natürlichen Triebe nachgehet, und lebet ohne Gesetz, hierin viel besser halte, als der Mensch? und daß des Menschen sein Verderben wer weiß wie viel weiter gegangen ist, in dieser und an- dern ihr ähnlichen natürlichen Lüsten und Appe- tit, als man dergleichen etwas beym Viehe mer- cken kann? Und daß endlich kein Mensch Ursach hat, wenn er auch nichts vornehmer wäre, als das Vieh, sich auf das Vieh zu beruffen, weil ihn sonst diß selber verurtheilen müste? Jch würde Jhnen aus der historia animalium und aus allen viererley Classen der Thiere weit- läuftig erzehlen können, was iedes für eine Art und Zeit sich zu paaren habe, wobey es auch ste- hen bleibet, und ausser dieser Zeit und diesem Endzweck, nemlich seines gleichen zu zeugen, und sich zu mehren, niemals dieser Lust nachge- het; allein ich sorge billig, Sie würden mir es selbst verübeln, daß ich Sie durch eine so niederträchtige Vergleichung erst lange zu überführen suchte.
Jch selber halte es einem vernünftigen3) Menschen, der das Ebenbild des allerheiligsten GOttes tragen soll, für allzu unanständig, daß er sich auf die thierische Art des Viehes beruffe, seine Schande damit zu decken.
Was aber das erstere anbetrift, da ein2) Ein- wurf, und Antwort Mensch den Muth und Hertzhaftigkeit hat, mit seinem Schöpfer zu expostuliren, und ihm vor-1) zuwerfen, warum er ihm denn diese Lust beyge- leget, sich auch so anzustellen, als könte man da- her prätendiren, den Lüsten frey und ungestraft
nach-
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(I. Th.) Betracht. der Unreinigkeit.
natuͤrlichen Triebe nachgehet, und lebet ohne Geſetz, hierin viel beſſer halte, als der Menſch? und daß des Menſchen ſein Verderben wer weiß wie viel weiter gegangen iſt, in dieſer und an- dern ihr aͤhnlichen natuͤrlichen Luͤſten und Appe- tit, als man dergleichen etwas beym Viehe mer- cken kann? Und daß endlich kein Menſch Urſach hat, wenn er auch nichts vornehmer waͤre, als das Vieh, ſich auf das Vieh zu beruffen, weil ihn ſonſt diß ſelber verurtheilen muͤſte? Jch wuͤrde Jhnen aus der hiſtoria animalium und aus allen viererley Claſſen der Thiere weit- laͤuftig erzehlen koͤnnen, was iedes fuͤr eine Art und Zeit ſich zu paaren habe, wobey es auch ſte- hen bleibet, und auſſer dieſer Zeit und dieſem Endzweck, nemlich ſeines gleichen zu zeugen, und ſich zu mehren, niemals dieſer Luſt nachge- het; allein ich ſorge billig, Sie wuͤrden mir es ſelbſt veruͤbeln, daß ich Sie durch eine ſo niedertraͤchtige Vergleichung erſt lange zu uͤberfuͤhren ſuchte.
Jch ſelber halte es einem vernuͤnftigen3) Menſchen, der das Ebenbild des allerheiligſten GOttes tragen ſoll, fuͤr allzu unanſtaͤndig, daß er ſich auf die thieriſche Art des Viehes beruffe, ſeine Schande damit zu decken.
Was aber das erſtere anbetrift, da ein2) Ein- wurf, und Antwort Menſch den Muth und Hertzhaftigkeit hat, mit ſeinem Schoͤpfer zu expoſtuliren, und ihm vor-1) zuwerfen, warum er ihm denn dieſe Luſt beyge- leget, ſich auch ſo anzuſtellen, als koͤnte man da- her praͤtendiren, den Luͤſten frey und ungeſtraft
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(I. Th.) Betracht. der Unreinigkeit.
natuͤrlichen Triebe nachgehet, und lebet ohne
Geſetz, hierin viel beſſer halte, als der Menſch?
und daß des Menſchen ſein Verderben wer weiß
wie viel weiter gegangen iſt, in dieſer und an-
dern ihr aͤhnlichen natuͤrlichen Luͤſten und Appe-
tit, als man dergleichen etwas beym Viehe mer-
cken kann? Und daß endlich kein Menſch Urſach
hat, wenn er auch nichts vornehmer waͤre, als
das Vieh, ſich auf das Vieh zu beruffen, weil
ihn ſonſt diß ſelber verurtheilen muͤſte? Jch
wuͤrde Jhnen aus der hiſtoria animalium und
aus allen viererley Claſſen der Thiere weit-
laͤuftig erzehlen koͤnnen, was iedes fuͤr eine Art
und Zeit ſich zu paaren habe, wobey es auch ſte-
hen bleibet, und auſſer dieſer Zeit und dieſem
Endzweck, nemlich ſeines gleichen zu zeugen,
und ſich zu mehren, niemals dieſer Luſt nachge-
het; allein ich ſorge billig, Sie wuͤrden mir es
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Jch ſelber halte es einem vernuͤnftigen
Menſchen, der das Ebenbild des allerheiligſten
GOttes tragen ſoll, fuͤr allzu unanſtaͤndig, daß
er ſich auf die thieriſche Art des Viehes beruffe,
ſeine Schande damit zu decken.
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Was aber das erſtere anbetrift, da ein
Menſch den Muth und Hertzhaftigkeit hat, mit
ſeinem Schoͤpfer zu expoſtuliren, und ihm vor-
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/29>, abgerufen am 21.11.2024.
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