Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

(I. Th.) Anatomisch-Medicinische
glaube, daß ich durch die an mir selbst verübte Grausamkeit
meine vorher blühende Natur verderbet habe. Jch wurde
meines Fehlers überzeuget, und demüthigte mich zwischen
meinen 17. und 18ten Jahre vor GOtt. Es fiel mir aber
schwer, meine starcken Lüste zu überwinden, daher ich statt
eines Mittels dazu in einem halben Jahre nichts, als Was-
ser, oder Milch und Wasser tranck. Mein Fluß ist nun
gantz klein, die Theile schwach, wie auch der schmale Rü-
cken, werde auch immer schwächer und schwächer an
diesen Theilen seit 2. Jahren her. Ja meine Gottlosigkeit
ist so groß gewesen, daß wenn ich nur ein verliebtes Bild ge-
sehen, oder nur mit einem Kinde gespielet, solches
meinen Fluß vermehret und mich mit einer continuir-
lichen Begierde den Urin zu lassen, geplaget. Meine Le-
bensgeister sind gar sehr abgemattet, und meine Lenden
schwach. Und da mein Geschäft das Studiren ist, so scheinet
mein Gehirn zu mancher Jahrszeit gantz erstarrt und betäu-
bet zu seyn, daß ich nicht einen heitern Gedancken haben
kann.

Ein anderer: Um das 15. Jahr meines Alters war ich so
unglücklich, einen Schlafgesellen zu bekommen, der mir (zu
meiner gegenwärtigen Betrübniß) die verdammte und ver-
fluchte Gewohnheit, oder vielmehr teuflische Unart der
Selbstbefleckung beybrachte, welche ich von der Zeit an,
ohne sonderliche Unterlassung getrieben habe. Jch bin bis-
weilen so schwindlicht, daß ich kaum weiß, was die Leute in
Gesellschaft reden. Mein Gedächtniß hat mich gäntzlich ver-
lassen, daß ich mich einer Sache kaum drey Tage erinnern
kann. Jch bin gantz träge, schläfrig und traurig, daß ich
mich vielmals des Seufzens nicht enthalten kann, ohne zu
wissen, was die Ursache ist. Meine Leibeskräfte sind auch
sehr geschwächet, denn ich mercke öfters an, wenn ich eine
hohe Treppe hinauf steige, daß sich meine Knie unter mir
beugen. So kann ich auch nicht mehr mit solcher Gemäch-
lichkeit und Leichtigkeit gehen, wie sonsten. Jch fühle zu-
weilen einen fliegenden Schmertzen in meinen Armen, Rü-
cken und Lenden, wie auch in meinen Fingern, deren Gelen-
cke dergestalt geschwächet sind, daß ich besorge, meine Nerven
müssen angegriffen seyn. Jch finde meinen Leib bisweilen,
wenn ich zu Bette gehe, voller ausgefahrnen Blättergen,
nebst einem erschrecklichen Jucken an meinen Armen, Bei-
nen und Schenckeln insonderheit. Jch kratze manchmal in
meine Beine hinein, bis das Blut nachgehet. Wenn ich
meinen Arm auflege, indem ich schreibe, oder lese, so ist er mir
gantz eingeschlaffen und erstarret.

