"Doch sey der HErr gepreiset, daß er mich durch "seine überschwengliche Barmhertzigkeit endlich da- "von erlöset. Jch halte davor, wen GOtt nicht "selbst davon befreyet, der wird in dieser Sünde "wohl stecken bleiben."
Sehen Sie nun, mein Freund, was für eine heftige Gewalt diese Sünde in sich habe; Das kann und soll ja doch unmöglich für etwas geringes angesehen werden, das die Seele, so von GOtt abhalten und gefangen nehmen kann. Und, o wie wäre es zu wünschen, daß alle so bald heraus kämen, wie an diesem Beyspiel zu sehen ist: aber es ist leider zu besorgen, daß sich man- cher, wenn er endlich ja entrinnet, erst 2. 3. 4. mal so lang in dieser Quaal und Pein maceri- ret und überwirft.
VII.
Die Keuschheit und Reinigkeit7) An- merckung. Keuschheit ist der Seelen ist nicht nur von GOtt ernst- lich und fleißig geboten: sondern auch als eine gantz besondere Tugend sehr schätzbar und liebenswerth in seinem Worte vorgestellt.
a)Jst Sie von unumgänglicher1) noth- wendig. Nothwendigkeit; denn es ist unmöglich ein Christe zu seyn, man tödte denn seine Lüste und Begierden. Die Vernunft lehrets, und die Erfahrung überzeuget jedermann davon, man könne unmöglich im Guten fortkommen, man mäßige denn seine Begierden. Wir sollen über die menschliche Natur erhaben, und der gött- lichen Natur theilhaftig werden, so wir
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der Unreinigkeit.
„Doch ſey der HErr gepreiſet, daß er mich durch „ſeine uͤberſchwengliche Barmhertzigkeit endlich da- „von erloͤſet. Jch halte davor, wen GOtt nicht „ſelbſt davon befreyet, der wird in dieſer Suͤnde „wohl ſtecken bleiben.‟
Sehen Sie nun, mein Freund, was fuͤr eine heftige Gewalt dieſe Suͤnde in ſich habe; Das kann und ſoll ja doch unmoͤglich fuͤr etwas geringes angeſehen werden, das die Seele, ſo von GOtt abhalten und gefangen nehmen kann. Und, o wie waͤre es zu wuͤnſchen, daß alle ſo bald heraus kaͤmen, wie an dieſem Beyſpiel zu ſehen iſt: aber es iſt leider zu beſorgen, daß ſich man- cher, wenn er endlich ja entrinnet, erſt 2. 3. 4. mal ſo lang in dieſer Quaal und Pein maceri- ret und uͤberwirft.
VII.
Die Keuſchheit und Reinigkeit7) An- merckung. Keuſchheit iſt der Seelen iſt nicht nur von GOtt ernſt- lich und fleißig geboten: ſondern auch als eine gantz beſondere Tugend ſehr ſchaͤtzbar und liebenswerth in ſeinem Worte vorgeſtellt.
a)Jſt Sie von unumgaͤnglicher1) noth- wendig. Nothwendigkeit; denn es iſt unmoͤglich ein Chriſte zu ſeyn, man toͤdte denn ſeine Luͤſte und Begierden. Die Vernunft lehrets, und die Erfahrung uͤberzeuget jedermann davon, man koͤnne unmoͤglich im Guten fortkommen, man maͤßige denn ſeine Begierden. Wir ſollen uͤber die menſchliche Natur erhaben, und der goͤtt- lichen Natur theilhaftig werden, ſo wir
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der Unreinigkeit.
„Doch ſey der HErr gepreiſet, daß er mich durch
„ſeine uͤberſchwengliche Barmhertzigkeit endlich da-
„von erloͤſet. Jch halte davor, wen GOtt nicht
„ſelbſt davon befreyet, der wird in dieſer Suͤnde
„wohl ſtecken bleiben.‟
Sehen Sie nun, mein Freund, was fuͤr
eine heftige Gewalt dieſe Suͤnde in ſich habe;
Das kann und ſoll ja doch unmoͤglich fuͤr etwas
geringes angeſehen werden, das die Seele, ſo
von GOtt abhalten und gefangen nehmen kann.
Und, o wie waͤre es zu wuͤnſchen, daß alle ſo bald
heraus kaͤmen, wie an dieſem Beyſpiel zu ſehen
iſt: aber es iſt leider zu beſorgen, daß ſich man-
cher, wenn er endlich ja entrinnet, erſt 2. 3. 4.
mal ſo lang in dieſer Quaal und Pein maceri-
ret und uͤberwirft.
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Die Keuſchheit und Reinigkeit
der Seelen iſt nicht nur von GOtt ernſt-
lich und fleißig geboten: ſondern auch
als eine gantz beſondere Tugend ſehr
ſchaͤtzbar und liebenswerth in ſeinem
Worte vorgeſtellt.
7) An-
merckung.
Keuſchheit
iſt
a) Jſt Sie von unumgaͤnglicher
Nothwendigkeit; denn es iſt unmoͤglich ein
Chriſte zu ſeyn, man toͤdte denn ſeine Luͤſte und
Begierden. Die Vernunft lehrets, und die
Erfahrung uͤberzeuget jedermann davon, man
koͤnne unmoͤglich im Guten fortkommen, man
maͤßige denn ſeine Begierden. Wir ſollen uͤber
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/285>, abgerufen am 21.11.2024.
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