Ein anderer: Jch bin auch aus der Zahl derjenigen un- glückseligen jungen Leute, welche sich, wiewol aus Unwis- senheit durch die abscheuliche Gewohnheit der Selbstbefle- ckung grossen Schaden zugefüget haben. Jch habe durch diese Sünde eine entsetzliche Schuld auf mich geladen. Als ich aber Jhr vortreffliches Buch gekaufet und darinnen gele- sen, so wurde ich die unglückliche Klippe gewahr, an welcher ich so oft gescheitert war. Denn gewiß, hätte ich das Glück gehabt Jhr Buch vor 5. Jahren anzutreffen, ich hätte mich dieses Lasters nicht schuldig gemacht, welches ich schon in mei- nem 15ten Jahre auszuüben anfing, und über 2. Jahr dar- innen fortfuhr, so daß ichs zum wenigsten die Woche einmal oder öfter beging. Aber GOtt hat an mir eine grosse Barm- hertzigkeit erwiesen, daß er mich mit einem Bruche bestraffet und mir also hierin einen Einhalt gethan, ob ich gleich dessen ohngeachtet unterschiedne mal wieder in diese Sünde gefallen. Allein als ich nach diesem über Jhr Buch gerieth, so hatte ich den ersten Theil desselben noch nicht so bald durch- geblättert, als ich mit gewaltigem Schrecken und Entsetzen befallen wurde. Und gewiß, es ist unmöglich die Unruhe meines Gemüths allhier auszudrucken, unter welcher ich mich gemartert, seit dem ich diese schändliche Lebensart angefan- gen und wenn irgend wo auf der Erden eine Hölle zu finden ist, so glaube ich, ich bin damals drinnen gewesen, ob ich schon nicht sagen konnte, wovon solche Angst herrührte. Aber nun bin ich gäntzlich überzeugt, daß dieses die Ursache gewesen, die GOttes Zorn gereitzet, mich auf solche erschreck- liche Weise zu bestrafen. Jch habe es nunmehro in die zwey Jahre her und drüber unterlassen, und bin itzo neunzehen Jahr alt. Doch habe ich unterdessen fast immer Emissiones nocturnas, zum wenigsten jede Woche einmal gehabt, und bin bis itzo noch mit diesem Uebel behafftet, welches mich un- gemein beunruhiget. Jch habe derohalben meine Zuflucht zu Jhnen genommen, in der Hoffnung, Sie werden mit mir eden, wie mit andern, die sich in dergleichen Umständen be- funden, einiges Mitleiden haben, und mich nicht unter mei- ner Kranckheit erliegen lassen, die mich gewiß in mein gäntz- liches Verderben stürtzet, wenn mich nicht jemand aus christ- licher Liebe davon befreyet. Das Uebel, so ich mir durch diese verfluchte Gewohnheit zugezogen, ist mancherley. Das vornehmste ist die Blödigkeit meiner Augen, der ich schon über vier bis fünf Monat unterworfen gewesen. Meine Gemüthskräfte sind durch diese Gewohnheit sehr geschwä- chet, und mein Gedächtniß welches sonst sehr gut war, taugt im Grunde nichts mehr. Mein Gehirn ist zuweilen hefftig stumpf und wie erstorben. Und dieses machet mich sehr un- geschickt zu meinen Verrichtungen.
II. Aus
(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
Ein anderer: Jch bin auch aus der Zahl derjenigen un- gluͤckſeligen jungen Leute, welche ſich, wiewol aus Unwiſ- ſenheit durch die abſcheuliche Gewohnheit der Selbſtbefle- ckung groſſen Schaden zugefuͤget haben. Jch habe durch dieſe Suͤnde eine entſetzliche Schuld auf mich geladen. Als ich aber Jhr vortreffliches Buch gekaufet und darinnen gele- ſen, ſo wurde ich die ungluͤckliche Klippe gewahr, an welcher ich ſo oft geſcheitert war. Denn gewiß, haͤtte ich das Gluͤck gehabt Jhr Buch vor 5. Jahren anzutreffen, ich haͤtte mich dieſes Laſters nicht ſchuldig gemacht, welches ich ſchon in mei- nem 15ten Jahre auszuuͤben anfing, und uͤber 2. Jahr dar- innen fortfuhr, ſo daß ichs zum wenigſten die Woche einmal oder oͤfter beging. Aber GOtt hat an mir eine groſſe Barm- hertzigkeit erwieſen, daß er mich mit einem Bruche beſtraffet und mir alſo hierin einen Einhalt gethan, ob ich gleich deſſen ohngeachtet unterſchiedne mal wieder in dieſe Suͤnde gefallen. Allein als ich nach dieſem uͤber Jhr Buch gerieth, ſo hatte ich den erſten Theil deſſelben noch nicht ſo bald durch- geblaͤttert, als ich mit gewaltigem Schrecken und Entſetzen befallen wurde. Und gewiß, es iſt unmoͤglich die Unruhe meines Gemuͤths allhier auszudrucken, unter welcher ich mich gemartert, ſeit dem ich dieſe ſchaͤndliche Lebensart angefan- gen und wenn irgend wo auf der Erden eine Hoͤlle zu finden iſt, ſo glaube ich, ich bin damals drinnen geweſen, ob ich ſchon nicht ſagen konnte, wovon ſolche Angſt herruͤhrte. Aber nun bin ich gaͤntzlich uͤberzeugt, daß dieſes die Urſache geweſen, die GOttes Zorn gereitzet, mich auf ſolche erſchreck- liche Weiſe zu beſtrafen. Jch habe es nunmehro in die zwey Jahre her und druͤber unterlaſſen, und bin itzo neunzehen Jahr alt. Doch habe ich unterdeſſen faſt immer Emiſſiones nocturnas, zum wenigſten jede Woche einmal gehabt, und bin bis itzo noch mit dieſem Uebel behafftet, welches mich un- gemein beunruhiget. Jch habe derohalben meine Zuflucht zu Jhnen genommen, in der Hoffnung, Sie werden mit mir eden, wie mit andern, die ſich in dergleichen Umſtaͤnden be- funden, einiges Mitleiden haben, und mich nicht unter mei- ner Kranckheit erliegen laſſen, die mich gewiß in mein gaͤntz- liches Verderben ſtuͤrtzet, wenn mich nicht jemand aus chriſt- licher Liebe davon befreyet. Das Uebel, ſo ich mir durch dieſe verfluchte Gewohnheit zugezogen, iſt mancherley. Das vornehmſte iſt die Bloͤdigkeit meiner Augen, der ich ſchon uͤber vier bis fuͤnf Monat unterworfen geweſen. Meine Gemuͤthskraͤfte ſind durch dieſe Gewohnheit ſehr geſchwaͤ- chet, und mein Gedaͤchtniß welches ſonſt ſehr gut war, taugt im Grunde nichts mehr. Mein Gehirn iſt zuweilen hefftig ſtumpf und wie erſtorben. Und dieſes machet mich ſehr un- geſchickt zu meinen Verrichtungen.
