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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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Betrachtung der Unreinigkeit.
wieder bekam: so gedachte ich von dieser gottlosen Unart ab-
zulassen. Allein die Gnade GOttes hatte dergestalt abgenom-
men in meiner Seelen, und der Teufel hingegen eine solche Ge-
walt über mich erlanget, daß ich seinen Anfällen nicht widerste-
hen konte. Mein Hertz war mir gantz schwer und traurig, wel-
ches allein genug schien, mich von der garstigen Unart abzuhal-
ten. Aber endlich machte der Feind diese Schwermuth und
Traurigkeit zu einem Mittel, mich aufs neue zu dieser Sünde
zu verleiten. Denn als ich gantz betrübt und schwermüthig
beym Feuer saß: gab mir der Teufel ein, diese Sünde zu bege-
hen. Hiermit stund ich auf, und ging in eine Scheune, wo ich
diese Sünde beging. Als ich aber in die Scheune hinein trat,
so kam mir plötzlich in die Gedancken, ob auch vielleicht Gespen-
ster darin seyn möchten, so daß ich diese Sünde sicher begehen
könte. Aber der Teufel, welcher immer grosse Sicherheit ver-
spricht, wo sich die gröste Gefahr findet, betrog mich: denn eben
den Augenblick, da ich diese Sünde beging, kam mir vor, als ob
von oben etwas herunter auf mich fiele. Es war weder schwer
noch derb: denn es schwebte mir nur vor meinen Augen, wel-
che von der Zeit an gantz schwach und dunckel wurden; da sie doch
mit 60. Jahren hätten schärfer seyn können, wenn ich ein tu-
gendhaftes Leben geführet. Aber dieses war meine Straffe noch
nicht alle. Denn ich bekam eine so heftige Erkältung, daß mich
kein Doctor davon befreyen konte; sondern dieselbe fiel mir
herunter auf die Lunge, davon ich wie ein Schatten verging.
Dieses geschahe 1715. Was ich von der Zeit an ausgestanden ha-
be, weiß kein Mensch als ich, auch bin ich nicht vermögend, sol-
ches auszudrucken. Denn mein gantzer Leib war in Unord-
nung gerathen. Jch hatte heftige Schmertzen im Haupt und
auf der Brust, und war so verstopft im Leibe, daß ich kaum mei-
ne Nothdurft verrichten konnte; und dennoch hatte ich einen sol-
chen unersättlichen Appetit, daß mich nicht zu mäßigen wuste,
wenn ich gleich überzeuget war, daß es zu meiner Linderung
diente. Was aber alle Schmertzen meines Leibes übertraff,
war die Pein, so ich in meinem Gemüth empfand etc. Denn ich
gedachte nun nicht anders, als daß ich eines langsamen To-
des an der Schwindsucht sterben würde. Und wenn ich mich
der vorigen Stärcke, Gesundheit und Vermöglichkeit meines
Leibes erinnerte, und zugleich bedachte, daß ich die Ursach
meines Elendes selbst wäre, und sahe, daß alles Vergnügen und
aller Trost meines Lebens dahin sey: so rieth mir die Ver-
nunft ein besser Leben zu suchen, wenn dieses geendet wäre.
Allein dieses vermehrte mein Elend noch mehr. Denn wenn
ich mich nach GOttes Wort untersuchte: so erblickte ich so viel
Sünde und Unreinigkeit an mir, die ich mir durch mein vergan-
genes Leben zugezogen, daß es mich zur Verzweifelung trieb.
Massen der Teufel nun eben so geschäftig war, mich in Ver-

zweif-

Betrachtung der Unreinigkeit.
wieder bekam: ſo gedachte ich von dieſer gottloſen Unart ab-
zulaſſen. Allein die Gnade GOttes hatte dergeſtalt abgenom-
men in meiner Seelen, und der Teufel hingegen eine ſolche Ge-
walt uͤber mich erlanget, daß ich ſeinen Anfaͤllen nicht widerſte-
hen konte. Mein Hertz war mir gantz ſchwer und traurig, wel-
ches allein genug ſchien, mich von der garſtigen Unart abzuhal-
ten. Aber endlich machte der Feind dieſe Schwermuth und
Traurigkeit zu einem Mittel, mich aufs neue zu dieſer Suͤnde
zu verleiten. Denn als ich gantz betruͤbt und ſchwermuͤthig
beym Feuer ſaß: gab mir der Teufel ein, dieſe Suͤnde zu bege-
hen. Hiermit ſtund ich auf, und ging in eine Scheune, wo ich
dieſe Suͤnde beging. Als ich aber in die Scheune hinein trat,
ſo kam mir ploͤtzlich in die Gedancken, ob auch vielleicht Geſpen-
ſter darin ſeyn moͤchten, ſo daß ich dieſe Suͤnde ſicher begehen
koͤnte. Aber der Teufel, welcher immer groſſe Sicherheit ver-
ſpricht, wo ſich die groͤſte Gefahr findet, betrog mich: denn eben
den Augenblick, da ich dieſe Suͤnde beging, kam mir vor, als ob
von oben etwas herunter auf mich fiele. Es war weder ſchwer
noch derb: denn es ſchwebte mir nur vor meinen Augen, wel-
che von der Zeit an gantz ſchwach und dunckel wurden; da ſie doch
mit 60. Jahren haͤtten ſchaͤrfer ſeyn koͤnnen, wenn ich ein tu-
gendhaftes Leben gefuͤhret. Aber dieſes war meine Straffe noch
nicht alle. Denn ich bekam eine ſo heftige Erkaͤltung, daß mich
kein Doctor davon befreyen konte; ſondern dieſelbe fiel mir
herunter auf die Lunge, davon ich wie ein Schatten verging.
Dieſes geſchahe 1715. Was ich von der Zeit an ausgeſtanden ha-
be, weiß kein Menſch als ich, auch bin ich nicht vermoͤgend, ſol-
ches auszudrucken. Denn mein gantzer Leib war in Unord-
nung gerathen. Jch hatte heftige Schmertzen im Haupt und
auf der Bruſt, und war ſo verſtopft im Leibe, daß ich kaum mei-
ne Nothdurft verrichten konnte; und dennoch hatte ich einen ſol-
chen unerſaͤttlichen Appetit, daß mich nicht zu maͤßigen wuſte,
wenn ich gleich uͤberzeuget war, daß es zu meiner Linderung
diente. Was aber alle Schmertzen meines Leibes uͤbertraff,
war die Pein, ſo ich in meinem Gemuͤth empfand ꝛc. Denn ich
gedachte nun nicht anders, als daß ich eines langſamen To-
des an der Schwindſucht ſterben wuͤrde. Und wenn ich mich
der vorigen Staͤrcke, Geſundheit und Vermoͤglichkeit meines
Leibes erinnerte, und zugleich bedachte, daß ich die Urſach
meines Elendes ſelbſt waͤre, und ſahe, daß alles Vergnuͤgen und
aller Troſt meines Lebens dahin ſey: ſo rieth mir die Ver-
nunft ein beſſer Leben zu ſuchen, wenn dieſes geendet waͤre.
Allein dieſes vermehrte mein Elend noch mehr. Denn wenn
ich mich nach GOttes Wort unterſuchte: ſo erblickte ich ſo viel
Suͤnde und Unreinigkeit an mir, die ich mir durch mein vergan-
genes Leben zugezogen, daß es mich zur Verzweifelung trieb.
Maſſen der Teufel nun eben ſo geſchaͤftig war, mich in Ver-