Ein anderer: Jch bin einer von den unglückseligen jungen

Leu-

(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
glaube, daß ich durch die an mir ſelbſt veruͤbte Grauſamkeit
meine vorher bluͤhende Natur verderbet habe. Jch wurde
meines Fehlers uͤberzeuget, und demuͤthigte mich zwiſchen
meinen 17. und 18ten Jahre vor GOtt. Es fiel mir aber
ſchwer, meine ſtarcken Luͤſte zu uͤberwinden, daher ich ſtatt
eines Mittels dazu in einem halben Jahre nichts, als Waſ-
ſer, oder Milch und Waſſer tranck. Mein Fluß iſt nun
gantz klein, die Theile ſchwach, wie auch der ſchmale Ruͤ-
cken, werde auch immer ſchwaͤcher und ſchwaͤcher an
dieſen Theilen ſeit 2. Jahren her. Ja meine Gottloſigkeit
iſt ſo groß geweſen, daß wenn ich nur ein verliebtes Bild ge-
ſehen, oder nur mit einem Kinde geſpielet, ſolches
meinen Fluß vermehret und mich mit einer continuir-
lichen Begierde den Urin zu laſſen, geplaget. Meine Le-
bensgeiſter ſind gar ſehr abgemattet, und meine Lenden
ſchwach. Und da mein Geſchaͤft das Studiren iſt, ſo ſcheinet
mein Gehirn zu mancher Jahrszeit gantz erſtarrt und betaͤu-
bet zu ſeyn, daß ich nicht einen heitern Gedancken haben
kann.

Ein anderer: Um das 15. Jahr meines Alters war ich ſo
ungluͤcklich, einen Schlafgeſellen zu bekommen, der mir (zu
meiner gegenwaͤrtigen Betruͤbniß) die verdammte und ver-
fluchte Gewohnheit, oder vielmehr teufliſche Unart der
Selbſtbefleckung beybrachte, welche ich von der Zeit an,
ohne ſonderliche Unterlaſſung getrieben habe. Jch bin bis-
weilen ſo ſchwindlicht, daß ich kaum weiß, was die Leute in
Geſellſchaft reden. Mein Gedaͤchtniß hat mich gaͤntzlich ver-
laſſen, daß ich mich einer Sache kaum drey Tage erinnern
kann. Jch bin gantz traͤge, ſchlaͤfrig und traurig, daß ich
mich vielmals des Seufzens nicht enthalten kann, ohne zu
wiſſen, was die Urſache iſt. Meine Leibeskraͤfte ſind auch
ſehr geſchwaͤchet, denn ich mercke oͤfters an, wenn ich eine
hohe Treppe hinauf ſteige, daß ſich meine Knie unter mir
beugen. So kann ich auch nicht mehr mit ſolcher Gemaͤch-
lichkeit und Leichtigkeit gehen, wie ſonſten. Jch fuͤhle zu-
weilen einen fliegenden Schmertzen in meinen Armen, Ruͤ-
cken und Lenden, wie auch in meinen Fingern, deren Gelen-
cke dergeſtalt geſchwaͤchet ſind, daß ich beſorge, meine Nerven
muͤſſen angegriffen ſeyn. Jch finde meinen Leib bisweilen,
wenn ich zu Bette gehe, voller ausgefahrnen Blaͤttergen,
nebſt einem erſchrecklichen Jucken an meinen Armen, Bei-
nen und Schenckeln inſonderheit. Jch kratze manchmal in
meine Beine hinein, bis das Blut nachgehet. Wenn ich
meinen Arm auflege, indem ich ſchreibe, oder leſe, ſo iſt er mir
gantz eingeſchlaffen und erſtarret.

