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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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(I. Th.) Anatomisch-Medicinische
und in Rauch und Flammen gesetzet wird. Jch
kann und mag Jhnen die verzweifelte Verwir-
rung, darein solche Leute gerathen, nicht beschrei-
ben; will nur Zenonis Worte aus seinem
Buch de fide, spe & charitate anführen, dar-
aus Sie einiger massen abnehmen können, was
das für eine gewaltthätige Verwüstung der
Seelenkräfte seyn müsse. "Das unzüchtige
"Liebesfeuer spricht er, ist unsrer Wohlfahrt aufs
"höchste zuwieder. Es ist gantz blind. Denn
"wenn es entflammet ist, so hat es vor keinem
"Alter, vor keiner Gestalt, keinem Geschlecht,
"keiner Würde, ja nicht einmal vor der heiligen
"Religion und wahren Gottseligkeit einige Con-
"sideration.
Ein verliebter ist allerwegen un-
"ruhig und ausser sich; allerwegen siehet man ihn
"als nicht völlig bey Sinnen. Er lässet geschehen,
"er gibt, er nimmt, (stiehlt auch wol, damit er was
zu verschencken und groß zu thun kriege.)" Bald ist
"er traurig, bald lustig; bald demüthig, (sordi-
de
und niederträchtig wie ein Sclave, springt sei-
ner Buhlerin zu Liebe wol in den tiefsten Dreck
und in die heisseste Hölle hinein,) "bald schwül-
"stig und großthuisch; bald truncken, bald sehr
"nüchtern; bald ist er ein Kläger, bald ein ver-
"klagter. Er schertzet, spielet (die Grillen zu
vertreiben und mit seinem Gelde groß zu thun),
"er ist blaß, kommt vom Leibe, holet tieffe Seuf-
"tzer, thut mit seinen Sächlein sehr geheim,
"thut sclavisch was man ihm zumuthet; ist
"entweder ein Wagehals, oder ein Betrieger,
"und kann fast noch mehr schmeicheln und sich
"verstellen, als rasend und wild thun. Bey

"alle

(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
und in Rauch und Flammen geſetzet wird. Jch
kann und mag Jhnen die verzweifelte Verwir-
rung, darein ſolche Leute gerathen, nicht beſchrei-
ben; will nur Zenonis Worte aus ſeinem
Buch de fide, ſpe & charitate anfuͤhren, dar-
aus Sie einiger maſſen abnehmen koͤnnen, was
das fuͤr eine gewaltthaͤtige Verwuͤſtung der
Seelenkraͤfte ſeyn muͤſſe. „Das unzuͤchtige
„Liebesfeuer ſpricht er, iſt unſrer Wohlfahrt aufs
„hoͤchſte zuwieder. Es iſt gantz blind. Denn
„wenn es entflammet iſt, ſo hat es vor keinem
„Alter, vor keiner Geſtalt, keinem Geſchlecht,
„keiner Wuͤrde, ja nicht einmal vor der heiligen
„Religion und wahren Gottſeligkeit einige Con-
„ſideration.
Ein verliebter iſt allerwegen un-
„ruhig und auſſer ſich; allerwegen ſiehet man ihn
„als nicht voͤllig bey Sinnen. Er laͤſſet geſchehen,
„er gibt, er nimmt, (ſtiehlt auch wol, damit er was
zu verſchencken und groß zu thun kriege.)‟ Bald iſt
„er traurig, bald luſtig; bald demuͤthig, (ſordi-
de
und niedertraͤchtig wie ein Sclave, ſpringt ſei-
ner Buhlerin zu Liebe wol in den tiefſten Dreck
und in die heiſſeſte Hoͤlle hinein,) „bald ſchwuͤl-
„ſtig und großthuiſch; bald truncken, bald ſehr
„nuͤchtern; bald iſt er ein Klaͤger, bald ein ver-
„klagter. Er ſchertzet, ſpielet (die Grillen zu
vertreiben und mit ſeinem Gelde groß zu thun),
„er iſt blaß, kommt vom Leibe, holet tieffe Seuf-
„tzer, thut mit ſeinen Saͤchlein ſehr geheim,
„thut ſclaviſch was man ihm zumuthet; iſt
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[166/0186] (I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche und in Rauch und Flammen geſetzet wird. Jch kann und mag Jhnen die verzweifelte Verwir- rung, darein ſolche Leute gerathen, nicht beſchrei- ben; will nur Zenonis Worte aus ſeinem Buch de fide, ſpe & charitate anfuͤhren, dar- aus Sie einiger maſſen abnehmen koͤnnen, was das fuͤr eine gewaltthaͤtige Verwuͤſtung der Seelenkraͤfte ſeyn muͤſſe. „Das unzuͤchtige „Liebesfeuer ſpricht er, iſt unſrer Wohlfahrt aufs „hoͤchſte zuwieder. Es iſt gantz blind. Denn „wenn es entflammet iſt, ſo hat es vor keinem „Alter, vor keiner Geſtalt, keinem Geſchlecht, „keiner Wuͤrde, ja nicht einmal vor der heiligen „Religion und wahren Gottſeligkeit einige Con- „ſideration. Ein verliebter iſt allerwegen un- „ruhig und auſſer ſich; allerwegen ſiehet man ihn „als nicht voͤllig bey Sinnen. Er laͤſſet geſchehen, „er gibt, er nimmt, (ſtiehlt auch wol, damit er was zu verſchencken und groß zu thun kriege.)‟ Bald iſt „er traurig, bald luſtig; bald demuͤthig, (ſordi- de und niedertraͤchtig wie ein Sclave, ſpringt ſei- ner Buhlerin zu Liebe wol in den tiefſten Dreck und in die heiſſeſte Hoͤlle hinein,) „bald ſchwuͤl- „ſtig und großthuiſch; bald truncken, bald ſehr „nuͤchtern; bald iſt er ein Klaͤger, bald ein ver- „klagter. Er ſchertzet, ſpielet (die Grillen zu vertreiben und mit ſeinem Gelde groß zu thun), „er iſt blaß, kommt vom Leibe, holet tieffe Seuf- „tzer, thut mit ſeinen Saͤchlein ſehr geheim, „thut ſclaviſch was man ihm zumuthet; iſt „entweder ein Wagehals, oder ein Betrieger, „und kann faſt noch mehr ſchmeicheln und ſich „verſtellen, als raſend und wild thun. Bey „alle

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/186>, abgerufen am 21.11.2024.