zweif-
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[191/0211] Betrachtung der Unreinigkeit. wieder bekam: ſo gedachte ich von dieſer gottloſen Unart ab- zulaſſen. Allein die Gnade GOttes hatte dergeſtalt abgenom- men in meiner Seelen, und der Teufel hingegen eine ſolche Ge- walt uͤber mich erlanget, daß ich ſeinen Anfaͤllen nicht widerſte- hen konte. Mein Hertz war mir gantz ſchwer und traurig, wel- ches allein genug ſchien, mich von der garſtigen Unart abzuhal- ten. Aber endlich machte der Feind dieſe Schwermuth und Traurigkeit zu einem Mittel, mich aufs neue zu dieſer Suͤnde zu verleiten. Denn als ich gantz betruͤbt und ſchwermuͤthig beym Feuer ſaß: gab mir der Teufel ein, dieſe Suͤnde zu bege- hen. Hiermit ſtund ich auf, und ging in eine Scheune, wo ich dieſe Suͤnde beging. Als ich aber in die Scheune hinein trat, ſo kam mir ploͤtzlich in die Gedancken, ob auch vielleicht Geſpen- ſter darin ſeyn moͤchten, ſo daß ich dieſe Suͤnde ſicher begehen koͤnte. Aber der Teufel, welcher immer groſſe Sicherheit ver- ſpricht, wo ſich die groͤſte Gefahr findet, betrog mich: denn eben den Augenblick, da ich dieſe Suͤnde beging, kam mir vor, als ob von oben etwas herunter auf mich fiele. Es war weder ſchwer noch derb: denn es ſchwebte mir nur vor meinen Augen, wel- che von der Zeit an gantz ſchwach und dunckel wurden; da ſie doch mit 60. Jahren haͤtten ſchaͤrfer ſeyn koͤnnen, wenn ich ein tu- gendhaftes Leben gefuͤhret. Aber dieſes war meine Straffe noch nicht alle. Denn ich bekam eine ſo heftige Erkaͤltung, daß mich kein Doctor davon befreyen konte; ſondern dieſelbe fiel mir herunter auf die Lunge, davon ich wie ein Schatten verging. Dieſes geſchahe 1715. Was ich von der Zeit an ausgeſtanden ha- be, weiß kein Menſch als ich, auch bin ich nicht vermoͤgend, ſol- ches auszudrucken. Denn mein gantzer Leib war in Unord- nung gerathen. Jch hatte heftige Schmertzen im Haupt und auf der Bruſt, und war ſo verſtopft im Leibe, daß ich kaum mei- ne Nothdurft verrichten konnte; und dennoch hatte ich einen ſol- chen unerſaͤttlichen Appetit, daß mich nicht zu maͤßigen wuſte, wenn ich gleich uͤberzeuget war, daß es zu meiner Linderung diente. Was aber alle Schmertzen meines Leibes uͤbertraff, war die Pein, ſo ich in meinem Gemuͤth empfand ꝛc. Denn ich gedachte nun nicht anders, als daß ich eines langſamen To- des an der Schwindſucht ſterben wuͤrde. Und wenn ich mich der vorigen Staͤrcke, Geſundheit und Vermoͤglichkeit meines Leibes erinnerte, und zugleich bedachte, daß ich die Urſach meines Elendes ſelbſt waͤre, und ſahe, daß alles Vergnuͤgen und aller Troſt meines Lebens dahin ſey: ſo rieth mir die Ver- nunft ein beſſer Leben zu ſuchen, wenn dieſes geendet waͤre. Allein dieſes vermehrte mein Elend noch mehr. Denn wenn ich mich nach GOttes Wort unterſuchte: ſo erblickte ich ſo viel Suͤnde und Unreinigkeit an mir, die ich mir durch mein vergan- genes Leben zugezogen, daß es mich zur Verzweifelung trieb. Maſſen der Teufel nun eben ſo geſchaͤftig war, mich in Ver- zweif-

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/211>, abgerufen am 27.11.2024.