Ein anderer: Jch bin einer von den ungluͤckſeligen jungen

Leu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0218" n="198"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">I.</hi> Th.) <hi rendition="#b">Anatomi&#x017F;ch-Medicini&#x017F;che</hi></fw><lb/>
glaube, daß ich durch die an mir &#x017F;elb&#x017F;t veru&#x0364;bte Grau&#x017F;amkeit<lb/>
meine vorher blu&#x0364;hende Natur verderbet habe. Jch wurde<lb/>
meines Fehlers u&#x0364;berzeuget, und demu&#x0364;thigte mich zwi&#x017F;chen<lb/>
meinen 17. und 18ten Jahre vor GOtt. Es fiel mir aber<lb/>
&#x017F;chwer, meine &#x017F;tarcken Lu&#x0364;&#x017F;te zu u&#x0364;berwinden, daher ich &#x017F;tatt<lb/>
eines Mittels dazu in einem halben Jahre nichts, als Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er, oder Milch und Wa&#x017F;&#x017F;er tranck. Mein Fluß i&#x017F;t nun<lb/>
gantz klein, die Theile &#x017F;chwach, wie auch der &#x017F;chmale Ru&#x0364;-<lb/>
cken, werde auch immer &#x017F;chwa&#x0364;cher und &#x017F;chwa&#x0364;cher an<lb/>
die&#x017F;en Theilen &#x017F;eit 2. Jahren her. Ja meine Gottlo&#x017F;igkeit<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;o groß gewe&#x017F;en, daß wenn ich nur ein verliebtes Bild ge-<lb/>
&#x017F;ehen, oder nur mit einem Kinde ge&#x017F;pielet, &#x017F;olches<lb/>
meinen Fluß vermehret und mich mit einer continuir-<lb/>
lichen Begierde den Urin zu la&#x017F;&#x017F;en, geplaget. Meine Le-<lb/>
bensgei&#x017F;ter &#x017F;ind gar &#x017F;ehr abgemattet, und meine Lenden<lb/>
&#x017F;chwach. Und da mein Ge&#x017F;cha&#x0364;ft das Studiren i&#x017F;t, &#x017F;o &#x017F;cheinet<lb/>
mein Gehirn zu mancher Jahrszeit gantz er&#x017F;tarrt und beta&#x0364;u-<lb/>
bet zu &#x017F;eyn, daß ich nicht einen heitern Gedancken haben<lb/>
kann.</p><lb/>
            <p>Ein anderer: Um das 15. Jahr meines Alters war ich &#x017F;o<lb/>
unglu&#x0364;cklich, einen Schlafge&#x017F;ellen zu bekommen, der mir (zu<lb/>
meiner gegenwa&#x0364;rtigen Betru&#x0364;bniß) die verdammte und ver-<lb/>
fluchte Gewohnheit, oder vielmehr teufli&#x017F;che Unart der<lb/><hi rendition="#fr">Selb&#x017F;tbefleckung</hi> beybrachte, welche ich von der Zeit an,<lb/>
ohne &#x017F;onderliche Unterla&#x017F;&#x017F;ung getrieben habe. Jch bin bis-<lb/>
weilen &#x017F;o &#x017F;chwindlicht, daß ich kaum weiß, was die Leute in<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft reden. Mein Geda&#x0364;chtniß hat mich ga&#x0364;ntzlich ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, daß ich mich einer Sache kaum drey Tage erinnern<lb/>
kann. Jch bin gantz tra&#x0364;ge, &#x017F;chla&#x0364;frig und traurig, daß ich<lb/>
mich vielmals des Seufzens nicht enthalten kann, ohne zu<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, was die Ur&#x017F;ache i&#x017F;t. Meine Leibeskra&#x0364;fte &#x017F;ind auch<lb/>
&#x017F;ehr ge&#x017F;chwa&#x0364;chet, denn ich mercke o&#x0364;fters an, wenn ich eine<lb/>
hohe Treppe hinauf &#x017F;teige, daß &#x017F;ich meine Knie unter mir<lb/>
beugen. So kann ich auch nicht mehr mit &#x017F;olcher Gema&#x0364;ch-<lb/>
lichkeit und Leichtigkeit gehen, wie &#x017F;on&#x017F;ten. Jch fu&#x0364;hle zu-<lb/>
weilen einen fliegenden Schmertzen in meinen Armen, Ru&#x0364;-<lb/>
cken und Lenden, wie auch in meinen Fingern, deren Gelen-<lb/>
cke derge&#x017F;talt ge&#x017F;chwa&#x0364;chet &#x017F;ind, daß ich be&#x017F;orge, meine Nerven<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en angegriffen &#x017F;eyn. Jch finde meinen Leib bisweilen,<lb/>
