Leuten, der ich mich dergestalt durch die abscheuliche Unart der Selbstbefleckung verderbet habe, daß ich besorge, alle Mittel, die ich gebrauchen kann, werden mir nicht wieder zu meiner natürlichen Stärcke verhelffen. Jch lernte diese schändliche Leichtfertigkeit erstlich durch das Exempel eines Schulgesellen, als ich ohngefehr 12. Jahr alt war und folgte ihr fast bis ins 15te Jahr nach. Jn welcher Zeit ich mich so daran gewöhnet hatte, daß ich mich auch unter der Schu- le dessen bisweilen nicht enthalten konnte, ungeachtet solches mir öfters von meinen Schulgesellen verwiesen wurde. Weil sich aber einige darunter auch nicht gerecht wusten, so kam es nicht vor den Lehrmeister, der sonst gewiß ein Exempel würde statuiret haben. Jch ließ alsdenn ein Viertel Jahr lang davon ab, in welcher Zeit ich öfters Pollutiones no- cturnas zu haben pflegte und lange Zeit einen Schmertzen in meinem Rücken, daß, wenn ich des Morgens aufstunde, ich kaum vermögend war meine Strumpfbänder zuzubinden. Jch gehe nun ins 22te Jahr und habe nun diese letzten drey Jahre her meine vorige abscheuliche Gewohnheit über dreys- sigmal wiederholet; aber seit Lesung Jhres Buchs, so ich nur letzlich gekaufet, habe ich den Schluß gefasset, dergleichen Laster nimmermehr wieder zu begehen, und hoffe, GOtt wer- de mir auf meine aufrichtige Bekehrung meine vorige Mis- sethaten vergeben.
Wiederum: Jch habe viele Jahre sehr schwache Nerven und sehr starcke Flüsse gehabt. Wenn ich mich auf meinen Ellnbogen steure oder einige Gewalt mit meinen Händen brauche, so erstarren sie gleich, und meine Finger ziehen sich zusammen als ob ich den Krampf hätte. Mein Magen scheint auswendig geschwollen zu seyn, und ich habe einen hef- tigen Schmertzen darinnen, daß ich öfters dencke, ich muß er- sticken, und es kömmt mir vor, als ob mir inwendig von Halse bis zum Nabel alles rohe wäre. Jch habe auch Reis- sen in meinem Rücken, zwischen meinen Lenden und unter meinen Schultern. Wenn ich mich ausdehnen will, so pfle- gen alle meine Gebeine zu knacken, daß mans hören kann, wenn man neben mir stehet. Wenn ich manchesmal mei- nen Kopf auf eine Seite wende oder viel reden will, so fällt mirs grausam beschwerlich. Der hohle Raum meines Ma- gens und unter meinen Schultern scheinet inwendig geschwol- len und voller Schmertzen zu seyn, Meine Hände sind mir selten warm, und meine Fußknöchel scheinen mir des Nachts gantz geschwollen und schmertzhaft zu seyn. Wenn ich vom Schlaf erwache, so sind mir meine Arme gantz erstarrt, und wenn ich auf dem Rücken gelegen bin, empfinde ich grossen Schmertzen in meinen Fersen. Wenn ich mich auf meine Ellnbogen lehne, so sind sie mir gantz erstarret, es sticht mich
in
N 4
Betrachtung der Unreinigkeit.
Leuten, der ich mich dergeſtalt durch die abſcheuliche Unart der Selbſtbefleckung verderbet habe, daß ich beſorge, alle Mittel, die ich gebrauchen kann, werden mir nicht wieder zu meiner natuͤrlichen Staͤrcke verhelffen. Jch lernte dieſe ſchaͤndliche Leichtfertigkeit erſtlich durch das Exempel eines Schulgeſellen, als ich ohngefehr 12. Jahr alt war und folgte ihr faſt bis ins 15te Jahr nach. Jn welcher Zeit ich mich ſo daran gewoͤhnet hatte, daß ich mich auch unter der Schu- le deſſen bisweilen nicht enthalten konnte, ungeachtet ſolches mir oͤfters von meinen Schulgeſellen verwieſen wurde. Weil ſich aber einige darunter auch nicht gerecht wuſten, ſo kam es nicht vor den Lehrmeiſter, der ſonſt gewiß ein Exempel wuͤrde ſtatuiret haben. Jch ließ alsdenn ein Viertel Jahr lang davon ab, in welcher Zeit ich oͤfters Pollutiones no- cturnas zu haben pflegte und lange Zeit einen Schmertzen in meinem Ruͤcken, daß, wenn ich des Morgens aufſtunde, ich kaum vermoͤgend war meine Strumpfbaͤnder zuzubinden. Jch gehe nun ins 22te Jahr und habe nun dieſe letzten drey Jahre her meine vorige abſcheuliche Gewohnheit uͤber dreyſ- ſigmal wiederholet; aber ſeit Leſung Jhres Buchs, ſo ich nur letzlich gekaufet, habe ich den Schluß gefaſſet, dergleichen Laſter nimmermehr wieder zu begehen, und hoffe, GOtt wer- de mir auf meine aufrichtige Bekehrung meine vorige Miſ- ſethaten vergeben.