II. Aus
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[202/0222]
(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
Ein anderer: Jch bin auch aus der Zahl derjenigen un-
gluͤckſeligen jungen Leute, welche ſich, wiewol aus Unwiſ-
ſenheit durch die abſcheuliche Gewohnheit der Selbſtbefle-
ckung groſſen Schaden zugefuͤget haben. Jch habe durch
dieſe Suͤnde eine entſetzliche Schuld auf mich geladen. Als
ich aber Jhr vortreffliches Buch gekaufet und darinnen gele-
ſen, ſo wurde ich die ungluͤckliche Klippe gewahr, an welcher
ich ſo oft geſcheitert war. Denn gewiß, haͤtte ich das Gluͤck
gehabt Jhr Buch vor 5. Jahren anzutreffen, ich haͤtte mich
dieſes Laſters nicht ſchuldig gemacht, welches ich ſchon in mei-
nem 15ten Jahre auszuuͤben anfing, und uͤber 2. Jahr dar-
innen fortfuhr, ſo daß ichs zum wenigſten die Woche einmal
oder oͤfter beging. Aber GOtt hat an mir eine groſſe Barm-
hertzigkeit erwieſen, daß er mich mit einem Bruche beſtraffet
und mir alſo hierin einen Einhalt gethan, ob ich gleich
deſſen ohngeachtet unterſchiedne mal wieder in dieſe Suͤnde
gefallen. Allein als ich nach dieſem uͤber Jhr Buch gerieth,
ſo hatte ich den erſten Theil deſſelben noch nicht ſo bald durch-
geblaͤttert, als ich mit gewaltigem Schrecken und Entſetzen
befallen wurde. Und gewiß, es iſt unmoͤglich die Unruhe
meines Gemuͤths allhier auszudrucken, unter welcher ich mich
gemartert, ſeit dem ich dieſe ſchaͤndliche Lebensart angefan-
gen und wenn irgend wo auf der Erden eine Hoͤlle zu finden
iſt, ſo glaube ich, ich bin damals drinnen geweſen, ob ich
ſchon nicht ſagen konnte, wovon ſolche Angſt herruͤhrte.
Aber nun bin ich gaͤntzlich uͤberzeugt, daß dieſes die Urſache
geweſen, die GOttes Zorn gereitzet, mich auf ſolche erſchreck-
liche Weiſe zu beſtrafen. Jch habe es nunmehro in die zwey
Jahre her und druͤber unterlaſſen, und bin itzo neunzehen
Jahr alt. Doch habe ich unterdeſſen faſt immer Emiſſiones
nocturnas, zum wenigſten jede Woche einmal gehabt, und
bin bis itzo noch mit dieſem Uebel behafftet, welches mich un-
gemein beunruhiget. Jch habe derohalben meine Zuflucht
zu Jhnen genommen, in der Hoffnung, Sie werden mit mir
eden, wie mit andern, die ſich in dergleichen Umſtaͤnden be-
funden, einiges Mitleiden haben, und mich nicht unter mei-
ner Kranckheit erliegen laſſen, die mich gewiß in mein gaͤntz-
liches Verderben ſtuͤrtzet, wenn mich nicht jemand aus chriſt-
licher Liebe davon befreyet. Das Uebel, ſo ich mir durch
dieſe verfluchte Gewohnheit zugezogen, iſt mancherley. Das
vornehmſte iſt die Bloͤdigkeit meiner Augen, der ich ſchon
uͤber vier bis fuͤnf Monat unterworfen geweſen. Meine
Gemuͤthskraͤfte ſind durch dieſe Gewohnheit ſehr geſchwaͤ-
chet, und mein Gedaͤchtniß welches ſonſt ſehr gut war, taugt
im Grunde nichts mehr. Mein Gehirn iſt zuweilen hefftig
ſtumpf und wie erſtorben. Und dieſes machet mich ſehr un-
geſchickt zu meinen Verrichtungen.
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/222>, abgerufen am 23.11.2024.
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