wenn ich zu Bette gehe, voller ausgefahrnen Bla&#x0364;ttergen,<lb/>
neb&#x017F;t einem er&#x017F;chrecklichen Jucken an meinen Armen, Bei-<lb/>
nen und Schenckeln in&#x017F;onderheit. Jch kratze manchmal in<lb/>
meine Beine hinein, bis das Blut nachgehet. Wenn ich<lb/>
meinen Arm auflege, indem ich &#x017F;chreibe, oder le&#x017F;e, &#x017F;o i&#x017F;t er mir<lb/>
gantz einge&#x017F;chlaffen und er&#x017F;tarret.</p><lb/>
            <p>Ein anderer: Jch bin einer von den unglu&#x0364;ck&#x017F;eligen jungen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leu-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0218] (I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche glaube, daß ich durch die an mir ſelbſt veruͤbte Grauſamkeit meine vorher bluͤhende Natur verderbet habe. Jch wurde meines Fehlers uͤberzeuget, und demuͤthigte mich zwiſchen meinen 17. und 18ten Jahre vor GOtt. Es fiel mir aber ſchwer, meine ſtarcken Luͤſte zu uͤberwinden, daher ich ſtatt eines Mittels dazu in einem halben Jahre nichts, als Waſ- ſer, oder Milch und Waſſer tranck. Mein Fluß iſt nun gantz klein, die Theile ſchwach, wie auch der ſchmale Ruͤ- cken, werde auch immer ſchwaͤcher und ſchwaͤcher an dieſen Theilen ſeit 2. Jahren her. Ja meine Gottloſigkeit iſt ſo groß geweſen, daß wenn ich nur ein verliebtes Bild ge- ſehen, oder nur mit einem Kinde geſpielet, ſolches meinen Fluß vermehret und mich mit einer continuir- lichen Begierde den Urin zu laſſen, geplaget. Meine Le- bensgeiſter ſind gar ſehr abgemattet, und meine Lenden ſchwach. Und da mein Geſchaͤft das Studiren iſt, ſo ſcheinet mein Gehirn zu mancher Jahrszeit gantz erſtarrt und betaͤu- bet zu ſeyn, daß ich nicht einen heitern Gedancken haben kann. Ein anderer: Um das 15. Jahr meines Alters war ich ſo ungluͤcklich, einen Schlafgeſellen zu bekommen, der mir (zu meiner gegenwaͤrtigen Betruͤbniß) die verdammte und ver- fluchte Gewohnheit, oder vielmehr teufliſche Unart der Selbſtbefleckung beybrachte, welche ich von der Zeit an, ohne ſonderliche Unterlaſſung getrieben habe. Jch bin bis- weilen ſo ſchwindlicht, daß ich kaum weiß, was die Leute in Geſellſchaft reden. Mein Gedaͤchtniß hat mich gaͤntzlich ver- laſſen, daß ich mich einer Sache kaum drey Tage erinnern kann. Jch bin gantz traͤge, ſchlaͤfrig und traurig, daß ich mich vielmals des Seufzens nicht enthalten kann, ohne zu wiſſen, was die Urſache iſt. Meine Leibeskraͤfte ſind auch ſehr geſchwaͤchet, denn ich mercke oͤfters an, wenn ich eine hohe Treppe hinauf ſteige, daß ſich meine Knie unter mir beugen. So kann ich auch nicht mehr mit ſolcher Gemaͤch- lichkeit und Leichtigkeit gehen, wie ſonſten. Jch fuͤhle zu- weilen einen fliegenden Schmertzen in meinen Armen, Ruͤ- cken und Lenden, wie auch in meinen Fingern, deren Gelen- cke dergeſtalt geſchwaͤchet ſind, daß ich beſorge, meine Nerven muͤſſen angegriffen ſeyn. Jch finde meinen Leib bisweilen, wenn ich zu Bette gehe, voller ausgefahrnen Blaͤttergen, nebſt einem erſchrecklichen Jucken an meinen Armen, Bei- nen und Schenckeln inſonderheit. Jch kratze manchmal in meine Beine hinein, bis das Blut nachgehet. Wenn ich meinen Arm auflege, indem ich ſchreibe, oder leſe, ſo iſt er mir gantz eingeſchlaffen und erſtarret. Ein anderer: Jch bin einer von den ungluͤckſeligen jungen Leu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/218
Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/218>, abgerufen am 27.11.2024.