Wiederum: Jch habe viele Jahre ſehr ſchwache Nerven und ſehr ſtarcke Fluͤſſe gehabt. Wenn ich mich auf meinen Ellnbogen ſteure oder einige Gewalt mit meinen Haͤnden brauche, ſo erſtarren ſie gleich, und meine Finger ziehen ſich zuſammen als ob ich den Krampf haͤtte. Mein Magen ſcheint auswendig geſchwollen zu ſeyn, und ich habe einen hef- tigen Schmertzen darinnen, daß ich oͤfters dencke, ich muß er- ſticken, und es koͤmmt mir vor, als ob mir inwendig von Halſe bis zum Nabel alles rohe waͤre. Jch habe auch Reiſ- ſen in meinem Ruͤcken, zwiſchen meinen Lenden und unter meinen Schultern. Wenn ich mich ausdehnen will, ſo pfle- gen alle meine Gebeine zu knacken, daß mans hoͤren kann, wenn man neben mir ſtehet. Wenn ich manchesmal mei- nen Kopf auf eine Seite wende oder viel reden will, ſo faͤllt mirs grauſam beſchwerlich. Der hohle Raum meines Ma- gens und unter meinen Schultern ſcheinet inwendig geſchwol- len und voller Schmertzen zu ſeyn, Meine Haͤnde ſind mir ſelten warm, und meine Fußknoͤchel ſcheinen mir des Nachts gantz geſchwollen und ſchmertzhaft zu ſeyn. Wenn ich vom Schlaf erwache, ſo ſind mir meine Arme gantz erſtarrt, und wenn ich auf dem Ruͤcken gelegen bin, empfinde ich groſſen Schmertzen in meinen Ferſen. Wenn ich mich auf meine Ellnbogen lehne, ſo ſind ſie mir gantz erſtarret, es ſticht mich
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Betrachtung der Unreinigkeit.
Leuten, der ich mich dergeſtalt durch die abſcheuliche Unart
der Selbſtbefleckung verderbet habe, daß ich beſorge, alle
Mittel, die ich gebrauchen kann, werden mir nicht wieder zu
meiner natuͤrlichen Staͤrcke verhelffen. Jch lernte dieſe
ſchaͤndliche Leichtfertigkeit erſtlich durch das Exempel eines
Schulgeſellen, als ich ohngefehr 12. Jahr alt war und folgte
ihr faſt bis ins 15te Jahr nach. Jn welcher Zeit ich mich
ſo daran gewoͤhnet hatte, daß ich mich auch unter der Schu-
le deſſen bisweilen nicht enthalten konnte, ungeachtet ſolches
mir oͤfters von meinen Schulgeſellen verwieſen wurde. Weil
ſich aber einige darunter auch nicht gerecht wuſten, ſo kam
es nicht vor den Lehrmeiſter, der ſonſt gewiß ein Exempel
wuͤrde ſtatuiret haben. Jch ließ alsdenn ein Viertel Jahr
lang davon ab, in welcher Zeit ich oͤfters Pollutiones no-
cturnas zu haben pflegte und lange Zeit einen Schmertzen in
meinem Ruͤcken, daß, wenn ich des Morgens aufſtunde, ich
kaum vermoͤgend war meine Strumpfbaͤnder zuzubinden.
Jch gehe nun ins 22te Jahr und habe nun dieſe letzten drey
Jahre her meine vorige abſcheuliche Gewohnheit uͤber dreyſ-
ſigmal wiederholet; aber ſeit Leſung Jhres Buchs, ſo ich nur
letzlich gekaufet, habe ich den Schluß gefaſſet, dergleichen
Laſter nimmermehr wieder zu begehen, und hoffe, GOtt wer-
de mir auf meine aufrichtige Bekehrung meine vorige Miſ-
ſethaten vergeben.
Wiederum: Jch habe viele Jahre ſehr ſchwache Nerven
und ſehr ſtarcke Fluͤſſe gehabt. Wenn ich mich auf meinen
Ellnbogen ſteure oder einige Gewalt mit meinen Haͤnden
brauche, ſo erſtarren ſie gleich, und meine Finger ziehen ſich
zuſammen als ob ich den Krampf haͤtte. Mein Magen
ſcheint auswendig geſchwollen zu ſeyn, und ich habe einen hef-
tigen Schmertzen darinnen, daß ich oͤfters dencke, ich muß er-
ſticken, und es koͤmmt mir vor, als ob mir inwendig von
Halſe bis zum Nabel alles rohe waͤre. Jch habe auch Reiſ-
ſen in meinem Ruͤcken, zwiſchen meinen Lenden und unter
meinen Schultern. Wenn ich mich ausdehnen will, ſo pfle-
gen alle meine Gebeine zu knacken, daß mans hoͤren kann,
wenn man neben mir ſtehet. Wenn ich manchesmal mei-
nen Kopf auf eine Seite wende oder viel reden will, ſo faͤllt
mirs grauſam beſchwerlich. Der hohle Raum meines Ma-
gens und unter meinen Schultern ſcheinet inwendig geſchwol-
len und voller Schmertzen zu ſeyn, Meine Haͤnde ſind mir
ſelten warm, und meine Fußknoͤchel ſcheinen mir des Nachts
gantz geſchwollen und ſchmertzhaft zu ſeyn. Wenn ich vom
Schlaf erwache, ſo ſind mir meine Arme gantz erſtarrt, und
wenn ich auf dem Ruͤcken gelegen bin, empfinde ich groſſen
Schmertzen in meinen Ferſen. Wenn ich mich auf meine
Ellnbogen lehne, ſo ſind ſie mir gantz erſtarret, es ſticht mich
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/219>, abgerufen am 16.07.2024.
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