Rechenſchafft/ ich habe euch ein Toch-
ter Roſina geben/ ihr durch eure Nachlaͤſſigkeit habt
derſelben die Doͤrner der Suͤnden laſſen anwachſen;
Jch habe euch eine unſchuldige Tochter Clara geben/
die habt ihꝛ duꝛch eueꝛ uͤbels Nachſehen ſelbſt auf den
Weg der Finſternus gebracht; ich hab euch einen un-
ſchuldigen Sohn Peter geben/ den habt ihr abeꝛ nicht
wie der Gockelhan ermahnt/ wie er geſuͤndiget; Jch
hab euch einen Sohn Chriſtoph geben/ dieſer iſt aber

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[114/0124] Mercks Wienn. „David, Filia mea malè à Dæmonio vexatur. O „HErꝛ! ſagte ſie/ du Sohn David erbarme dich „meiner/ dann meine Tochter wird uͤbel von dem „boͤſen Geiſt geplagt; Es moͤcht jemand wol in den Sinn kommen/ daß er dieſes Cananeiſche Weib fuͤr unbedachtſam halte/ in Erwegung/ daß ſie ſo ſtark Chriſtum erſucht um Barmherzigkeit/ indeme doch nicht ſie/ ſondern vielmehr ihre Tochter dieſelbe von- noͤthen? Ein ſolcher muß aber wiſſen/ daß dieſe Mut- ter recht und wol zu JEſu um Barmherzigkeit ge- ruffen/ dann ſie gedachte wol/ daß der Tochter Suͤnd auf den Achſeln der Mutter ligen; Warhaf- tig die Suͤnden der Kinder werden in kein andere Schreib-Tafel aufgezeichnet/ als in das Gewiſſen der Eltern/ die Bosheit der Kinder ſtecken in dem Buſen der Eltern/ die Suͤnden der Kinder kommen in die Rechnung der Eltern. Daß manche Tochter Cecilia mehr nach dem Or- ganiſten trachtet/ als nach der Orgel/ wer iſt dar- an ſchuldig? Daß mancher Sohn Erneſt zu einem Schandneſt wird/ wer iſt dran ſchuldig? Daß man- cher Sohn Damian zu einem Damiſchen wird/ wer iſt dran ſchuldig/ als die Eltern? Dahero gebt Re- chenſchafft/ omnia quæ deliquerunt Filii, à Paren- tibus requiruntur: Vatter/ Mutter/ wird GOtt ſagen/ gebt mir Rechenſchafft/ ich habe euch ein Toch- ter Roſina geben/ ihr durch eure Nachlaͤſſigkeit habt derſelben die Doͤrner der Suͤnden laſſen anwachſen; Jch habe euch eine unſchuldige Tochter Clara geben/ die habt ihꝛ duꝛch eueꝛ uͤbels Nachſehen ſelbſt auf den Weg der Finſternus gebracht; ich hab euch einen un- ſchuldigen Sohn Peter geben/ den habt ihr abeꝛ nicht wie der Gockelhan ermahnt/ wie er geſuͤndiget; Jch hab euch einen Sohn Chriſtoph geben/ dieſer iſt aber durch

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/124>, abgerufen am 09.11.2024.